Tuckernd zur anderen Seite

OBERBILLIG. Die "Sankta Maria" verbindet Völker. Seit 1966 ist das Fährschiff auf der Mosel zwischen Oberbillig und dem luxemburgischen Wasserbillig unterwegs. Vier Fährmänner sorgen abwechselnd dafür, dass die kleine "Kreuzfahrt" zur anderen Seite sicher und schnell vonstatten geht.

Erbarmungslos knallt die Sonne auf das stählerne Deck, kein Lüftchen regt sich. Ein Mann mit Schweißperlen auf der Stirn und schwarzer Umhängetasche macht die Runde, um den Neuankömmlingen an Bord gegen Entgelt bunte Zettelchen auszuhändigen. "Schwarzfahrer gibt es hier so gut wie keine", erzählt Norbert Bamberg und steckt den Quittungsblock wieder in die Tasche. Dann macht er sich auf den Weg ins Führerhaus. Unterhalb der Fenster prangt in großen Lettern: "Sankta Maria" - der Name des Fährschiffs, das Oberbillig mit Wasserbillig verbindet. Nachdem Fährmann Bamberg die Auffahr-Rampe in Fahrtstellung gebracht und die Schranke geschlossen hat, gibt er Gas. Tuckernd entfernt sich das Schiff vom Ufer. Mithilfe zweier Steuerräder - jeweils eines pro Motor und Schiffsschraube - hält der 67-Jährige Kurs. Nach knapp anderthalb Minuten ist das Ziel erreicht. "Beim Anlegen ist volle Konzentration gefragt", betont Bamberg. Bei Hoch- oder Niedrigwasser müsse man besonders aufpassen. Hektisch blickt er um sich, während seine Hände routiniert verschiedene Hebel und die Steuerräder bearbeiten. Schließlich ein leichter Ruck - die Rampe hat auf dem harten Beton der Zufahrt aufgesetzt. "Reisende" mit und ohne Auto oder Fahrrad verlassen die "Sankta Maria". Wie oft Norbert Bamberg die Prozedur schon mitgemacht hat, weiß er nicht genau. Fest steht: "Ich mache meinen Job gerne, und ich freue mich jedes Mal, wenn ein Anruf kommt und ich gebraucht werde.""Sankta Maria" fährt Gewinne ein

Der aus dem Nachbarort Wasserliesch stammende Bamberg war bis 2002 hauptberuflicher Fährmann. Heute springt er in erster Linie dann ein, wenn ein Kollege beispielsweise Urlaub hat. Insgesamt vier Fährleute - zwei Festangestellte (Hans Werner und Philipp Fettes) sowie neben Bamberg eine weitere Aushilfe (Ewald Zimmer) - wechseln sich in zwei Schichten pro Tag ab. Betreiber der "Sankta Maria" ist die Ortsgemeinde Oberbillig. Grundlage ist ein so genannter Fährvertrag mit der Gemeinde Wasserbillig. Darin ist unter anderem geregelt, dass sich die luxemburgischen Nachbarn eventuelle Defizite infolge von Einnahmeverlusten mit der Verbandsgemeinde Konz teilen. Allerdings: "Im vergangenen Jahr konnten wir einen Gewinn von rund 10 000 Euro einfahren", berichtet Andreas Beiling, Ortsbürgermeister von Oberbillig. Auf die Frage nach den Nutzerzahlen muss er jedoch passen. Denn: "Es werden keine Einzelfahrscheine, sondern lediglich Quittungen über das gezahlte Fährgeld ausgestellt." Wer nutzt die Fähre? "In den Sommermonaten haben wir viele Touristen", weiß Norbert Bamberg zu berichten. Ansonsten seien es hauptsächlich Berufspendler, die sich regelmäßig auf die gegenüberliegende Moselseite schippern ließen. Marlene Nohles aus Trier-Zewen gehört dazu. Seit rund zwei Jahren ist sie fast jeden Morgen an Bord zu finden. "Ich arbeite als Lehrerin in Saarburg. Der Umweg über die Konrad-Adenauer-Brücke ist rund 19 Kilometer länger." Außerdem sei vor allem bei schönem Wetter die Überfahrt ein Genuss. Das sieht Fährmann Bamberg ähnlich. Zwar müsse man sich an den immer gleichen Tagesablauf gewöhnen, denn die Aufgabe bestehe im Wesentlichen darin, ständig die (Mosel-) Seite zu wechseln. "Langweilig wird es aber trotzdem nie." Schließlich lerne man eine ganze Menge Leute kennen. Dann lehnt er sich an die Tür neben der Treppe zum Führerhaus und zündet eine Zigarette an. Hat die Hitze an diesem Tag ihm am Ende doch zugesetzt? Den fragenden Blicken der Fahrgäste entgegnet er: "Wir müssen warten, denn der Schiffsverkehr hat Vorrang." Nachdem ein riesiges Schubschiff den Weg nach Wasserbillig wieder frei gemacht hat, setzt sich Bamberg ans Steuer. X-mal hat er das schon gemacht. Dennoch sagt er: "Ich liebe meine Arbeit."

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