Umstritten, aber erlaubt: Gülle im Wasserschutzgebiet

Wawern · Ein Bauer bringt im Wasserschutzgebiet am Wawerner Ortseingang Gülle aus. Einige Wawerner machen sich deshalb Sorgen um ihr Trinkwasser. Sie können sich nicht vorstellen, dass das Vorgehen rechtens ist. Und welches Recht gilt überhaupt, nachdem die alte Schutzverordnung für das Gebiet seit vier Jahren ausgelaufen ist? Die Behörden geben Entwarnung: Die Gülledüngung war rechtmäßig - noch.

Wawern. Vor zwei Wochen hat es in Wawern wieder gestunken. Landwirt Rainer Scheuer, der die Flächen zwischen B 51 und dem alten Kreiswasserwerk am Ortseingang von Wawern bewirtschaftet, hat dort Gülle ausgebracht.
Ein Ärgernis für Alfons Orth, Peter Raglewski und andere, denn tagelang war Lüften kaum möglich. Doch das ist nicht alles. Die beiden Männer machen sich Sorgen um das Trinkwasser, das im Wawerner Bruch gewonnen wird. Denn der Saarburger Bauer hat seine Rindergülle im Wasserschutzgebiet verteilt. Es sind immer wieder die gleichen Fragen, die die Wawerner beschäftigen. Darf der Bauer dort güllen? Warum sind die Behörden trotz mehrfacher Hinweise nie eingeschritten? Und welches Recht gilt überhaupt, wo doch die alte Wasserschutzgebietsverordnung für den Wawerner Bruch vor vier Jahren ausgelaufen und die neue noch nicht in Sicht ist?
Zudem fragen sich die beiden Männer, ob der Landwirt die Gülle diesmal noch rechtzeitig im Jahr verteilt und richtig eingearbeitet hat. Wieso sonst riecht es so lange? Die beiden letzten Fragen sind schnell geklärt. Die Untere Wasserbehörde der Kreisverwaltung Trier-Saarburg war kurz nach der Düngung vor Ort. Pressesprecher Thomas Müller sagt: "Die Kollegen haben nichts zu beanstanden, eine Überdüngung wurde nicht festgestellt." Der Zeitpunkt habe vor dem 15. November gelegen, bis dahin dürfe Grünland gedüngt werden - in diesem Fall auch im Wasserschutzgebiet. Eingearbeitet werden muss der Dünger nur auf Äckern. Zum Geruch sagt Joachim Gerke, Abteilungsleiter der Wasserwirtschaft bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord: "Auf dem Land muss man das eben manchmal in Kauf nehmen."
Das Wasser wurde nicht verunreinigt, meldet die SGD Nord weiter. Bei den regelmäßigen Wasseranalysen in den Brunnen des Wawerner Bruchs seien keine Hinweise auf Überdüngung festgestellt worden. Und welche Verordnung ist nun gültig? Keine. Laut Gerke ist die alte Wasserschutzgebietsverordnung seit 2010 abgelaufen, und die neue wird noch erarbeitet. Insofern sei die Gülle-Ausbringung nicht verboten gewesen. Doch das erweckt den Eindruck, als habe der Bauer eine rechtliche Grauzone ausnutzen können.
30 Jahre Güllen ohne Probleme


Dem widerspricht der Abteilungsleiter der Wasserwirtschaft: "Nach alter Verordnung durfte dort gedüngt werden. Und das wurde auch 30 Jahre lang so gemacht, ohne dass es Probleme mit dem Wasser gegeben hat." Deshalb habe man keine vorläufige Verordnung erlassen.
Gerke ist sich sicher, dass in der neuen Verordnung das Düngen mit Gülle verboten wird. Zwar gehöre das fragliche Gebiet nach alter wie neuer Verordnung zur Schutzzone II, doch seien die generellen Bestimmungen für diese Zone aufgrund neuer Erkenntnisse verschärft worden.
Zur Frage, warum es so lange dauert, eine neue Schutzverordnung zu erstellen, erklärt Gerke, dass dies ähnlich kompliziert sei, wie die Planfeststellung beim Straßenbau, die ebenfalls oft Jahre dauere. Der Wasserversorger gebe ein Gutachten zur Geologie in Auftrag, Betroffene und Träger öffentlicher Belange würden angehört, Abgrenzungen und Verbote festgelegt, das Ganze offengelegt und Einwände abgewogen. Derzeit werde die Abgrenzung des Gebiets angezweifelt. Gerke versichert: "Lange Liegezeiten hat es in dem Verfahren nicht gegeben." Er schätzt, dass die neue Verordnung in ein bis zwei Jahren fertig ist.Meinung

Mehr Transparenz!
Trinkwasser gehört wegen seiner großen Bedeutung zu den am besten kontrollierten Lebensmitteln überhaupt. Da verwundert es, dass ein Wasserschutzgebiet, in dem Trinkwasser gewonnen wird, jahrelang ohne Schutzverordnung dasteht. Dass es lange dauert, neue Verordnungen zu erarbeiten, bei denen die Interessen aller Betroffenen abgewogen und auch mal mehrere Gutachten erstellt werden müssen, muss in Kauf genommen werden. Beruhigend zu wissen, dass die Behörde in Sachen Wasserschutz deshalb nicht machtlos ist. Sie kann eine vorläufige Verordnung erlassen und wird bei größeren Projekten am Genehmigungsverfahren beteiligt. Doch transparent ist das alles nicht. Alle Beteiligten hätten mehr Rechtssicherheit, wenn eine abgelaufene Verordnung fortwirken würde. Das sollte neu geregelt werden. m.maier@volksfreund.deExtra

Landwirt Rainer Scheuer der seinen Betrieb zehn Jahre lang ökologisch bewirtschaftet hat, versichert: "Wir versuchen, naturnah zu wirtschaften." Mit Hilfe der Gülle führe er den Flächen die entnommenen Nährstoffe wieder zu. Die Gülle verdünne er zu einem Drittel mit Regenwasser und vermische sie mit kurz gehäckseltem Stroh, um die Nährstoffe für die Pflanzen besser verfügbar zu machen. Sie werde im Herbst und nicht im Winter ausgebracht, weil die Pflanzen dann noch Nährstoffe aufnähmen. Seit 20 Jahren bewirtschaften die Scheuers die Wawerner Flächen. mai

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