Wenn beim Weihnachtslied die Erinnerungen lebendig werden

Kell/Reinsfeld/Hermeskeil · Der Weihnachtsmann vergisst niemanden. Auch nicht betagte Menschen, für die das große Fest mit vielen Erinnerungen verbunden ist. In jedem Jahr muss das Heimpersonal noch behutsamer sein, denn ein einziges Weihnachtslied kann in längst vergessene Lebenssituationen zurückführen.

 Die betagten Bewohner freuen sich über den Besuch des Weihnachtsmannes, auch wenn er nur ein Tütchen Gebäck überreicht. TV- Foto: Herbert Thormeyer

Die betagten Bewohner freuen sich über den Besuch des Weihnachtsmannes, auch wenn er nur ein Tütchen Gebäck überreicht. TV- Foto: Herbert Thormeyer

Kell/Reinsfeld/Hermeskeil. Fest umklammert Margarethe Taber die Hand des Weihnachtsmannes. Die 86-jährige Bewohnerin des DRK-Seniorenzentrums in Kell freut sich über die Bescherung, das Singen von Weihnachtsliedern und die heimelige Stimmung.
"Wir waren acht Kinder zu Hause, und es war immer lustig an Weihnachten", erinnert sie sich.
Die Geschenke seien nicht so wertvoll gewesen wie heute, aber die Stimmung an Heiligabend schöner als heutzutage.
"Wenn ich Weihnachtslieder höre, dann weiß ich wieder, wie wir früher am Weihnachtsbaum mit der Familie gesungen haben", erzählt Matthias Treinen. "Mein Vater konnte Violine spielen", erzählt der 75-Jährige mit Glanz in den Augen. Bei Kerzenlicht sei das immer sehr feierlich gewesen. "Mein Vater hieß Nikolaus. Da haben wir immer doppelt gefeiert", lacht Cäcilia Laass. Die 88-Jährige weiß noch gut, wie sie mit ihren sieben Geschwistern um den Weihnachtsbaum tanzte. Obst, Nüsse und Süßigkeiten, das sei etwas gewesen, über das man sich damals noch freute.
"Die Geschenke waren billiger als heute, und wir Kinder waren auch mit kleinen Sachen froh", lässt Heimbewohnerin Olechli Breunislawa ein wenig Kritik anklingen. Große Freude kam immer auf, wenn sie etwas Neues für die Ausstattung ihrer Puppenstube bekommen habe.
Langzeitgedächtnis funktioniert


"Das Langzeitgedächtnis der meisten alten Menschen funktioniert noch gut. Da braucht keiner einen Text für ein Weihnachtslied abzulesen", sagt die stellvertretende Heimleiterin Lydia Schreider. Doch die Reaktionen darauf seien sehr unterschiedlich, mal pure Freude, mal Tränen, denn man wisse ja nie, was die Leute in ihrem langen Leben alles erlebt haben.
"Die Menschen trauern der Zeit nach, als sie noch jung waren und Weihnachten im Kreise ihrer Familie erlebten", weiß Altentherapeutin Anke Haase. Die meisten der 70- bis 90-Jährigen leiden an verschieden starker Demenz, die mit einen Weihnachtslied durchaus durchbrochen wird. Gefühle können verstärkt werden. "Wir lassen die Leute erzählen, sprechen die Gefühle an, denn in solchen Momenten sind manche wieder Kind", erklärt Therapeutin Haase. Zusätzlich helfen sogenannte Präsenzkräfte, die Festtage angenehm zu gestalten. Eine von ihnen ist Inge Kochems (52) aus Gusenburg. "Mir macht das nichts aus, an Heiligabend für die alten Menschen da zu sein, denn die glücklichen Gesichter sind der schönste Lohn", freut sie sich.
Im Hochwald-Altenzentrum St. Klara Hermeskeil wird in der großen Eingangshalle Weihnachten gefeiert. "Einige Bewohner haben die Dekoration selbst gebastelt", sagt Heimleiterin Maria Borrello mit Stolz. Es wird gesungen, und es werden Gedichte aufgesagt. Viele Angehörige sind da und auch mehr Personal als sonst.
Die Senioren-Residenz Haus Veronika in Reinsfeld hat alle Adventsabende gefeiert. An Heiligabend wird auch hier gesungen, Gedichte aufgesagt, und einige Bewohner lesen aus der Weihnachtsgeschichte. doth

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