Porträt Umweltaktivist, Gewerkschafter, politisch engagiert – Was Tim Kettenhofen mit 16 schon alles geschafft hat

Taben-Rodt/Trier · Mit 13 Jahren hat Tim Kettenhofen die erste Demo organisiert, die es in Saarburg jemals gab. Sie war Teil des globalen Klimastreiks – und die Initialzündung für ein vielfältiges Engagement des jungen Mannes. Nun richtet er den Blick nach Trier.

Erst 16 Jahre alt, aber Politik und Klimaschutz sind Tim Kettenhofen alles andere als schnuppe. Das sorgt auch im Elternhaus ab und an für Diskussionen.

Erst 16 Jahre alt, aber Politik und Klimaschutz sind Tim Kettenhofen alles andere als schnuppe. Das sorgt auch im Elternhaus ab und an für Diskussionen.

Foto: TV/Marion Maier

Tim Kettenhofen lässt sich nicht stoppen – zumindest nicht durch die Aussage „Das gab es ja noch nie.“ Der 16-Jährige aus Taben-Rodt nimmt es dann einfach selbst in die Hand und macht es. So wie 2019 beim Globalen Klimastreik.

Tim sieht damals das Video „Die Zerstörung der CDU“ von Rezo. Der YouTuber kritisiert darin die deutsche Klimapolitik in aller Schärfe. Das Video hat riesige Wellen geschlagen – und Tim wachgerüttelt. „Da ist mir klar geworden, wie dringend das Thema ist“, sagt er. Klar, vorher hat er auch vom Klimawandel gehört in der Schule, bei den Eltern, in den Medien. Doch die Fakten so geballt zusammengepackt – das hat Tim bewegt.

Vier Tage später ist er beim ersten internationalen Klimastreik von Fridays for Future in Aachen dabei. Er hat seine Mutter überredet, mit ihm dorthin zu fahren. 40.000 Menschen aus 16 Ländern demonstrieren in Aachen für eine bessere Klimapolitik, eine, die den Klimawandel stoppen kann.

Wie Tim Kettenhofen Saarburgs erste Demo organisiert und er unerwarteten Besuch bekommt

Zurück zu Hause findet es der damals 13-Jährige schade, dass in Saarburg, wo er zur Schule geht, nichts in dieser Richtung läuft. Also gründet er eine Ortsgruppe von Fridays for Future (FfF) und organisiert zusammen mit zwei Kumpeln und seiner Mutter den Klimastreik in Saarburg, die erste Demo überhaupt in der Saarstadt! Tim muss heute lachen, wenn er daran zurückdenkt. „Ich musste mich erstmal informieren, wie man eine Demo anmeldet.“ Er ruft beim Ordnungsamt an – und ein paar Tage später klingeln unangekündigt zwei Polizisten bei den Kettenhofens an der Haustür. Tim schüttelt sich vor Lachen, als er das erzählt. Die Beamten wollen nichts Böses, nur genauere Infos zur Demonstration. Mit 250 Teilnehmern wird sie für Tim ein Riesenerfolg. Auch medial. Nicht nur Zeitung und Radio kommen, auch das Fernsehen. Tim: „Das war verrückt! Ich war 13 und plötzlich sehe ich mein Gesicht in der Landesschau!“

Nächste Station: SchülerInnen Gewerkschaft

Zwei Jahre später organisiert Tim die zweite Demonstration in Saarburgs Geschichte. Doch zu der ruft nicht nur FfF Saarburg auf, sondern auch die Sozialistische SchülerInnen Gewerkschaft Deutschland (SSGD). Auch die hat Tim gegründet. Warum? „Es mangelt an politischer Vertretung für Jugendliche, ob beim Thema Klima oder Bildung. Ich denke, es braucht organisierte Jugend, wenn sich daran etwas ändern soll“, erklärt der junge Mann mit den kurzen gekräuselten dunklen Haaren und dem offenen Blick. In vielen Ländern gebe es Schülergewerkschaften, beispielsweise in Spanien oder Frankreich. In Deutschland hat Tim eine einzige im Netz entdeckt, die ist allerdings nicht mehr aktiv. 35 Prozent der Wähler in Deutschland seien über 60 Jahre alt; diejenigen, die die Zukunft nicht mehr erlebten, würden sie deutlich mehr mitbestimmen als diejenigen, die dann noch lebten, argumentiert Tim. Seine Gewerkschaft, für die er auf Social Media geworben und im Internet deutschlandweit Kontakte geknüpft hat, war nie groß und hat ihre Mitglieder dann noch schnell verloren. Doch entschlossen sagt er: „Aktuell arbeiten wir daran, das wieder stärker in den Fokus zu rücken.“

„Ich war auch mit 13 Jahren schon sehr weit links“

Und warum ist die Gewerkschaft eine sozialistische? Tims Antwort ist einfach: „Ich war auch mit 13 Jahren schon sehr weit links. Mit der Zeit hat sich das manifestiert.“ Nicht nur, dass Tim, sobald als möglich (mit 14) in die Linksjugend und mit 15 in die Partei Die Linke eingetreten ist. Er hat auch linke Literatur gelesen, Klassiker, wie er sagt und zählt auf: Marx, Lenin, Trotzki, aber auch Rosa Luxemburg oder Schriften des Anarcho-Kommunisten Peter Kropotkin, breit gefächert eben. Seine Eltern seien politisch nicht aktiv. Sie seien zunächst über diese Ideen überrascht gewesen, meint der Schüler. Dann gab es wohl auch die ein oder andere Diskussion im Hause Kettenhofen. „Aber mittlerweile sind sie es gewöhnt“, stellt Tim fest.

Klimaschutz bleibt ein wichtiges Thema für Tim Kettenhofen

Viele linke Mitstreiter findet der 16-Jährige in seiner Umgebung nicht. „Es ist aktuell auch ein bisschen schwierig, Linker zu sein“, sagt Tim mit Blick auf die Diskussion um die umstrittene Friedensinitiative der Linken Sahra Wagenknecht und andere Probleme in der Partei – und lacht wieder. Da nimmt sich einer nicht bierernst, doch fragt er sich ernsthaft, ob er die Partei auch künftig unterstützen kann. Klar ist für ihn jedoch, dass man das Thema Klimaschutz nicht isoliert betrachten kann. Das sei ein gesamtpolitisches Problem, sagt er. Beispiel: Man könne nicht einfach nur Benzin höher besteuern, man müsse Alternativen bieten.

Mittlerweile geht Tim in Trier auf das Wirtschaftsgymnasium. Beim nächsten Klimastreik will er sich dann auch in der Moselstadt beteiligen. Einer Gruppe hat er sich in Trier noch nicht angeschlossen, denn in der neuen Schule musste er sich erstmal eingewöhnen. Aber vor hat er das, wie er versichert. Vielleicht gründet er ja auch wieder eine neue Organisation – wer weiß?

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