Weiteres Gutachten soll Klarheit bringen

Wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Tötung muss sich ein 39-Jähriger vor dem Trierer Amtsgericht verantworten. Im November 2008 hatte er auf der B 52 bei Farschweiler mit seinem Auto eine 17-jährige Schülerin erfasst, die noch an der Unfallstelle starb. Der erste Verhandlungstag endete ohne Urteil - zunächst soll noch ein weiteres Gutachten eingeholt werden.

Trier/Farschweiler. Auf der Anklagebank sitzt ein kaufmännischer Angestellter aus Trier. Am 21. November 2008 gegen 18 Uhr befand er sich auf der Heimfahrt von seiner Arbeitsstelle im Hochwald, als sein Auto auf der B 52 bei Farschweiler die 17-jährige Nadine Bigge erfasste. War er an jenem Abend auf der B 52 bei Farschweiler zu schnell unterwegs? Für den Angeklagten und für den Ausgang dieses Verfahrens wird dies zur entscheidenden Frage.

"Dieser Unfall wäre vermeidbar gewesen"



Oberstaatsanwalt Thomas Al brecht stützt seine Anklage auf das Untersuchungsergebnis des technischen Sachverständigen Stefan Haller. Danach sei es erwiesen, dass der Fahrer das dort zulässige Höchsttempo von 70 km/h um rund 40 km/h überschritten habe und die Schülerin mit mindestens 110 km/h vom Auto erfasst worden sei. Albrecht: "Hätte sich der Fahrer an das Tempolimit gehalten, wäre der Unfall vermeidbar gewesen."

Der Angeklagte, selbst Vater von zwei Kindern, steht ein Jahr nach dem Unfall noch sichtlich unter dem Eindruck des tragischen Geschehens. Seine ersten Worte gelten den Eltern des Unfallopfers, die den Prozess als Nebenkläger begleiten. Der Angeklagte: "Wenn ich die Zeit nur zurückdrehen und das Geschehen rückgängig machen könnte."

Allerdings bestreitet er die ihm vorgeworfene Tempoüberschreitung und hebt hervor, dass er trotz seiner Jahresfahrleistung von rund 70 000 Kilometern in jüngerer Zeit nur zwei kleinere Bußgelder erhalten habe. Am Unfallabend sei er wie immer über die B 52 in Richtung Trier gefahren. Bei Dunkelheit und leichtem Regen habe er sich der K-84-Einmündung bei Farschweiler genähert, dabei dort auf gefährliche Abbieger geachtet und plötzlich eine "Bewegung im Dunklen" bemerkt. Der Angeklagte stockend: "Ich zog noch nach links, bremste voll, dann ein Aufprall. Dann habe ich mich umgeschaut und erst gesehen, was passiert ist. Da lag das Opfer auf der Straße, und ein anderer Wagen wäre auch noch fast drüber gefahren."

Der Sachverständige Stefan Haller kommt dann bei seinem Sachvortrag zu dem Ergebnis, dass die Fußgängerin mit einer Geschwindigkeit von 110 bis 115 km/h erfasst wurde. Als Indizien nennt der Experte eine 54 Meter lange Bremsspur, die gravierenden Schäden am Fahrzeug (sogar die vorderen Airbags hatten sich ausgelöst) und die Tatsache, dass das 50 Kilogramm schwere Opfer 62 Meter weit durch die Luft geschleudert wurde.

Im Anschluss an das Gutachterreferat fragt Verteidiger Friedemann Ulbrich nach Details, sucht nach Widersprüchen und stellt einen Beweisantrag: Ein Gerichtsmediziner soll klären, ob das Verletzungsbild des Opfers dem Zusammenprall mit einem 110 km/h schnellen Ford Mondeos entspricht. Dem gibt Amtsrichter Kai Flesch statt und vertagt das Verfahren auf den 17. November, 10 Uhr. Extra Das Unfallgutachten des Sachverständigen beruht auf einem aufwendigen Verfahren: Im Frühjahr 2009 war der Unfall bei denselben Wetter- und Sichtbedingungen mit dem Original-Unfallfahrzeug (Bremsversuche) nachgestellt worden. Um festzustellen, aus welcher Entfernung die Schülerin in der Dunkelheit erkennbar war, wurde eine Puppe mit der Originalkleidung des Opfers an den Straßenrand postiert. Da die Scheinwerfer des Unfallwagens zerstört sind, kam für die Ausleuchtungs-Tests ein zweiter Ford mit gleichen Scheinwerfen wie Unglückswagen zum Einsatz.

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