"Ur-Räschda" mit Gemeinsinn

RASCHEID. (jolo) Wenn Gäste nach Rascheid kommen, werden sie zu allererst vom 100 Jahre alten Lourdes-Kapellchen am Ortseingang begrüßt. Seit dem Tod seiner Mutter Erna vor 15 Jahren hat Peter Ludwig die Pflege und Reinigung der Gebetsstätte übernommen.

Seitdem geht der 71-Jährige jeden Samstag - im Winter wie im Sommer - zu dem Wahrzeichen seines 550 Einwohner-Heimatdorfes. Frische Blumen hat er immer dabei. ,,Im Winter habe ich auch schon Schnee geschippt, damit die Leute gefahrlos ins geöffnete Kapellchen gelangen können", sagt der "Ur-Räschda", der stets ein verschmitztes Lächeln auf den Lippen hat. Einsam ist die 100 Jahre alte Gedenkstätte fast nie. Jeden Tag kommen einige Dörfler zu ihr, entzünden Kerzen, halten inne und beten. Einige bringen Blumen in das Kirchlein, das seine Entstehung einem Gelübde verdankt. Anfang des letzten Jahrhunderts lag Matthias Ludwig, Peters Großvater, schwer krank im Trierer Brüderkrankenhaus. In der Hoffnung auf baldige Genesung versprachen er und seine Frau Susanne, in Rascheid eine Kapelle zu bauen. Der Mätthi kam zwar nach Hause, doch seine Gesundheit war so stark angegriffen, dass er kurze Zeit später, 41-jährig, verstarb. Mit ihrem neuen Mann Nikolaus Eiden aus Hinzert löste seine Frau aber das Versprechen ein. 1905 bauten sie die Lourdes-Kapelle. Feierlich wurde die Muttergottes-Statue in einer Prozession von der Pfarrkirche durch den Ort getragen. Am Ortsausgang übernahmen vier Mädchen die Statue und trugen sie in die Kapelle ,,Vor Harschburg", wo die feierliche Einsegnung mit dem gemeinsam gesungenen Lourdes-Lied stattfand. Seitdem haben viele Menschen diesen Ort in ihrer Not und Verzweiflung aufgesucht und Hilfe und Trost erfahren. Das Heiligenhäuschen wirkt stets herausgeputzt. ,,Vor drei Jahren haben wir den Putz abgeklopft, neu verputzt und die hölzerne Dachkonstruktion gestrichen", berichtet Peter Ludwig, der im letzten Jahr zum 70. keine Geschenke wollte, sondern Geld für Renovierungen und Blumenschmuck ,,seines Kapellchens". Letztens mussten die Statuen der Gottesmutter der heiligen Bernadette ins Freie, weil jeder, der Geburtstag hat, ein Geschenk bekommt. Die Pilgerstätte erhielt einen neuen Anstrich. Peter Ludwig ist ein vielseitiger Mensch. Rund 40 Jahre hat der gelernte Schreiner für die Kinder Raspeln und Klappern hergestellt , die in der Karwoche die Glocken ersetzen. ,,Heute gibt es genug von diesen hölzernen Signalen, weil die Eltern ihren Kindern diese vererben", erläutert der ,,Hohlwiese-Pitter", wie er im Dorf genannt wird. Doch Ludwig hilft gerne aus, wenn jemand noch einen aus Eichen- oder Buchenholz gefertigten und robusten Glockenersatz haben will. Neulich war noch ein Mann aus Gusenburg bei ihm, um solch ein Holzgerät zu erstehen. Der Rentner im Unruhestand beweist immer wieder Gemeinsinn. Selbstverständlich war er mit von der Partie, als es galt, in Rascheid einige Wegekreuze her- und aufzustellen.

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