Wer saniert, zahlt nur die Hälfte

Trier · Viele Gemeinden im Kreis schlagen Alarm: Ihre Ortskerne drohen zu veröden. Immer mehr Häuser stehen leer oder werden nur noch von Senioren bewohnt. Jetzt soll es Privatleuten erleichtert werden, Wohnraum zu sanieren. Sie können bis zu 50 Prozent der Kosten von den Kommunen und dem Finanzamt erstattet bekommen.

 Leerstände, wie hier in Hermeskeil unweit der Martinuskirche, verschandeln das Ortsbild. Die Gemeinden im Kreis wollen durch Förderanreize für private Bauherren das Ausbluten ihrer Kernzonen verhindern. TV-Foto: Archiv/Axel Munsteiner

Leerstände, wie hier in Hermeskeil unweit der Martinuskirche, verschandeln das Ortsbild. Die Gemeinden im Kreis wollen durch Förderanreize für private Bauherren das Ausbluten ihrer Kernzonen verhindern. TV-Foto: Archiv/Axel Munsteiner

Trier. Was die Bevölkerungsentwicklung angeht, gehen im Kreis Trier-Saarburg nicht so schnell die Lichter aus. Die Lage ist stabil, was auch für die Stadt Trier gilt, doch langfristig schlägt auch in der Eifel, im Hochwald und an Saar und Mosel der demografische Wandel durch. In einigen Regionen gibt es bereits Alarmzeichen: Häuser in Ortskernen sind verwaist.
In der Verbandsgemeinde (VG) Hermeskeil stehen in den meisten Gemeinden fünf bis zehn Prozent aller Wohngebäude leer. Rechnet man die Häuser dazu, in denen nur noch eine Person über 70 Jahre lebt, beträgt der Durchschnittswert VG-weit 15 Prozent. In Züsch, Neuhütten und Beu ren-Prosterath könnte in absehbarer Zeit jedes fünfte Haus unbewohnt sein. Das Land will gegensteuern, indem es Vorgaben im Landesentwicklungskonzept für die Flächennutzungspläne macht: Innen- vor Außenentwicklung lautet die Devise bei der Baulandentwicklung (der TV berichtete).

Was können die Gemeinden gegen das Ausbluten der Ortskerne tun? In diesen Tagen informiert die Kreisverwaltung schriftlich alle Ortsgemeinden über städtebauliche Fördermöglichkeiten. Neben den klassischen Programmen der Dorferneuerung und der Städtebauförderung, bei denen Zuschüsse von Bund, Land oder Kommunen möglich sind, thematisiert der Kreis in dem Brief auch ein richtiges "Schnäppchen": Privatpersonen, die Häuser und Wohnungen in Ortskernen modernisieren, können je nach steuerlicher Einstufung bis zu 50 Prozent der Investitionskosten wieder zurückholen.
Voraussetzung ist, dass der Gemeinderat ein Sanierungsgebiet beschließt und tatsächlich eine Wohnverbesserung erreicht wird. Der Bedarf muss vorher von einem Planungsbüro festgestellt werden. Die Bescheinigung der Gemeindeverwaltung kann der Haussanierer dann beim Finanzamt vorlegen.

Die Steuererstattung gibt\'s zusätzlich: Der Paragraf 7 h für erhöhte Absetzungen in städtebaulichen Entwicklungsbereichen ermöglicht es, dass Steuerpflichtige bis zu acht Prozent der Kosten auf acht Jahre absetzen können. Allerdings warnt die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) vor allzu großzügiger Auslegung der Sanierungszonen. "Man kann nicht einfach mal so den ganzen Innerortsbereich zum Sanierungsgebiet erklären", sagt Kreissprecher Thomas Müller, "das muss fundiert begründet sein".
Die steuerliche Förderung habe keine negativen Auswirkungen auf anderen Zuschüsse. Anders sei das bei Dorferneuerungs- und Städtebaumitteln; die könnten nicht gleichzeitig in Anspruch genommen werden, so Müller.

Saarburg ist Modell-Verbandsgemeinde: Freudenburg hat im Rahmen der Dorfmoderation seine gesamte Infrastruktur auf den Prüfstand gestellt und ein Sanierungsgebiet ausgewiesen. Mitarbeiter eines Planungsbüros haben alle infrage kommenden Hausbesitzer über die Fördermöglichkeiten informiert. "Das beste Baugebiet liegt in der Ortsmitte", sagt Bürgermeister Leo Lauer (VG Saarburg), "wir müssen die Attraktivität der Ortskerne erhalten".
Um einen Überblick zu bekommen, wurden - wie in der VG Hermeskeil auch - alle Leerstände erfasst.
Wie ist die Situation in den anderen Verbandsgemeinden des Kreises?: In der VG Schweich gebe es kaum Leerstände, sagt Büroleiter Wolfgang Deutsch. In Alt-Schweich existiere derzeit ein Sanierungsgebiet, Longuich und Trittenheim seien Schwerpunktgemeinden der Dorferneuerung.
Laut Bürgermeister Bernhard Busch steht die VG Ruwer mit der VG Saarburg in Sachen Sanierungsgebiete in Kontakt. Leerstände seien nur in einigen Orten ein Thema. Falls dort Sanierungsgebiete realisiert würden, so Busch, dann wolle man die Förderung auch von VG-Seite durch Programme unterstützen.
Die VG Hermeskeil plant laut Bürgermeister Michael Hülpes, weitere Fördermittel in Höhe von 20 000 bis 30 000 Euro in den Haushalt einzustellen. Familien, die Leerstände durch Neubau oder Sanierung beseitigen, erhalten bereits 5000 Euro plus 1000 Euro pro Kind.
Auch die VG Trier-Land will im Etat 2013 Mittel einbringen, um finanzielle Anreize für Ortskernsanierungen zu geben. "Die Richtlinien werden derzeit konzipiert", sagt Büroleiter Elmar Mertesdorf.
In der VG Kell am See sei Beratung und Projektbegleitung bei Sanierungsprojekten an der Tagesordnung, sagt Bürgermeister Werner Angsten. Leerstände seien noch die Ausnahme.
"Wir haben das Thema im Fokus, Freudenburg ist ein guter Ansatz", meint Verwaltungschef Karl-Heinz Frieden (VG Konz). Ähnlich wie in Ruwer stellt sich das Problem der Leerstände nur in einigen Gemeinden. "An der Obermosel habe ich keine Sorge, da geht die Nachfrage nach Bauland inzwischen schon bis an die Saar", sagt Frieden.

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