Wechselangebot: Reinsfelder geben VG Kell einen Korb

Reinsfeld/Kell · Sollen die Reinsfelder die Verbandsgemeinde (VG) Hermeskeil verlassen und sich der benachbarten VG Kell am See anschließen, um deren Überleben zu sichern? Das hat der Keller Ortsbürgermeister Markus Lehnen (CDU) vorgeschlagen. Der TV hat bei den führenden Politikern in Reinsfeld und im Hermeskeiler Rathaus nachgehört, was sie zu diesem "Abwerbungsversuch" sagen.

Reinsfeld/Kell. Weil sie nur rund 9600 Einwohner hat, ist die Verbandsgemeinde Kell durch die Kommunalreform des Landes in ihrem Fortbestand gefährdet. Das Angebot der VG Hermeskeil, über eine mögliche Fusion zu sprechen, hat aber nicht nur der Keller Verbandsgemeinderat ausgeschlagen. Auch der Gemeinderat des Hauptorts lehnt das kategorisch ab. Mehr noch: Der Keller Ortsbürgermeister Markus Lehnen (CDU) hat mit Rückendeckung seines Rats zum Konter angesetzt. Er könne sich vorstellen, dass sich die direkt benachbarte Ortsgemeinde Reinsfeld der VG Kell anschließt - so wie das im kirchlichen Bereich bereits der Fall ist (der TV berichtete).

Mit den knapp 2300 Reinsfeldern würde die VG Kell so wachsen, dass sie nur noch ganz knapp unter der im Reformgesetz festgelegten Mindesteinwohnerzahl von 12 000 liegen würde. Gleiches gilt für die Mindestzahl an Ortsgemeinden (15). Mit Reinsfeld würde die VG Kell aus 14 Dörfern bestehen.

Das sagt Markus Lehnen: Im Gespräch mit unserer Zeitung macht der CDU-Politiker deutlich, warum er die Reinsfelder nun offen umwirbt: "Wenn das Schreiben aus Hermeskeil nicht gekommen wäre, hätten wir uns auch nicht zu Wort gemeldet. Denn wir wollen eigentlich niemandem etwas wegnehmen. So aber haben wir diesen Vorschlag vorsichtig in den Raum gestellt, weil wir für den Fortbestand unserer VG kämpfen wollen." Doch auf welche Resonanz stoßen Lehnens Gedankenspiele in Reinsfeld und im Hermeskeiler Rathaus?

Das sagt der Reinsfelder Gemeindechef: "Es hätte schon einen gewissen Charme, wenn wir zum Retter der VG Kell würden. Man muss sich aber schon fragen, welchen potenziellen Nutzen das hätte", meint Rainer Spies. Der SPD-Politiker betont, dass er kein Interesse an einer "emotionalen Debatte" habe und auch keinen Anlass sehe, "dass wir in dieser Sache irgendetwas überstürzen." Zwei Punkte sind aus seiner Sicht klar und sprechen deshalb gegen einen Wechsel. "Es ist unumstritten, dass Hermeskeil das Mittelzentrum in unserer Region bleibt. Außerdem hat das Land andere Vorstellungen", so Spies (siehe Extra).

Das sagt die Reinsfelder CDU: Grundsätzlich sei seine Fraktion für Gespräche mit den Kellern offen, betont Sprecher Frank Eiden. Er fügt aber gleich hinzu: "Ich habe meine Zweifel, ob ein Zusammengehen mit Kell realistische Chancen hat." Sein Eindruck ist, dass die meisten Reinsfelder - zum Beispiel beim Einkaufen oder beim Arztbesuch - eher nach Hermeskeil tendieren. Außerdem wäre ein Beitritt der Reinsfelder zur VG Kell "bestimmt nicht im Sinne des Erfinders. Das Land will ja durch die Reform Verwaltungskosten reduzieren. Deshalb sollen ja Verbandsgemeinden zusammengeschlossen werden. Wenn stattdessen zwei etwa gleich große Einheiten geschaffen würden, wäre das kontraproduktiv", so Eiden.
Das sagt die offene Wählerliste (OWL): "Die Idee der Keller ist absurd", betont Paul Port. Der Chef der Reinsfelder OWL ist zugleich Sprecher der Gruppe "Bürger für Bürger" (BFB) im Hermeskeiler VG-Rat - und von dieser Fraktion ging die Initiative aus, dass die Hermeskeiler den Kellern - aber auch den Thalfangern - Fusionsgespräche anbieten sollen.
"Es ist ein falscher Ansatz, wenn die Keller sagen, dass es zwei starke Verbandsgemeinden im Hochwald geben muss. Langfristig bringt das überhaupt nichts. Wir brauchen eine starke Hochwald-VG", sagt Port. Nur ein solches Gebilde - mit später rund 20 000 Einwohnern - habe die Chance, auch die nächste Gebietsreform in 30 oder 40 Jahren zu überleben.

