Verdacht: Rocker schlagen Afrikaner

Trier/Konz · Zwei Männer aus Konz sollen in einem Lokal in der Trierer Karl-Marx-Straße drei Kameruner verletzt und fremdenfeindlich beleidigt haben. Die Tatverdächtigen gehören vermutlich einer Rockergruppe aus der Region an. Die Polizei gab den Vorfall vom 9. Dezember erst nach Medienanfragen am Donnerstag, 20. Dezember, bekannt.

Die Pressemitteilung des Polizeipräsidiums Trier zum "Verdacht fremdenfeindlich motivierter Körperverletzung und Beleidigung" ist ungewöhnlich vage gehalten. Grund: Die Ermittlungen befinden sich immer noch in einem frühen Stadium. Das Fachkommissariat 12 der Kriminaldirektion Trier, das für extremistische Straftaten und Terrorismus zuständig ist, hat den Fall übernommen.
Zugrunde liegt ein Polizeieinsatz nach einem Notruf am frühen Sonntagmorgen, 9. Dezember, um 4.19 Uhr. Drei Streifenwagenbesatzungen und ein Diensthundeführer rückten zu einem Lokal in der Karl-Marx-Straße aus.

Verbalattacken vor der Polizei
Vor Ort berichtete ein 27-jähriger Kameruner, er habe die Gaststätte mit zwei Landsleuten (35 und 37 Jahre) betreten. Dort sei er von zwei Männern grundlos geschlagen worden. Seine beiden Begleiter hätten in die Auseinandersetzung eingegriffen, die sich dann nach draußen verlagert habe. Vor der Tür seien die drei Opfer weiter attackiert worden, zum Teil am Boden liegend. Dabei sei der 27-Jährige verletzt und seine Brille beschädigt worden.

Die Polizei fotografierte die Verletzungen und die Brille. Als Tatverdächtige ermittelten die Beamten zwei 46-jährige Deutsche aus Konz. Noch vor Ort bekamen die Polizisten mit, wie die Verdächtigen die dunkelhäutigen Kameruner rassistisch beleidigten. "Die Beleidigungen wurden von den Beamten dokumentiert und ebenfalls zur Anzeige gebracht", heißt es in der Pressemitteilung.

"Dein Freund guckt so komisch"
In Absprache mit der Staatsanwaltschaft bestätigt die Polizei den Verdacht, dass von einer fremdenfeindlichen Motivation ausgegangen werden muss. Auf TV-Anfrage erklärt Polizei-Pressesprecherin Monika Peters die ungewöhnlich späte Veröffentlichung nach Medienanfragen: "Die Ermittler hatten bislang keine Gelegenheit, Opfer und Beschuldigte weitergehend zu vernehmen, um so gesicherte Erkenntnisse vor allem zum Tatablauf in der Gaststätte und zur letztendlichen Motivation der Tatverdächtigen zu erlangen."
Noch gibt es keine Angaben dazu, ob die Verdächtigen die Vorwürfe gestanden oder bestritten haben. Auch mehrere Zeugen, die zur Tatzeit im Lokal waren, müssen noch vernommen werden.
Peters: "Es liegen Erkenntnisse vor, dass die Beschuldigten möglicherweise einer Rockergruppe aus der Region angehören. Wir müssen Hintergründe überprüfen, um zu klären, ob es in diesem Rockerclub rechtsextremistische Strömungen gibt."

Den Namen des Motorradclubs will die Polizei derzeit nicht nennen. Es soll sich aber weder um die Hells Angels noch um den MC Lobo handeln. Die Staatsanwaltschaft Trier hat drei Mitglieder von Lobo Saarburg mit Clubheim in Konz-Oberemmel wegen Drogenhandels angeklagt (TV berichtete, siehe Hintergrund).

In den Fall aus der Karl-Marx-Straße brachte offenbar erst die Zeitschrift Grenzwertig des Multikulturellen Zentrums (MZ) Trier Bewegung. MZ-Mitarbeiter Patrick Zimmer: "Die Kameruner haben sich an uns gewandt. Daraufhin haben wir bei der Polizei nachgefragt." Nach Schilderung des 27-jährigen Kameruners soll einer der Angreifer zu ihm gesagt haben: "Dein Freund guckt mich so komisch an." Als der Kameruner zu beschwichtigen versuchte, habe der Angreifer ihm mit voller Wucht gegen den Hals geschlagen. Später sei er nach eigener Aussage am Boden liegend getreten worden.

