Vorurteile erkennen und abbauen

Im Gemeindesaal der evangelischen Kirche in Konz haben die muslimisch-christlichen Gespräche zum vierten Mal stattgefunden. Thema des Abends war: "Die Rolle der Frau im Islam und im Christentum". Über 100 Besucher diskutierten mit.

 Canan Azak referiert beim islamisch-christlichen Gespräch im Gemeindesaal in Konz. TV-Foto: Max Henning

Canan Azak referiert beim islamisch-christlichen Gespräch im Gemeindesaal in Konz. TV-Foto: Max Henning

Konz. Der Gemeindesaal der evangelischen Kirche in Konz-Karthaus ist voll. Die Trennwände zum Flur werden noch schnell aufgesperrt, damit alle Besucher der Diskussion folgen können. Unter den Besuchern sind auch viele Frauen, die ein Kopftuch oder ein Hidschab tragen.

Als Hidschab wird im Arabischen eine Kleidung bezeichnet, die nicht nur den Kopf einer Muslima, sondern den Körper als Ganzes bedeckt. Auch Canan Azak aus Wittlich trägt ihn. Gemeinsam mit den beiden christlichen Theologinnen Doris Weirich und Elke Füllmann-Ostertag diskutiert die gläubige Oberärztin aus Wittlich über die Rolle der Frau in beiden Religionen. Moderiert wird die vom Interkulturellen Netzwerk Konz (IN) organisierte Diskussion von Thomas Zuche, der das IN auch koordiniert.

"Leider ist das Bild, dass sich Außenstehende von der Rolle der Frau im Islam machen, von Vorurteilen geprägt", eröffnet Azak ihren Kurzvortrag über die Rolle der Frau in der islamischen Religion. So übernähmen Frauen beispielsweise wichtige Funktionen in der Familie und in der islamischen Gesellschaft. Sie würden aus religiöser Sicht weder unterdrückt noch diskriminiert. "Die Diskriminierung muslimischer Frauen ist nicht das Ergebnis unserer Religion, sie ist vielmehr das Resultat einer Kultur, die im Koran niedergelegte Vorschriften falsch auslegt."

"In der eveangelischen Kirche sind aus meiner Sicht die Rechte von Frauen dieselben wie die der Männer", sagt Pfarrerin Ostertag-Füllmann aus Saarburg. Dies gelte auch für die Frauen, die viele Aufgaben in der katholischen Kirche übernehmen könnten, ergänzt Dekanatsreferentin Weirich.

Die anschließende Diskussion ist vor allem von der Frage geprägt, ob es für muslimische Frauen eine religiöse Pflicht gibt, Kopf und Körper vollständig zu bedecken. Azak stellt in diesem Kontext klar, dass weder der Schleier noch die Burka sich mit dem Koran rechtfertigen lassen.

Viele der Diskussionsteilnehmerinnen aus dem Publikum betonen, dass für sie das Tragen des Hidschab ein Bekenntnis zu ihrer Religion sei: "Nur weil wir ihn tragen, heisst das nicht, dass wir keinen Grips haben", sagen sie mehrfach.

Für Azak ist die lange Kopftuchdiskussion ernüchternd: "Wir müssen mehr über das sprechen, was uns verbindet, als über das, was uns trennt."Das Fixieren auf ein Thema im Rahmen solcher Diskussionen sei da hinderlich. "Trotzdem: Jeder Dialog miteinander hilft, einander besser zu verstehen."

Im Gespräch mit dem TV erzählt sie vor der Diskussion: "Für mich als bekennende Muslimin, die einen Hidschab trägt, war es schwierig eine Festanstellung als Ärztin zu bekommen." Wichtig für die medizinische Behandlung Kranker sei aber nicht das äußerliche Erscheinungsbild, sondern Fach- und Sprachkenntnisse. "Patienten, die anfangs stutzen, wenn sie mich sehen, bauen ihre Vorurteile aber schnell ab, sobald sie mit mir sprechen." itz

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