Wenn Betten Geschichten erzählen: Roscheider Hof startet Sommersaison mit "Bettgeschichten"

Konz · Der leicht frivole Titel täuscht: In der Ausstellung "Bettgeschichten" steht nicht Erotik im Mittelpunkt, sondern ein Stück Alltag unter mal komfortablen, oft schwierigen und manchmal sogar bedrohlichen Verhältnissen. Mit der Schau eröffnet das Freilichtmuseum zugleich die Sommersaison. Seit Sonntag sind die Häuser im "alten Dorf" wieder geöffnet.

 Das amerikanische Feldbett wird nicht mehr auf dem Schlachtfeld zum Einsatz kommen. TV-Foto: Martin Möller

Das amerikanische Feldbett wird nicht mehr auf dem Schlachtfeld zum Einsatz kommen. TV-Foto: Martin Möller

Foto: Martin Möller (mö) ("TV-Upload M?ller"

Es war eine Idee von Ulrich Haas, dem verstorbenen Museumsdirektor. Der hatte im Magazin seines Roscheider Hofes eine Vielzahl von Betten entdeckt - ungefähr 250. Und hatte sich dann gedacht, das könnte gut sein für eine Ausstellung.

Jetzt steht die Schau im Besucherzentrum des Freilichtmuseums. "Bettgeschichten" sollen es sein. Aber dahinter verbergen sich nicht Frivolitäten, sondern wieder einmal die harten Lebenswirklichkeiten der Vergangenheit.

"Die Betten erzählen Geschichte", sagte Geschäftsführer Hermann Kramp zur Eröffnung, begrüßte den Beigeordneten Wischnewski als Vertreter der Stadt und bemühte am Ende sogar den Dichter Eichendorff. Und Ausstellungsmacher Markus Berberich beschwor museale Grundwerte: "Sammeln, bewahren, ausstellen".

Diese Prinzipien bewähren sich bei den "Bettgeschichten" erst auf den zweiten Blick. Die Schau kommt ohne Inszenierungen aus und ohne spektakuläre Höhepunkte. Aber es ist wahr: Hier erzählen die Betten tatsächlich Geschichten. Idyllische Erzählungen sind darunter, aber auch dramatische. Zum Beispiel das Bunkerbett aus dem Jahr 1938 - "Man hatte mir immer erzählt: Du dienst dem Frieden, aber so ganz stimmte das wohl nicht", heißt es im Begleittext. Oder das Krankenhausbett von 1930, das in einem Westwallbunker am Gasthaus Hammer Fähre landete und einer schutzsuchenden Frau als Schlafstatt diente.

Ein Kinderbett aus dem Biedermeier um 1840 fungierte wohl auch als Laufstall: "Ja, die Mutter musste auf dem Bauernhof, in dem ich stand, mitarbeiten." Und ein weiteres Kinderbett, diesmal von 1946, hat man in den Notzeiten damals aus Holzresten zusammengefügt. In dieser Umgebung ist das Bett von 1830 aus dem Kartäuserhof in Trier-Eitelsbach fast ein historisches Dokument. Es entstand nach einem Entwurf von Karl Friedrich Schinkel und gehörte dem Trie rer Großbürger Johann Wilhelm Rautenstrauch. Dessen Sohn Karl Wilhelm wurde preußischer Landtagsabgeordneter - und zugleich ein überaus erfolgreicher Winzer.
Mehr Gestelle als Matratzen


Die meisten Exponate stammen aus dem Magazin des Roscheider Hofs. Sie sind in aller Regel Schenkungen. Einige gingen 2015 und 2016 in den Besitz des Museums über, genau passend zur Ausstellung. Ergänzt wird die Betten-Schau durch all die Kleinigkeiten, die man damals über die Schlafstelle hängte: Bilder, Kreuze, einen hübschen Scherenschnitt und ziemlich patriarchalische Sinnsprüche. Und weil es im Museums-Magazin weitaus mehr Gestelle als Matratzen, Laken und Decken gibt, hat Markus Berberich aus den Gestellen einen "Bettenturm" gebaut - ein bisschen abstrakt, ein bisschen skurril und irgendwie ganz ansehnlich.

Der vergangene Sonntag brachte nicht nur den Start für die Ausstellung, die bis Oktober gezeigt wird, sondern auch die Eröffnung der Sommersaison im Museum. Bis zum Herbst sind jetzt auch die Häuser im alten Hunsrückdorf wieder zugänglich.

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