Unterwegs mit strengen Streckentestern

Hermeskeil/Morbach · Bleibt der Saar-Hunsrück-Steig Deutschlands schönster Fernwanderweg? Das hängt vom Urteil der Fachleute vom Deutschen Wanderinstitut ab. Sie haben dieser Tage die 220 Kilometer lange Strecke genau unter die Lupe genommen, um sie neu zu bewerten. Das Ergebnis wird in zwei Wochen verkündet.

 Experte Klaus Erber prüft oberhalb von Gusenburg den Saar-Hunsrück-Steig. Dafür hat er sich mit GPS-Gerät und Klemmbrett ausgerüstet. TV-Foto: Axel Munsteiner

Experte Klaus Erber prüft oberhalb von Gusenburg den Saar-Hunsrück-Steig. Dafür hat er sich mit GPS-Gerät und Klemmbrett ausgerüstet. TV-Foto: Axel Munsteiner

Hermeskeil/Morbach. Nur auf den ersten Blick sieht Klaus Erber wie ein ganz normaler Wanderer auf dem Saar-Hunsrück-Steig (SHS) aus. Auffällig ist jedoch, dass er ein GPS-Gerät in der Hand hält. Mehr noch: Nach jedem Kilometer hält er an, holt ein Klemmbrett heraus, auf dem mehrere Zettel heften. Auf ihnen macht er sich Notizen.
Dafür gibt es einen guten Grund: Der 53-jährige Diplom-Geograf und zwei seiner Kollegen vom Deutschen Wanderinstitut in Marburg sind kürzlich die gesamte Strecke des Fernwanderwegs abgegangen, die inzwischen 220 Kilometer lang ist (siehe Extra).
Punktabzüge für Asphalt


Denn alle drei Jahre muss sich der SHS sein Siegel als "Premium-Wanderweg" neu verdienen und wird von den Fachleuten neu bewertet. "Das ist wie beim Tüv. Ein Wanderer, der beispielsweise aus Hamburg kommt, muss sich ja darauf verlassen, dass er hier tatsächlich auf einem Weg mit hoher Qualität unterwegs ist. Das überprüfen wir regelmäßig", sagt der Vorsitzende des Wanderinstituts.
Deshalb nehmen er und seine Leute den SHS ganz genau unter die Lupe. Jeder Kilometer wird einzeln bewertet, wobei 36 Kriterien in das Ergebnis einfließen. Ganz wichtig ist die Wegbeschaffenheit. Für schmale Pfade auf weichem Naturbelag gibt es Pluspunkte. Genauso wie für Passagen durch Felsformationen. Neutral bewerten die Juroren Abschnitte auf geschotterten Forststraßen. "Nullweg", sagt Erber dazu im Fachjargon.
Punktabzüge gibt es, wenn die Strecke über Asphalt führt. "Mehr als 1,2 Kilometer am Stück akzeptieren wir nicht", sagt Erber. Gerade in diesem Bereich hat der SHS im Vergleich zu anderen Fernwanderwegen seine große Stärke. Er hat insgesamt nur einen Asphaltanteil von sechs Prozent - dabei würde es selbst bei 15 Prozent keine Probleme mit dem Premium-Prädikat geben.
Das GPS-Gerät benutzt Erber auch deshalb, um zu notieren, nach wie vielen Metern der Wegbelag wechselt. Auch die Beschilderung spielt für das Urteil der Fachleute eine wichtige Rolle. Denn auf einem Premium-Weg sollten Wanderer nach Möglichkeit ohne Karte wandern können. In dieser Hinsicht sei die Pflege des SHS vorbildlich, sagt Erber. Die Streckentester achten noch auf viele andere Dinge: Führt der Weg durch ruhige Natur oder gibt es Lärmquellen? Kommt der Wanderer an Kulturdenkmälern vorbei oder sind Gewerbegebiete in der Nähe? Gibt es eine konkurrierende Nutzung, etwa durch Mountainbiker? Und wie sieht es mit der Verkehrssicherheit aus? Verläuft die Strecke parallel zu Straßen, die der Wanderer sogar überqueren muss? All das sind Punkte, die in der Bewertung berücksichtigt werden.
Gute Noten gibt es schließlich für viele schöne Ausblicke auf eine unverbaute Landschaft. Auch in dieser Hinsicht habe der SHS einiges zu bieten, betont Erber. Allerdings weiß auch er, dass viele Gemeinden derzeit auf Windräder hoffen. Das würde zwar künftig Punktabzüge geben. Allerdings stellt Erber auch klar:. "Deswegen würde kein Weg sein Premium-Zertifikat verlieren".
Insgesamt lobt der Experte den SHS als Weg, "bei dem die Dramaturgie stimmt. Er ist sehr abwechslungsreich und hat ein hohes Erlebnispotenzial, auch wenn es auf einem so langen Weg von A nach B natürlich Durststrecken gibt." Das genaue Ergebnis wird das Wanderinstitut in zwei Wochen nach der Auswertung bekanntgeben.Extra

Der Saar-Hunsrück-Steig hat bisher 58 von 100 möglichen Erlebnispunkten. Erklärtes Ziel der Macher ist es, so Achim Laub vom zentralen Projektbüro in Losheim, "dass wir bei der Neubewertung deutlich über 60 Punkten landen und damit mit Abstand unseren Spitzenplatz halten". Unter den deutschen Fernwanderwegen folgt bisher der Rheinsteig mit 51 Punkten auf Rang zwei. Um eine bessere Note zu bekommen, wurde der SHS unter anderem nach Westen verlängert. Nach dem Start in Idar-Oberstein beziehungsweise Trier endet die Trasse nun nicht mehr an der Saarschleife bei Mettlach, sondern führt noch 30 Kilometer weiter bis nach Perl an die Mosel. Dieser Abschnitt wird am morgigen Samstag, 2. Juni, offiziell eröffnet. Auch auf der bisherigen Trasse gab es Veränderungen, die den Steig qualitativ aufwerten sollen. So wurde eine Passage eingebaut, die auf schmalen Pfaden entlang der Wadrill führt und damit nahe an Reinsfeld mit seinen Gastronomiebetrieben heranführt. Außerdem wurde der SHS so gelegt, dass er nun Ausblicke auf das Hoxeler Viadukt bei Morbach bietet oder zur neuen Windklang-Skulptur am Erbeskopf führt. "Was neu hinzugekommen ist, sind alles wirkliche Verbesserungen", sagt Erber und verrät zumindest schon so viel: "Der Saar-Hunsrück-Steig wird seine Punktzahl sicher steigern können." Bis Herbst 2013 soll auch die Osterweiterung fertiggestellt sein. Dann würde der Weg bis nach Boppard am Rhein führen und wäre rund 400 Kilometer lang. ax

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