Vom Fluch zum Segen

KASTEL-STAADT. Vor acht Jahren wurde die Grabungsschutzzone als Fluch für die Gemeinde betrachtet. Nun gilt sie als Ausgangspunkt für eine Erfolgsstory, die ihresgleichen suche.

Ohnmächtige Wut und Fassungslosigkeit prägten den Gemütszustand der Kasteler Bürger, nachdem 1995 das Landesamt für Denkmalpflege mitten im Dorf die 180 000 Quadratmeter große Grabungsschutzzone erlassen hatte, um die unter der Erde verborgenen Keltenfunde für die Nachwelt erhalten zu können.Wer zunächst gedacht hatte, eine Keltensiedlung würde freigelegt und könnte fortan als Touristen-Attraktion dienen, war auf dem Holzweg. Lediglich Sichern und Erhalten war vorgesehen. Die Schutzzone hatte zur Folge, dass in dem Bereich nur mit dem Segen der Denkmalschützer gebaut werden kann: Nur so tief wie ein Pflug reicht, durfte gebuddelt werden. "Das kommt einer Enteignung gleich", ärgerte sich seinerzeit Ortsbürgermeister Matthias Rommelfanger, der damals erst seit einem halben Jahr in Amt und Würden war.Seitdem sind Jahre vergangen, und bei der gestrigen Pressekonferenz zum Abschluss des Flurbereinigungsverfahrens waren sich alle am großen Ratstisch im Bürgerhaus einig: Aus der Not habe man eine Tugend gemacht. "Die Grabungsschutzzone hatte für die Gemeinde viele positive Effekte", bilanzierte der Ortsbürgermeister.Herzstück Flurbereinigung

Als Herzstück der Dorfentwicklung wird das Flurbereinigungsverfahren angesehen, das 1997 als Reaktion auf die Grabungsschutzzone eingeleitet worden war. Mit Hilfe von Kreis und Verbandsgemeinde wurde Kastel-Staadt als Schwerpunktgemeinde in der Dorferneuerung anerkannt. Die Gemeinde akzeptierte die Schutzzone, verzichtete auf Widerstand und rechtliche Schritte, und Kreis und Bezirksregierung halfen im Gegenzug bei der Dorfentwicklung. Ein Kompromiss war gefunden."Nur Gewinner" machte Bürgermeister Günther Schartz nun aus. Und der Leiter des Kulturamtes, Reinhard Lichtenthal, listete die Vorteile auf, die durch die Flurbereinigung im Zusammenspiel mit der Aufnahme von Kastel-Staadt als Schwerpunktgemeinde in der Dorferneuerung dem Ort zugute gekommen seien: unter anderem ein neues Baugebiet mit 23 Parzellen, Umsetzung des Dorferneuerungskonzeptes, Friedhofserweiterung, Landespflege, Ausbau von drei Straßen, Erschließung von Grundstücken.Damit nicht genug: Auch das Rheinische Landesmuseum habe seine Vorstellungen verwirklichen können, sagte Archäologe Hans Nortmann. Das keltische Erbe (auch wenn man's nicht sieht) konnte erhalten und ein Zugang zum keltischen Wall geschaffen werden. Besonders freut es Nortmann, dass als "touristischer Anziehungspunkt" ein archäologischer Rundwanderweg angelegt wurde - für ihn die Antwort auf die seinerzeit vielfach geäußerte Kritik, die Gemeinde habe nichts von den im Boden verborgenen Überresten der Keltensiedlung.Bürger haben viel Geld gespart

Bürger und Gemeinde hätten durch die Flurbereinigung viel Geld gespart, sagte Lichtenthal, zudem hätten sich neue Finanzierungsmöglichkeiten aufgetan, beispielsweise beim Straßenbau. Als Erfolg und Hinweis auf die große Akzeptanz des Flurbereinigungsverfahrens wertete er, dass bei 248 Teilnehmern nur noch drei Widersprüche anhängig seien.Kastel-Staadt sei ein positives Beispiel dafür, was Flurbereinigung bewirken könne. Schartz wünscht sich, dass mehr Gemeinden und Bürger davon Gebrauch machen.

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