Treffen im Trauzimmer, aber noch keine Hochzeit: Bürgermeister der Verbandsgemeinden Kell und Saarburg verraten Details Fusionsgesprächen

Saarburg/Kell am See · Die Verwaltungschefs von Saarburg und Kell am See, Jürgen Dixius und Martin Alten (beide CDU), haben ein ehrgeiziges Ziel. Bis Mitte des Jahres wollen sie die entscheidenden Fakten für eine mögliche Fusion sammeln. Dann soll klar sein, ob die beiden Kommunen zusammenpassen. Die Bürger werden über die Zwischenergebnisse informiert.

 Obwohl sie zur Pressekonferenz ins Trauzimmer geladen haben, sollen bei den „Ehevorbereitungsgesprächen“ die Fakten zählen: Die beiden Bürgermeister Martin Alten (links) und Jürgen Dixius im Spiegel des Saals in der Verbandsgemeindeverwaltung Saarburg. TV-Foto: Marion Maier

Obwohl sie zur Pressekonferenz ins Trauzimmer geladen haben, sollen bei den „Ehevorbereitungsgesprächen“ die Fakten zählen: Die beiden Bürgermeister Martin Alten (links) und Jürgen Dixius im Spiegel des Saals in der Verbandsgemeindeverwaltung Saarburg. TV-Foto: Marion Maier

Foto: (h_sab )

"Wir haben bewusst das Trauzimmer als Ort gewählt", sagt der Saarburger Bürgermeister Jürgen Dixius grinsend, als er zusammen mit seinem Amtskollegen der VG Kell am See, Martin Alten, die Pressevertreter zum Thema Fusionsgespräche begrüßt. Doch schränkt er ein: "Es sind noch keine Standesbeamten dabei, es geht um Ehevorbereitungsgespräche."

Noch ist also alles offen, doch merkt man: Da verstehen sich zwei. Sie duzen einander und wechseln sich im Gespräch - fast wie einstudiert - beim Reden ab.Breite Basis: Beide Bürgermeister sehen einen klaren Auftrag für die Aufnahme von Fusionsgesprächen. Laut Dixius haben von 379 Lokalpolitikern in Orts- und VG-Räten 358 mit Ja gestimmt, acht haben sich enthalten und 13 dagegen votiert.

Geplanter Ablauf: Was sich die Verwaltungschefs vorgenommen haben, folgt einem straffen Zeitplan. So soll sich alle vier Wochen eine erweiterte Lenkungsgruppe treffen, die vorbereitete Themen bespricht. Zur Gruppe gehören: Bürgermeister, Beigeordnete, je zwei Vertreter pro Fraktion, Verwaltungsfachleute, externe Experten. Acht Sitzungen sollen es bis zu den Sommerferien werden. Dixius: "Wir hoffen auf eine klare Tendenz bis Mitte des Jahres." Auf Wunsch des Innenministeriums, das eine fusionierte VG mit einem Zuschuss über zwei Millionen Euro zum Schuldenabbau unterstütze, solle noch in diesem Jahr eine Entscheidung fallen. Schnelles Verhandeln solle aber auch verhindern, dass die Mitarbeiter der Keller Verwaltung verunsichert würden, sagt Dixius.
Martin Alten betont: "Wir wollen uns an Fakten orientieren und die emotionale Seite außen vorlassen." Und es sind viele Fakten, die da zusammenkommen. So werden die Strukturen der Ortsgemeinden inklusive Investitionsbedarf erfasst und die Verbandsgemeindestrukturen samt Personal besprochen. Auf der Tagesordnung stehen Schulen, Kitas, Sportplätze, Vereine, Tourismus, Werke, Bäder und Wehren - sprich alles, was die Kommunen ausmacht.

Information der Öffentlichkeit: Die Bürger sollen über die Ergebnisse der Sitzungen flott informiert werden. Dafür werden laut Dixius eine eigene Internetseite erstellt und Pressemitteilungen versandt. Die Amtsblätter werden berichten. Bürger können zudem per E-Mail Fragen stellen.

