Wadl-Beißer macht Platz für Jüngere

Wasserliesch · 38 Jahre lang war er im Wasserliescher Gemeinderat, 22 Jahre Bürgermeister des Moselorts. "Ich habe in keiner Sitzung gefehlt", sagt Josef Reinert. Der streitbare CDU-Mann mit einer Vorliebe für deftige Worte hört jetzt mit der Politik auf.

 Weniger Politik, mehr Freizeit: Josef Reinert hat künftig mehr Zeit zum Lesen und Wandern mit den Freunden. TV-Foto: Gabriela Böhm

Weniger Politik, mehr Freizeit: Josef Reinert hat künftig mehr Zeit zum Lesen und Wandern mit den Freunden. TV-Foto: Gabriela Böhm

Wasserliesch. Lauscht man den Geschichten von Josef Reinert über seine politische Vita, entsteht unweigerlich der Eindruck, dass einem da ein Politiker des streitbaren Formats à la Strauss oder Wehner gegenübersitzt. Freilich nicht so prominent, ähnlich jedoch in der Lust am Konflikt. Ein Wadl-Beißer, nicht zimperlich in der Wortwahl, aber mit hörbarer Freude an Kritik. "Es ist ja keiner mehr da, der das macht. Es fehlen Kritiker", findet Reinert und sieht in der heutigen Politik zu viele Ja-Sager und gleichgeschalteten "Einheitsbrei".
38 Jahre war Josef Reinert im Wasserliescher Gemeinderat. Als er mit 20 Jahren in die Junge Union eintrat, "hätte ich mit meiner linken Einstellung eigentlich problemlos bei den Sozialdemokraten landen können", erinnert sich Reinert. "So habe ich die linke Fahne in der CDU gehisst!" Zusammen mit seinen politischen Freunden Franz Basten und Dieter Schmitt sei er damals angetreten, die "Oberen wie Kutscheid oder Holkenbrink abzusägen. Die waren uns zu konservativ und wollten nichts von ihrer Macht abgeben!" Auch in Wasserliesch habe es nur "alte Säcke" gegeben, sagt Reinert.
Als junger Wilder wollte er Bewegung in die Kommunal- und Parteipolitik bringen - den anderen "Feuer unterm Hintern machen", wie er es nennt. 22 Jahre war Reinert Ortsbürgermeister in Wasserliesch. Er führte Bürgersprechstunden ein und sorgte für den Bau einer Turnhalle und von zwei Sportplätzen. Hilfreich dabei war nicht nur ein Gemeinderat, der weitgehend an einem Strang zog. Sondern auch Geld: Subventionen, bei deren damaliger Höhe von 65 Prozent "ein Bürgermeister heute vor Freude in die Luft springen würde".
Ein bisschen Glück gehörte auch dazu: zum Beispiel die Entwicklung der 53 Hektar großen Liegenschaft Granahöhe und Saarmündung nach Freigabe durch die Franzosen mit 88 Baustellen und Gewerbegebiet. Dass Reinert auch mal fragwürdige Wege ging, verhehlt er nicht. "Der Friedhof in Wasserliesch stand eigentlich unter Denkmalschutz, wir waren aber einstimmig der Meinung, da einen Marktplatz draus zu machen."
Die VG habe mitgespielt, so dass der Friedhof "einfach abgeruppt" und später nur eine Geldstrafe fällig wurde, schmunzelt Reinert.
23 Jahre war er im Kreistag und hörte mitten in der Periode auf, "weil mir die Geldverpulverei zu viel wurde", sagt der 67-Jährige und meint damit den Bau von "Bürgerhäusern en bloc" oder das Projekt Fischereimuseum in Oberbillig.
Fünf Jahre im Mainzer Landesvorstand, Mitglied in zahllosen Ausschüssen und Verbänden, jahrzehntelang Gerichtsschöffe - jetzt hat er Zeit für die Familie, Zeitungslektüre und fürs Wandern.
"Ich will Jüngeren Platz machen", erklärt Reinert. Selbst wenn er "höchstpeinlichst" darauf achten will, nicht seinen Nachfolgern ins Geschäft zu reden: Ganz wird er nicht von der Politik lassen. "Jeden Samstag bin ich viertel vor zwölf beim Stammtisch!"

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