Vergangenheit ertasten

WINCHERINGEN. (hpü) Wer sucht, der findet – so oder ähnlich könnte die Devise von Stefan Grün lauten. Neben etwas Glück spielt bei der Leidenschaft des Hobby-Archäologen für die metallenen Zeugen der Vergangenheit auch die technische Ausstattung eine große Rolle.

Beharrlich stapft Stefan Grün über den Acker. Kopfhörer auf den Ohren und den Blick zum Boden gerichtet, "tastet" er jeden Quadratmeter mit der Sonde seines Metallsuchgeräts ab. Plötzlich ein Piepen - Grün hält inne. Nun greift er zu einer kleinen Spitzhacke und beginnt zu graben, was das Zeug hält. "Man findet oft sehr viel Schrott", sagt der 38-Jährige. Patronenhülsen aus dem Zweiten Weltkrieg, Kronkorken jüngeren Datums, Eisennägel - das, wonach Grün eigentlich sucht, ist zwischen all dem Metallzeug oft nur mit einem geschulten Auge zu erkennen: römische und keltische Münzen oder sonstige antike Fundstücke. In den vergangenen sieben Jahren hat der Mann aus Wincheringen schon etliche Relikte aus der Vergangenheit aus dem Boden geholt - neben zahllosen Münzen auch Bronzebeschläge, Haarnadeln und sogar eine Pinzette aus der Römerzeit. Ganz besonders stolz ist er auf zwei zumindest für den Laien eher unscheinbare Münzchen keltischen Ursprungs. Was den Hobby-Archäologen an der Sache reizt? "Das ist Geschichte zum Anfassen", sagt Grün. Zwischen der Entstehung eines noch so kleinen Fundstücks und dem Piepen im Kopfhörer des Metalldetektors stünden mitunter Tausende von Jahren. Die Funde des gelernten Metzgermeisters, der die Woche über im Fleischereibetrieb seines Vaters in Wincheringen arbeitet, landen allerdings nicht gleich in der heimischen Vitrine. Regelmäßig packt der 38-Jährige seine "Ausbeute" zusammen, um sich auf den Weg zum Rheinischen Landesmuseum nach Trier zu machen. Dort werden die Stücke eingehend untersucht und katalogisiert, bevor sie endgültig in Grüns kleinem "Privatmuseum" landen. Doch wie kommt man zu einem Hobby, das neben einer technischen Ausstattung vor allem eine gehörige Portion Geduld erfordert? "Bereits in meiner Jugend habe ich mich brennend für Geschichte, insbesondere die der Römer, interessiert", erzählt Grün. Anfangs habe er sich auf das Lesen beschränkt. Irgendwann aber habe ihm das "rein Theoretische" nicht mehr gereicht. "Ich wollte die Vergangenheit mit den Händen ertasten." Doch den Detektor auspacken und losmarschieren - so einfach war die Sache nicht. Grün besorgte sich beim Rheinischen Landesmuseum eine Suchgenehmigung, die ihn zum ehrenamtlichen Mitarbeiter des Museums machte. "Suchen darf ich nur an Stellen, wo Erde bewegt wird, also auf Äckern oder Baustellen." Anfängliche Zweifel, ob er überhaupt etwas finden würde, seien rasch der Begeisterung über die ersten Erfolge gewichen. Neben Enthusiasmus gehöre Sachkenntnis dazu, sagt Grün. "Schließlich muss man wissen, wo zumindest die Chance besteht, fündig zu werden." Die Hauptsaison des Hobby-Archäologen ist im Frühjahr und Herbst, wenn die Felder brach liegen. Dann setzt Stefan Grün den Kopfhörer auf und marschiert über die Felder, um zu lauschen, was die Geschichte tief im Erdreich verborgen hält.

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