Schwerpunkte: Bei allen Gemeinsamkeiten präsentieren die Bürgermeister für ihre Kommune jeweils eigene Schwerpunkte. Dixius will die Aufgabenbereiche der Verwaltung überprüfen: Was kann an die VG delegiert, was ausgelagert werden? Kosteneffizienz solle überall im Vordergrund stehen, damit Bürger, Grundstücksbesitzer, Firmen und auch Ortsgemeinden keine höheren Gebühren und Tarife zahlen müssten. Für neue Aufgabenbereiche wie eine Vergabestelle und ein Gebäudemanagement sei ein gewisses Volumen nötig.
Doch dann ließen sich auch Kosten sparen, beispielsweise müsse eine Software nur einmal angeschafft werden. Ziel sei die "Verwaltung 2020", sagt Dixius. Beide Bürgermeister setzen auf Digitalisierung, beide sehen die Verwaltung als Dienstleister. Vorhandene Infrastruktur soll erhalten bleiben. Alten nennt konkret ein Bürgerbüro mit Verwaltungssitz in Kell, die Keller Touristinfo und touristische Attraktionen wie das Freibad. Ziel sei die optimale Ausstattung von Schulen und Kitas. Er strebe eine leistungsstarke VG an, deren Bestand langfristig gesichert sei.

Bürgerentscheid in Kell: In der Ortsgemeinde Kell will eine Bürgerinitiative erreichen, dass ihr Ort in eine mit der VG Hermeskeil zu bildende neue VG Hochwald eingegliedert wird (der TV berichtete mehrfach). VG-Chef Alten rechnet mit einem Bürgerentscheid, möglicherweise am 26. März. Bis dahin will die Fusionsarbeitsgruppe zu vielen zentralen Themen schon Ergebnisse veröffentlicht haben. "Ich hoffe, dass die Keller Bürger dann auch die Vorteile sehen." Für Alten ist eine Fusion der VG Kell "in Gänze" nach wie vor "oberstes Ziel". Ein Bürgervotum im Ort Kell für Hermeskeil wäre zudem ohne Folgen für die Fusion mit Saarburg, wenn dieser Fusion eine Mehrheit der Ortsgemeinden zustimme. In diesen Orten müsse dann allerdings auch eine Mehrheit der VG-Einwohner leben.
Jürgen Dixius ergänzt: "Die Ortsgemeinde Kell müsste dem Land genau darlegen, wo die Vorteile einer Abspaltung lägen." Und den anderen Gemeinden dürften dadurch "keine Nachteile entstehen". Allein beim Abwassersystem und den touristischen Strukturen sei eine Aufteilung aber schon "mit großen Problemen verbunden". Synergieeffekte würden zudem erschwert.

Gutachten: Im Auftrag des Landes hat Professor Martin Junkernheinrich von der TU Kaiserslautern 2012 ein umfassendes Gutachten zur Kommunalreform vorgelegt. Darin erhielt die VG Hermeskeil als möglicher Fusionspartner für Kell die höchste Punktzahl. Dieses Gutachten will die Fusionsverhandlungsgruppe laut Dixius "hinterfragen". Viele der damals erhobenen Zahlen und Daten seien inzwischen überholt. Zudem seien "überall im Land" Fusionen erfolgt, die von den damaligen Empfehlungen abwichen. Das Ministerium werde sich einer Fusion von Kell und Saarburg "nicht verweigern".Meinung

Mehr Transparenz geht kaumNach der Empfehlung des Keller Ausschusses für Fusionsgespräche mit Saarburg gab es Kritik. Bürger, vor allem von der Initiative in Kell am See, bemängelten, dass die Öffentlichkeit in diese Vorentscheidung nicht eingebunden war. Die Bürger hätten zu wenig erfahren über die Gründe, die aus Sicht der Politiker für Saarburg sprechen. Das wollen die Verantwortlichen in Kell und Saarburg offenbar nicht auf sich sitzen lassen. Was sie nun in Sachen Transparenz vorhaben - mehr geht wohl kaum: Nach jedem Treffen soll öffentlich informiert werden. Ergebnisse sollen jederzeit online abrufbar sein. Außerdem können Bürger Fragen und Anregungen per E-Mail schicken. Die Argumente beider Seiten für die Fusion mögen vielleicht nicht jeden überzeugen. Aber über fehlenden Einblick in die Verhandlungen kann sich nun niemand mehr beschweren. c.weber@volksfreund.de

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