Das sagt der Hermeskeiler Bürgermeister: Michael Hülpes ist über den Vorstoß aus Kell alles andere als amüsiert. "Es fällt schwer, da noch ruhig und sachlich zu bleiben", sagt der CDU-Politiker. Es sei eine "kleinliche Diskussion", wenn sich die Keller durch einen Reinsfelder Beitritt einen Einwohnerzuwachs und einen Ort mehr für ihre Verbandsgemeinde erhoffen.
"Das sind kurzfristige Überlegungen, und die haben mit einem verantwortlichen, langfristigen Handeln nichts zu tun", sagt Hülpes.
Den Keller Abwerbungsversuch lehnt er deshalb klar ab: "Wir sind doch nicht auf einem freien Markt, auf dem jeder machen kann, was er will. Natürlich wollen wir die Reinsfelder bei uns behalten."
Meinung

Keine Chance auf Erfolg
Bei abstiegsbedrohten Fußballvereinen ist es gängige Praxis. Sie suchen nach Verstärkungen und Spielern, die bei ihren bisherigen Klubs nicht richtig zufrieden sind. So ähnlich verhält es sich beim Keller Angebot an die Reinsfelder. Nun darf man Ortsbürgermeister Lehnen gar nicht vorwerfen, dass er einfach mal einen Testballon hat aufsteigen lassen. Denn gerade in Kell ist das Interesse natürlich besonders groß, dass der Status als Amtssitz erhalten bleibt und das Rathaus nicht geschlossen beziehungsweise zu einer Hermeskeiler Nebenstelle degradiert wird. Aber: Sein Vorstoß hat so gut wie keine Chance. Selbst wenn die Mehrheit der Reinsfelder wechselwillig wäre, würden die Hermeskeiler sie nicht ziehen lassen. Das ist auch verständlich. Denn erstens würde sich die VG Hermeskeil dadurch selbst amputieren und mit einem Schlag selbst in Gefahr geraten. Und zum anderen würde sich plötzlich in ihrer Kasse ein riesiges Loch auftun. Denn hinter der Stadt zahlen die Reinsfelder die höchsten Umlagen - 2011 sind es zum Beispiel über 560 000 Euro. a.munsteiner@volksfreund.deExtra

Wie nimmt das rheinland-pfälzische Innenministerium den Vorschlag auf, dass Reinsfeld in die VG Kell wechseln soll? Das wollte der TV von der Behörde wissen. "Grundsätzlich kann die Umgliederung einer Ortsgemeinde aus einer VG in eine andere erfolgen", so die Auskunft von Pressesprecher Eric Schaefer. Es folgt jedoch das große "Aber": "Dafür müssen jedoch hinreichende Gemeinwohlgründe vorliegen. Das Innenministerium wird eine isolierte Umgliederung der Ortsgemeinde Reinsfeld aus der VG Hermeskeil in die VG Kell nicht unterstützen. Denn diese Gebietsänderung würde keine Verbesserung der kommunalen Strukturen bringen." Schaefer weist darauf hin, dass die VG Hermeskeil mit ihren aktuell rund 14 700 Einwohnern durch eine Abwanderung "substanziell geschwächt" würde. "Andererseits wüchse die Einwohnerzahl der VG Kell (selbst bei einem Reinsfelder Beitritt) noch nicht einmal auf die gesetzlich geregelte Mindesteinwohnerzahl von 12 000 an. Wie Schaefer weiter sagt, ist es zwar rechtlich möglich, dass die Reinsfelder in einem Bürgerentscheid über einen Wechsel nach Kell abstimmen. "Da eine Umgliederung aber das Gebiet der VG Hermeskeil betrifft, ist diese zu beteiligen. Ihre Stellungnahme muss in den Entscheidungsprozess über die Gebietsänderung einfließen." ax

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