Drei Wochen krankgeschrieben
Zimmer: "Von den drei Kamerunern haben sich zwei beim Arzt behandeln lassen, dem dritten fehlt seit dem Angriff ein Zahn. Der 27-Jährige wurde für drei Wochen krankgeschrieben." Nach dessen Aussage sollen der Wirt und weitere Kneipenbesucher bei dem Vorfall nicht eingeschritten sein (siehe Extra).
Meinung

Unverständliches SchweigenDas Polizeipräsidium Trier mit Präsident Lothar Schömann an der Spitze hat sich den Dienst am Bürger und die umfassende Information der Öffentlichkeit groß auf die Fahnen geschrieben. In der Regel funktioniert das auch. Solche Fälle wie der Umgang mit der Auseinandersetzung in der Karl-Marx-Straße trüben völlig unnötig den Gesamteindruck.
Pressemitteilungen über Kratzer im Autolack gibt es zuhauf und kurzfristig. Von der Körperverletzung und den rassistischen Beleidigungen vom 9. Dezember wüssten die Bürger immer noch nichts, hätte es nicht gezielte Nachfragen von Medien gegeben. Da sich das Geschehen teilweise draußen abspielte, könnten möglicherweise weitere, noch unbekannte Zeugen zur Aufklärung beitragen.
Zwölf Tage nach dem Vorfall reichen die Ermittlungsergebnisse nur zu einer vagen Beschreibung: Das ist zu wenig, wenn es um einen tätlichen Angriff mit mutmaßlich rassistischem Hintergrund geht.
<strong>m.hormes@volksfreund.de
Extra

Der gemeinnützige Verein Multikulturelles Zentrum (MZ) Trier setzt sich gegen Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung und für eine gleichberechtigte Teilhabe von Migranten und Flüchtlingen ein. Nach dem Vorfall in der Karl-Marx-Straße ruft das MZ Wirte zur Zivilcourage gegen Fremdenhass auf. In einer Pressemitteilung heißt es: "Wenn Gäste nur aufgrund ihrer Hautfarbe attackiert werden, sind auch die Wirte in der Pflicht. Ein solches Verhalten sollte man selbst dem treuesten Stammkunden nicht durchgehen lassen. Aus anderen Städten kennt man Plakataktionen der Kneipenwirte, die klar machen: Hier ist für Rassismus kein Platz. Solche Aktionen sind ohne großen finanziellen Aufwand umsetzbar und vermitteln allen Gästen Sicherheit." Sollten sich Übergriffe wiederholen, sieht der Verein auch die Politik in der Pflicht: "Dann muss die Stadt ernste Worte mit Pächter und Besitzern wechseln und auf eine Verhaltensänderung hinwirken." cus
Hintergrund

Innenminister Roger Lewentz hat nach 85 Einsätzen gegen Rockerkriminalität in 2012 Bilanz gezogen: "Wir schauen ganz genau nach kriminellen Strukturen im Untergrund, nach organisierter Kriminalität, Drogenhandel, Prostitution, Gewalt und Erpressung."Demnach gibt es im Land vier große Rockergruppen: Gremium (120 Mitglieder; Ortsgruppen unter anderem Trier, Bitburg, Gerolstein), Outlaws (80 Mitglieder), Hells Angels (70; das Chapter - die Ortsgruppe - Luxemburg strahlt ins deutsche Grenzgebiet aus) und Bandidos (50).
In der Region Trier sind der Polizei 16 Motorradclubs bekannt. Polizei-Sprecherin Monika Peters: "Teilweise verhalten sie sich unauffällig, teilweise fallen Mitglieder durch Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz und das Waffengesetz oder durch Gewaltdelikte auf. Der MC Lobo zählt mit vier Chaptern im Raum Trier sowie seiner Vernetzung mit weiteren Chaptern zu den mitgliederstärksten Motorradclubs." cus

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