Trotz Protesten: Wege für Hermeskeiler Patienten werden länger

Hermeskeil · Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) in Mainz hält trotz der geballten Kritik von Patienten, Medizinern und Politikern an ihrer Entscheidung fest. Ab 1. Dezember sollen sich die Menschen aus dem Raum Hermeskeil an Wochenenden an die ärztliche Bereitschaftszentrale (BDZ) in Birkenfeld wenden. Der Widerstand gegen diese Regelung und der Einsatz für eine eigene BDZ in Hermeskeil gehen aber weiter.

Hermeskeil. Die aktuelle Pressemitteilung der KV in Mainz besagt im Grunde nichts Neues: Die Standesvertretung der Ärzte informiert darüber, dass ab Sonntag, 1. Dezember, die BDZ in Birkenfeld an Wochenenden, Feiertagen und Mittwochnachmittagen die ärztliche Versorgung der Menschen aus elf von 13 Orten der Verbandsgemeinde (VG) Hermeskeil übernimmt. Lediglich die Patienten aus Bescheid und Naurath werden der BDZ im Trierer Mutterhaus zugeordnet. Die in Hermeskeil, Reinsfeld und Beuren niedergelassenen Ärzte dürfen ihren Bereitschaftsdienst nicht mehr reihum in ihren eigenen Praxen organisieren.
Im Umkehrschluss bedeutet diese Ansage aus Mainz aber auch, dass die KV ihre Meinung trotz der Proteste und Forderungen aus Hermeskeil nicht geändert hat. Seitdem in diesem Monat die Pläne der KV bekannt wurden (der TV berichtete), hagelt es Kritik von allen Seiten. Die einheimischen Ärzte haben Widerspruch eingelegt. Patienten lehnen die weiteren Wege nach Birkenfeld ab. Die Politiker im VG-Rat bezeichnen die Neuregelung als "unzumutbar" und verlangen von der KV stattdessen die Einrichtung einer eigenen BDZ in der Hermeskeiler Klinik.Online-Petition


Um dem Nachdruck zu verleihen, hat der CDU-Gemeindeverband am Wochenende eine Online-Petition gestartet. Unter www.openpetition.de/petition/online/ich-bin-fuer-die-einrichtung-einer-aerztlichen-bereitschaftszentrale-im-krankenhaus-hermeskeil haben bis gestern, 18 Uhr, bereits 582 Menschen unterzeichnet. Trotz der aktuellen Aussage der KV bleibt der Hermeskeiler VG-Chef Michael Hülpes (CDU) auf TV-Anfrage bei seinem Standpunkt: "Wir akzeptieren diese Entscheidung nicht, und das letzte Wort darüber ist noch nicht gesprochen."
Rainer Saurwein von der KV macht im Gespräch mit unserer Zeitung allerdings deutlich, dass die Standesvertretung - die die ärztliche Versorgung sicherstellen muss und Träger der meisten BDZ im Land ist - an ihrer Anordnung nicht rütteln lässt. Er verweist darauf, dass es Regionen im Land gibt, etwa die Eifel, wo die Patienten noch weitere Wege zur nächsten BDZ in Kauf nehmen müssen. "Wir wissen, dass das ein schmerzlicher Prozess ist. Aber wenn wir eine BDZ in Hermeskeil einrichten, kommen auch alle anderen Bürgermeister und wollen eine eigene BDZ. Dabei sind wir mit der Dichte der BDZ schon jetzt finanziell an der Schmerzgrenze. Wenn wir die Dichte verdoppeln, würden die Kosten für die Ärzte extrem steigen", sagt Saurwein. Die KV finanziert ihre BDZ durch eine Umlage, etwa 270 Euro pro Monat, die die Mediziner vom Praxis-Umsatz abzweigen müssen.Weisungsbefugnis


Die Hermeskeiler Ärztin Dr. Daniele Aurich-Schäfer sagt im TV-Gespräch, dass wir "wohl in den sauren Apfel beißen müssen" und sie am Samstag, 30. November, wahrscheinlich den "historisch letzten Dienst" der Hermeskeiler Ärzte in der eigenen Praxis hat. Der Widerspruch gegen die Anordnung der KV habe keine aufschiebende Wirkung. Die juristischen Chancen der einheimischen Mediziner seien zudem schlecht, weil die Standesvertretung weisungsbefugt ist, so Aurich-Schäfer.
Extra

Stimme aus Birkenfeld:Dr. Klaus Hoebbel, Leiter der BDZ Birkenfeld, hat sich gestern Abend mit den Hermeskeiler Medizinern getroffen und mit ihnen über den künftigen Dienstplan gesprochen. Es sei nicht der Wunsch der Birkenfelder gewesen, künftig auch den Bereich Hermeskeil mitzubetreuen. "Auch wir wurden von der Entscheidung, die man uns übergestülpt hat, überrascht", sagt Hoebbel. Ausdrücklich betont er aber auch, dass sich trotz des größeren Gebiets die ärztliche Versorgung weiter "managen" lasse. "Wir haben da ja schon Erfahrung". Zunächst werde weiterhin nur ein Arzt den Fahrdienst für Hausbesuche machen. Sollte sich aber herausstellen, dass er von zu vielen Patienten beansprucht wird, könne auch ein zweiter Mediziner ihn unterstützen, so Hoebbel. axExtra

Bei einer Umfrage des TV in der Hermeskeiler Innenstadt ist das Stimmungsbild ebenso eindeutig wie bei den Unterzeichnern der Online-Petition. Johanna Piatek aus Hermeskeil sagt: "Ich finde die Neuregelung absolut nicht okay. Wir sind eine Stadt mit genug Ärzten. Es muss doch auch in Zukunft möglich sein, dass wir hier behandelt werden." Bernd Ludes, Hermeskeil, meint: "Es ist ein Unding. Die KV kann so etwas doch nicht einfach über die Köpfe der Leute hinweg durchsetzen. Bisher ist das mit dem Bereitschaftsdienst in Hermeskeil doch gut gelaufen." Ute Blatt aus Hermeskeil sagt: "Ich finde es nicht gut, den Dienst nach Birkenfeld auszulagern. Es gibt so viele alte und auch junge Menschen in unserer Region, die weder Auto noch Führerschein besitzen. Es ist schade, dass nicht auf diese Leute geachtet wird." Martina Deversi aus Neuhütten sagt: "Birkenfeld ist einfach zu weit entfernt!" Erik Schulze aus Hermeskeil meint: "Ich finde es schade, dass ein funktionierendes System, so wie es jetzt ist, ohne Not geopfert wird." ax

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