Von Fledermäusen und Menschen

Seit mehr als vier Jahren kämpft der Ortsgemeinderat Wawern vergeblich um die Ausweisung eines neuen Baugebiets. Im Weg stehen ein paar uralte Birnbäume - Ziel und Flugstreckenorientierung einer unbekannten Zahl streng geschützter Fledermäuse.

 Die „Orientierungsbäume“ an der Flugschneise über das Wawerner „Beneförstchen“ sind nach Meinung der Autorin des Umweltverträglichkeitsgutachtens unverzichtbar für die Fledermauspopulation des Ortes. TV-Foto: Klaus D. Jaspers

Die „Orientierungsbäume“ an der Flugschneise über das Wawerner „Beneförstchen“ sind nach Meinung der Autorin des Umweltverträglichkeitsgutachtens unverzichtbar für die Fledermauspopulation des Ortes. TV-Foto: Klaus D. Jaspers

Wawern. Auch der jüngste Sachstandsbericht zeigte dem Ortsgemeinderat keine praktikable Lösung des Problems auf, das sich - verkürzt - so darstellt: Das als neues Baugebiet vorgesehene "Beneförstchen" ist zwischen einem Waldstück (und angrenzendem Sportplatz) und einem Randstück des Wawerner Bruchs gelegen. Als "Wohngebiet" der "Hufeisennase" hat eine Untersuchung das Waldstück ausgemacht, als Platz für die Nahrungssuche ein Gelände unterhalb der Waldgrenze. Auf dem Weg zwischen Wohnwald und "Futterplatz" fliegen die unter besonders strengem Schutz stehenden "Hufeisennasen" quer über das als Baugebiet auserkorene "Beneförstchen" und orientieren sich nach Ansicht von Naturschützern an einigen einzelnen, in einer Reihe stehenden Birnbäumen, in deren Umgebung sie ebenfalls Nahrung finden. Das Ergebnis der zum Genehmigungsverfahren für das Baugebiet gehörenden Umweltverträglichkeitsprüfung stoppte sämtliche Vorarbeiten, weil diese Bäume der geplanten Bebauung zum Opfer fallen würden, denn erstens müsste ein Teil des in Aussicht genommenen Baugebiets "angeschüttet" werden, um in der vorhandenen Hanglage einen Niveauausgleich herzustellen, wobei zweitens die Stämme der Birnbäume so weit mit Erde bedeckt würden, dass sie nicht überleben könnten.

Umweltgutachten verlangt Flugschneise



Im Umweltverträglichkeitsgutachten wird - so Bürgermeister Hans Greis - ein ausreichend breiter Korridor als Flugschneise (mit den Birnbäumen) verlangt. Greis zu diesem Vorschlag: "Der würde das Baugebiet zerschneiden." CDU-Fraktionsvorsitzender Alfons Orth und SPD-Fraktionschef Franz Zebe zeigten sich in der Sitzung mit ihren Parteifreunden absolut einig, dass dies aus planerischen und Kostengründen nicht akzeptabel sei. Nun soll mit der Genehmigungsbehörde über eine Wawerner Variante verhandelt werden: Als Ersatz werden an anderer Stelle Walnussbäume "mit Anwachsgarantie" gepflanzt, über deren Eignung die Fledermäuse selber entscheiden - so in fünf bis zehn oder noch mehr Jahren.

Dem Wawerner Gemeinderat und seinem Bürgermeister will partout nicht eingehen, dass die von der Gutachterin mit Hilfe von Peilgeräten ausgemachte Fledermauspopulation im Wäldchen oberhalb des Bau(stopp)gebiets die einzige im weiten Umkreis ist, Greis: "Die Tierchen kommen doch auch von Nittel und aus Luxemburg hierher." Aber: An anderer Stelle ist gar nicht erst geforscht worden. Dazu müsste die Gemeinde einen neuen Auftrag erteilen. Und das kostet - so Hans Greis vor dem Gemeinderat - wieder rund 20 000 Euro - Geld, das die Gemeinde nicht hat. Umweltfeindlichkeit kann den Wawernern niemand vorwerfen: In den Neunzigerjahren haben sie "Hunderte Bäume und Sträucher" anpflanzen, ein großes Feuchtgebiet ausweisen und eine "Öko"-Zone liegen lassen; die ist - so Franz Zebe, von 1989 bis 2004 Ortsbürgermeister, - heute Naturschutzgebiet und soll demnächst ein besonderer Naturpark werden (der TV berichtete). Und: Im März 1995 hat Wawern aus der Hand der damaligen Umweltministerin Klaudia Martini den 1. Preis für "herausragende ökologische Leistungen" bekommen.

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