Vom Hexenwahn im Hochwald

Grimburg/Greimerath · Das Kurfürstentum Trier bildete in der frühen Neuzeit im 16. und 17. Jahrhundert ein Zentrum der Hexenverfolgungen. Europaweit gab es 100 000 Prozesse mit rund 60 000 Hinrichtungen. Von mehr als 300 Hexenprozessen im Hochwaldraum zwischen 1523 und 1630 sind 172 urkundlich belegt.

 In der Region Trier wurden vermeintliche Hexen mitunter in einer Brandhütte aus Reisig und Stroh hingerichtet. Foto: privat

In der Region Trier wurden vermeintliche Hexen mitunter in einer Brandhütte aus Reisig und Stroh hingerichtet. Foto: privat

Grimburg/Greimerath. "Hexen mit Warze auf der Nase und auf einem Besen reitend kommen aus dem Reich der Fantasie", sagt Dittmar Lauer, renommierter Heimatforscher und Leiter des Burg- und Hexenmuseums in Grimburg. Im Dachgeschoss bekommt der Besucher einen Einblick in die schlimme Zeit des Hexenwahns im Trierer Land und im Hochwaldraum. Über 200 Frauen und Männer aus dem Hochwald fanden als vermeintliche Hexen und Hexenmeister den Tod in der Brandhütte.
"In unserem Raum lassen sich zwei große Wellen von Hexenverfolgungen ausmachen", weiß Dr. Simone Martini aus Greimerath, gelernte Archäologin und wie Lauer Mitglied im Arbeitskreis Hexenforschung an der Universität Trier. Sie fanden zwischen 1580 und 1600 sowie 1625 bis 1630 statt. Europaweit fielen rund 60 000 Menschen, im hiesigen Raum etwa zwei Drittel Frauen und ein Drittel Männer, dem Hexenwahn zum Opfer. 172 Verfahren sind für den Hochwaldraum belegt.
In Mandern-Niederkell wurden allein im Jahre 1599 nicht weniger als 17 Frauen und Männer verurteilt. Im benachbarten Schillingen waren es 16 Personen, in Greimerath sechs. Krisenzeiten wie die sogenannte Kleine Eiszeit im 16. Jahrhundert führten zu Missernten und Hunger. "Die Menschen suchten Schuldige und fanden sie in Zeitgenossen, die vermeintlich mit dem Teufel im Bunde stehen", sagt Martini. Das Volk selbst forderte die Obrigkeit auf, diesem Spuk ein Ende zu bereiten und das Böse auszumerzen.
"Damals gab es keine Indizienprozesse. Erst nach einem Geständnis konnte ein Urteil gefällt werden", klärt Dittmar Lauer auf. Und dabei wurde durch "peinliche Befragung", wie die Folter damals hieß, eifrig nachgeholfen. Die Carolina genannte Gesetzgebung, die Kaiser Karl V. 1532 erlassen hatte, schrieb das erlaubte Maß an Folter vor und auch, dass ein Angeklagter ohne Geständnis freizulassen ist. "Die Carolina konnte durch territoriale Zersplitterung des Heiligen Römischen Reiches nicht durchgesetzt werden", weiß Lauer. Oft habe sich die Einstellung der Obrigkeit entweder fördernd oder hemmend auf die Prozesse ausgewirkt.
Hexenjäger versprachen sich finanzielle Vorteile und gesellschaftlichen Aufstieg. Bei Erbfällen wurden missliebige Konkurrenten als Hexen denunziert. "Gerüchte genügten, um als Hexe oder Hexer angeklagt zu werden", sagt Heimatforscher und Jurist Gerhard Martini, ein gebürtiger Greimerather. Die Vermögen der Opfer seien oft unter den Gerichtsschöffen aufgeteilt worden. Die Hexenverfolgung sei Ausdruck eines erbarmungslosen Kampfes der Menschen gegeneinander, selbst auf Kosten der Vernichtung des direkten Nachbarn.
"Das Dunkle in jedem Menschen bleibt", warnt Martini. Die Bedrohung, die davon ausgehe, sei aktueller denn je, wie die jüngste deutsche Geschichte beweist.
Extra

Der Jesuitenpater, Seelsorger und Barockdichter Friedrich Spee (1591 - 1635) gilt als einer der wichtigsten Kritiker der Hexenverfolgung, die er in seinem Buch " Cautio Criminalis" von 1631 anprangerte. Begraben ist er in der Jesuitenkirche Trier. Das Burg- und Hexenmuseum, geöffnet samstags und sonntags von 14 bis 17 Uhr, behandelt den Vorkämpfer der Menschenrechte ausführlich. doth Führungen mit Helga Arm können unter Telefon 06589/ 99024 vereinbart werden.

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