Verlierer der Schulreform

Das erste Halbjahr der Integrierten Gesamtschule Hermeskeil wird von Lehrern, Eltern und Schülern positiv bewertet. Derweil wächst bei den Erziehungsberechtigten der bisherigen Real- und Hauptschüler die Unzufriedenheit über die Benachteiligung von Schülern der binnen fünf Jahren auslaufenden Schulformen.

 Ulla Kolling, Schulelternbeiratssprecherin der Integrierten Gesamtschule Hermeskeil, mit einem der Halbjahreszeugnisse, die insbesondere bei Eltern bisheriger Realschüler für Unmut sorgen. TV-Foto: Ursula Schmieder

Ulla Kolling, Schulelternbeiratssprecherin der Integrierten Gesamtschule Hermeskeil, mit einem der Halbjahreszeugnisse, die insbesondere bei Eltern bisheriger Realschüler für Unmut sorgen. TV-Foto: Ursula Schmieder

Hermeskeil. Eltern von Schülern der Integrierten Gesamtschule Hermeskeil und Realschule plus (IGS) sorgt derzeit zweierlei: die einheitlichen Zeugnisse und der Schulverweis, der den heutigen Sechstklässlern fünf Jahre lang drohen kann. Der Unmut über fast identische Zeugnisse für Fünft- bis Zehntklässler, von denen nur die Schüler der fünften Klassen IGS-Schüler sind, ist etwas besänftigt.

Auf Drängen des Schulelternbeirats (SEB) wurden Bescheinigungen mit Hinweis auf die unterschiedlichen Laufbahnen beigefügt. Dennoch ist die Ähnlichkeit der Papiere für viele Eltern unbefriedigend. Unter "Integrierte Gesamtschule Hermeskeil und Realschule plus" steht "Halbjahreszeugnis der Realschule plus" sowie der jeweilige Bildungsgang "Qualifizierter Sekundarabschluss I", "Berufsreife" oder auch nur "Orientierungsstufe". Eltern bisheriger Realschüler sehen ihre Kinder benachteiligt. Hätte sie ihren Sohn an der Hauptschule angemeldet, wäre er nun genauso weit, kritisiert SEB-Mitglied Petra Malburg. Sei ein Kind nach dem Realschul-Lehrplan unterrichtet worden, sollte das auch ersichtlich sein.

Schulelternsprecherin Ulla Kolling spricht von einer "unklaren Informationslage". Die Eltern hätten bisher nicht gewusst, dass ihre Kinder nicht mehr Schüler der Erich-Kästner-Realschule, sondern der Realschule plus seien.

Schwerer wiegt jedoch das Damoklesschwert, das fünf Jahre über heutigen Sechstklässlern schweben wird. Denn während IGSler nicht mehr sitzenbleiben können, droht älteren Wiederholern gar der Schulverweis. Das geschlossene IGS-Konzept mit besonderen Unterrichtsmethoden (der TV berichtete) erschwert vor allem in höheren Klassenstufen einen Wechsel. Hinzu kommen fehlende Kapazitäten der IGS-Klassen, wie ADD-Pressesprecherin Eveline Dziendziol bestätigt. In Hermeskeil drücken zwar nur 111 statt 120 Schüler die Schulbänke. Doch da für erhöhten Betreuungsbedarf Pufferplätze frei zu halten sind, können Wiederholer nur bedingt wechseln. Ob Realschüler zur Hauptschule wechseln können, ist ebenfalls fraglich. In Hermeskeil ist auch diese proppevoll, so dass eventuell nur der Weg zu den Realschulen plus in Thalfang oder Kell bleibt.

Hoffen auf positive Einzelfallentscheidungen



Elternsprecherin Kolling ärgert das insbesondere vor dem Hintergrund, dass es schon Gespräche gab, "Rückkommer" vom Gymnasium in der IGS aufzunehmen. Vorher wurde das ausgeschlossen. Langjährige Schüler müssten an ihrer Schule bleiben können, fordert sie gleiches Recht für alle: "Wir können die IGS nicht über den Klee loben und vergessen, dass es auch Verlierer dieser Schulreform gibt." Sonja Laible, Elternsprecherin der Klasse 6c, würde sich das IGS-Konzept mit Vorteilen, wie einem Lehrer-Duo in den Hauptfächern, auch für ihre Kinder wünschen. Stattdessen müssten Ältere den Schulverweis fürchten. Dabei blieben Kinder immer mal sitzen. Ihrer chronisch kranken Tochter könnte das nach einem längeren Krankenhausaufenthalt passieren. Müsste sie deshalb die Schule verlassen, wäre das sehr schlimm für sie.

Schulleiterin Christa Breidert hofft auf positive "Einzelfallentscheidungen" - vor allem für Kinder aus der Verbandsgemeinde. Schüler von außerhalb des Kreises könnten aber keinesfalls in der IGS aufgenommen werden. Für alle anderen gelte: "Die Schüler sollen, wenn möglich, alle im Verbund hoch wachsen - wir setzen alles daran, dass sie das schaffen."ExtraZu viele Neuanmeldungen: Für das neue Schuljahr 2011/12 muss es an der Integrierten Gesamtschule (IGS) in Hermeskeil ein Auswahlverfahren geben. Am Montagabend ist die Anmeldefrist für die künftigen fünften Klassen abgelaufen. Nach Auskunft von Schulleiterin Christa Breidert wurden 132 Kinder von ihren Eltern angemeldet. Allerdings ist damit die Aufnahmekapazität der IGS überschritten. Es haben dort maximal 120 Schüler Platz, die sich auf vier fünfte Klassen verteilen. Laut Breidert kommen von den 132 angemeldeten Fünftklässlern drei aus dem Kreis Bernkastel-Wittlich und zwei aus dem Saarland. Alle anderen Kinder kommen aus dem Kreis Trier-Saarburg. Sie haben bei dem nun folgenden Auswahlverfahren, das ein Ausschuss mit Lehrern und Elternvertretern vornimmt, die besseren Karten. Denn gibt es von der Schulaufsicht - der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier - die Vorgabe, dass die Kinder aus dem Bereich des Schulträgers bevorzugt behandelt werden. Schulträger der Hermeskeiler IGS ist seit dem 1. August 2010 der Kreis Trier-Saarburg. (ax)

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