Vom Mammutzahn zum geologischen Lehrpfad

Nittel/Wellen · Der Fund zweier Mammutzähne hat einen Stuttgarter Geologen für die Idee begeistert, an der Obermosel einen geologischen Lehrpfad anzulegen. Nach mehrjähriger Forschungsarbeit wird der Weg, an dem 15 Infotafeln zur Erdgeschichte stehen, am Freitag offiziell eröffnet.

 Bote aus der Zeit um 42 000 vor Christus: der Mammutzahn, der 2009 am Nitteler Tunnel gefunden wurde. TV-Foto: Christian Kremer

Bote aus der Zeit um 42 000 vor Christus: der Mammutzahn, der 2009 am Nitteler Tunnel gefunden wurde. TV-Foto: Christian Kremer

Nittel/Wellen. Das Moseltal erzählt viel über die Erdgeschichte. Allerdings können nur wenige Experten die Zeichen der Natur richtig deuten. Deshalb bleibt der Wissensschatz oft im stillen Universitätskämmerlein verborgen. Das will Diplom-Geologe Michael Ullmann zusammen mit den Gemeinden Nittel, Machtum und Wellen ändern. Am Freitag, 17. Mai, 18 Uhr, eröffnen sie den internationalen geologischen Lehrpfad. Zu der kleinen Feier am Ende des Farster Wegs in Wellen sind alle Bürger eingeladen. Der Lehrpfad beginnt auf dem Felsenpfad in der Nähe der L 135 zwischen Nittel und dem Ortsteil Windhof. Dannn folgen auf deutscher und luxemburgischer Seite auf einer Wegstrecke von jeweils vier Kilometern insgesamt 15 Tafeln, die über die Bedeutung unterschiedlicher Gesteinsschichten und besonderer Funde an der Obermosel informieren.
Einer dieser Funde - zwei Mammutzähne, die während der Sanierung des Nitteler Bahntunnels 2009 entdeckt wurden (siehe Extra) - sind entscheidend für die Einrichtung des Lehrpfads. Ullmann, der als Geologe an der Sanierung des Tunnels beteiligt war, hat danach der Forschergeist gepackt. Und ein Lehrpfad schien dem 53-Jährigen die optimale Umgebung zu sein, um die Ergebnisse zu präsentieren: "Es wäre einfach schade, wenn das Wissen in Büchern schläft und keiner etwas mitbekommt." Die Ortsbürgermeister Hans-Josef Wietor (Nittel) und Hans Dostert (Wellen) konnte der Geologe schnell für seine Idee begeistern. Denn außer den rund 1750 Euro Materialkosten pro Gemeinde entstanden ihnen keine Kosten.
Ullmann hat die Informationen für den Lehrpfad gemeinsam mit der Forscherin Birgit Kausch vom Fachbereich Geografie der Uni Trier ehrenamtlich zusammengetragen. Im Institut géolo gique fand der Geologe auch auf luxemburgischer Seite Mitstreiter. Auf den Tafeln erfahren die Spaziergänger jetzt nicht nur alles über die Mammutfunde (siehe Extra), sondern auch über die geologische Entwicklung an der Obermosel. Aus den verschiedenen Gesteinsschichten - vom etwa 230 Millionen Jahre alten Muschelkalk bis hin zum heutigen Flussbett - lassen sich die erdgeschichtlichen Stadien des Moseltals nachvollziehen. Besonders prägnant sei eine Ablagerung runder Kiesel - 80 bis 90 Meter über dem Moselbett bei Wellen an der sechsten Tafel des Pfads. Die Steine seien früher im Fluss mitgespült worden und deswegen so abgeschliffen, erzählt Ullmann. "Die Mosel floss früher dort. Dann hat sich der Fluss weiter ins Tal gearbeitet." Genau dieser Platz am Farster Weg wird am Freitag zum Schauplatz der Eröffnung.
Neben den erdgeschichtlichen Tafeln gibt es auch regionalgeschichtliche - zum Beispiel zu den Erdrutschen auf deutscher und luxemburgischer Seite im Zuge der Moselkanalisierung 1964/65. In den Info-Tafeln für den geologischen Lehrpfad stecken laut Ullmann etwa vier Jahre Forschungsarbeit. Für ihn hat sich die Arbeit gelohnt: "Man geht mit ganz anderen Augen durch die Landschaft, wenn man weiß, was da verborgen liegt."Extra

Das Mammut wurde vor etwa 20 000 Jahren selten und starb danach aus - während der Weichsel-Eiszeit, die vor etwa 115 000 Jahren begann und vor 11 000 Jahren endete. Allerdings wurden Ende der 1980er Jahre in Sibirien Überreste von Zwergmammuts gefunden, die bis vor 4000 Jahren dort lebten. Auch wenn ein Radlader die Überreste der neuen Wellener Mammutzähne kaputt gefahren hat, hat Diplom-Geologe Michael Ullmann mehr herausgefunden. Bevor das Landesamt für Denkmalschutz die Überreste für sein Archiv konservieren ließ, konnte er das Alter bestimmen lassen. Die Analyse ergab, dass die Zähne aus der Zeit um 42 000 v. Chr. stammen. Der 2009er Fund war zudem nicht der erste Fund dieser Art am Nitteler Tunnel. Ein Blick in das Buch "Die Geschichte des Ortes Nittel" zeigt, dass schon 1875 ein Mammutschädel sowie weitere Zahnfragmente geborgen wurden - beim Bau des Bahntunnels. Auch bei Grevenmacher und Perl wurden Mammutüberreste geborgen. Ullmanns Folgerung: "In der letzten Eiszeit sind Mammuts hier im Moseltal rauf- und runtergewandert." Die Grenze des Eisschilds sei am Flusslauf der Weichsel verlaufen. An der Mosel sei für Mammuts typisches Tundra-Gebiet gewesen. Der Mammutschädel gehört dem Paläontologischen Institut der Uni Bonn. Erst als Ortschef Hans-Josef Wietor die Wissenschaftler darauf aufmerksam machte, untersuchten sie den Fund näher. In der Dorfchronik veröffentlichte Daniela C. Kalthoff einen Aufsatz darüber. Der Schädel wurde 2009 im Nitteler Bürgerhaus ausgestellt. cmk

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