Wenn der Hahn kräht

FRANZENHEIM. Auf dem Bauernhof von Pia und Josef Michels fällt immer Arbeit an. Besonders im Sommer muss das Ehepaar früh aus den Federn. Derzeit gehören die beiden zu den Langschläfern unter den Frühaufstehern.

 Landwirt Josef Michels aus Franzenheim steht täglich im Stall, um seine Milchkühe zu melken. Urlaub ist für ihn und seine Frau Pia ein Fremdwort. Foto: Kerstin Smirr

Landwirt Josef Michels aus Franzenheim steht täglich im Stall, um seine Milchkühe zu melken. Urlaub ist für ihn und seine Frau Pia ein Fremdwort. Foto: Kerstin Smirr

Es ist ein idyllisches Fleckchen Erde, auf dem der Michelshof liegt. Zwischen Pellingen und Franzenheim, an einer schmalen Straße, führt ein Weg ab zum Bauernhof. Noch ist es etwas diesig, doch wird es erst einmal hell, haben die Michels einen Blick über das Tal hinweg bis zu den Windrädern auf den Höhen bei Gusterath. 1964 errichtete Alfons Michels, der Vater von Josef, seinen landwirtschaftlichen Betrieb an dieser Stelle und verließ das Tal. "Im Dorf unten in Franzenheim hatten wir auf dem Hof meiner Eltern keine Möglichkeit, uns auszudehnen." Vor einigen Jahren übernahmen Sohn Josef und dessen Ehefrau Pia den Betrieb. Wie jeden Morgen kommt der Sohn auch heute in den Stall, um die Kühe zu versorgen. Wenn sie nicht krank wäre, würde auch Pia Michels tatkräftig mithelfen. Schwiegervater Alfons, vor kurzem 80 Jahre alt geworden, versorgt die Kühe mit Gras-Silo. In Reih und Glied stehen sie nebeneinander im Stall, den Josef Michels gerade gemistet hat. "Dann fangen wir mal mit dem Melken an", sagt er. Eben noch zieht er den Kittel über den Blaumann. Die Füße stecken in schwarzen Gummistiefeln. Achtzehn Kühe hat er heute zu melken - das sind eher wenige. Einige Kühe im Stall bekommen bald Kälber und werden daher nicht gemolken. "Das ist deren Urlaub", sagt Josef Michels scherzhaft. Was vor Jahrzehnten noch schwerste Handarbeit war, läuft heute automatisch ab. Ist das Melkwerk am Euter fest, fließt die Milch über Schläuche in ein Rohr. "Es dauert zwischen drei und sieben Minuten, bis eine Kuh gemolken ist", erklärt Pia Michels. Währenddessen läuft die 35 Grad warme Flüssigkeit oben an der Decke durch das Rohr. In einer Wanne wird sie aufgefangen und gekühlt. Alle zwei Tage pumpt ein Fahrer die Milch ab und bringt sie zur Molkerei. Derzeit fällt weniger Arbeit an als in den warmen Monaten. Deshalb gönnen es sich die Michels, ein bisschen später aufzustehen. Doch im Sommer ist Hochbetrieb auf dem Hof, frühes Aufstehen Pflicht und ein später Feierabend sicher - besonders wenn die Getreideernte ansteht oder Silo gemacht wird. Dann sind die Bauersleute schon um halb sechs auf den Beinen. Schlimm findet das Ehepaar die morgendliche Weckzeit aber nicht: "Ich habe mich daran gewöhnt", sagt Pia Michels, die vor ihrer Hochzeit einen Acht-Stunden-Tag hatte und ein freies Wochenende. Schwer sei es nur, wenn sie abends ausgingen, denn schließlich müssten die Kühe jeden Tag gemolken werden. Pia Michels arbeitet zusätzlich sechs Mal im Monat als Nachtbereitschaft in einem Mutter-Kind-Heim. "Wenn ich dann von der Arbeit komme, gehe ich sofort mit in den Stall", erzählt sie. "Das Schlimme ist, dass wir nicht in den Urlaub fahren können, um mal zu entspannen", sagt Josef Michels. Vor 15 Jahren waren die Eltern von zwei Kindern zusammen weg, drei Tage mit dem Kegelverein. Nicht einmal in die Flitterwochen seien sie gefahren. "Das machen wir dann zur Silbernen Hochzeit", muntert Pia Michels ihren Mann auf. Doch nun werden beide erst einmal einen Kaffee genießen. Denn das Frühstück gibt es täglich nach der ersten Arbeit im Stall. Und mittags ein kleines Schläfchen? "Nein, das können wir normalerweise nicht, denn schließlich haben wir immer Arbeit", sagt Pia Michels. "Gegen Viertel nach sieben werde ich heute Abend fertig sein", rechnet ihr Mann sich aus. "Dann werde ich mich noch an den Schreibtisch setzen und den Schreibkram erledigen."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort