Werben um die Alten: Wawern tritt gegen Großstädte an

Wawern · Der Wawerner Ortsbürgermeister Franz Zebe will sein 612-Seelen-Dorf zu einer seniorenfreundlichen Vorzeigekommune machen. Er setzt auf ökologischen Tourismus und Fitnessangebote für ältere Menschen. Jetzt stellt sich die Gemeinde einem Wettbewerb und konkurriert mit Großstädten wie Hannover.

Wawern. Was derzeit die Gemeinde Wawern versucht, ähnelt ein wenig dem biblischen Kampf des kleinen David gegen den riesigen Goliath. Die 612-Einwohner-Gemeinde nimmt an einem vom Bundesfamilienministerium und der Deutschen Post bundesweit ausgeschriebenen Wettbewerb Vital in Deutschland (Vid) für seniorenfreundliche Kommunen teil (siehe Extra).
Neben dem Dorf an der Saar haben auch Städte wie Bochum, Hannover und Fulda ihr Interesse daran bekundet. Sie treten wahrscheinlich im nächsten Jahr in einer Online-Abstimmung auf www.vitalindeutschland.de gegen Wawern an. Die Internetnutzer entscheiden, welche Kommune den Zuschlag bekommt.
Vordergründig geht es in dem Wettbewerb um acht wetterresistente und seniorenfreundliche Fitnessgeräte im Wert von 25 000 Euro, die das Freizeitangebot vor Ort ergänzen sollen. Blickt man über den Rand des Einzelprojekts hinaus, geht es dem Wawerner Ortsbürgermeister Franz Zebe um viel mehr: Er will Schritt für Schritt die Zukunft seiner Gemeinde sichern, indem er ein Gesamtkonzept umsetzt, das den Ort zur Pilgerstädte eines sanften, ökologischen Tourismus für Senioren macht.
"Vielleicht ist das ein bisschen Größenwahn", sagt Zebe schmunzelnd. "Ich hoffe ganz auf den Außenseiterbonus." Er hat die erforderlichen Anmeldeformulare und das Konzept im Alleingang erstellt, so dass Wawern als eine der ersten Kommunen die vollständigen Wettbewerbsunterlagen einreichen konnte. Er habe tagelang am Computer gesessen, erzählt der Ehrenamtler. Sein Grafikdesign-Studium, das der Frührentner in den 1970er Jahren absolviert hat, sei ihm dabei zugutegekommen. Jetzt stellt er sich vor, wie die Internetnutzer, die darüber abstimmen, wer gewinnt, seine Unterlagen mit denen von Großstädten vergleichen, wo sich ganze Abteilungen für Öffentlichkeitsarbeit um solche Dinge kümmern.
Der Ortsbürgermeister hat die Vision einer seniorenfreundlichen Leuchtturmkommune zwischen Konz und Saarburg. Der "Seniorenspielplatz" mit den Fitnessgeräten in freier Natur ist Teil eines größeren Plans, zu dem die drei geplanten Nordic-Walking-Strecken im Naturschutzgebiet Wawerner Bruch (der TV berichtete) genauso wie das denkmalgeschützte Dorfzentrum, der Geschichtslehrpfad und das jüdische Erbe der Gemeinde gehören.
Der Ortschef will seine Gemeinde damit zukunftstauglich machen. Eine andere Möglichkeit sieht Zebe nicht. Die Wachstumsgrenzen habe Wawern erreicht. Der Ort liege inmitten von Natur- und Wasserschutzgebieten. Neue Baugebiete oder Gewerbeflächen könnten zum Beispiel nicht mehr erschlossen werden.
Rückendeckung für seine Pläne bekommt Zebe unter anderem vom ehemaligen Präsidenten der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion in Trier, Josef Peter Mertes. Er sichert in einem Schreiben seine Unterstützung zu. Er begrüße, dass Zebe dazu beitragen will, die Lebensqualität für ältere Menschen in der Region zu steigern. Stefanie Koch, Geschäftsführerin der Saar-Obermosel-Touristik, betont, dass die Gemeinde für die touristischen Ziele auf jeden Fall Gästezimmer schaffen müsse. Mit Blick auf die alternde Gesellschaft hält sie es für sinnvoll, ein Angebot für Senioren zu schaffen. Bei der Kreisverwaltung Trier-Saarburg drückt Landrat Günther Schartz dem kleinen Ort an der Saar die Daumen. Der Kreis werde Wawern in seinem Bestreben unterstützen und bei der Online-Abstimmung helfen.
Extra

Das Bundesfamilienministerium, die Deutsche Post und weitere Partner haben die Initiative Vital in Deutschland (Vid) entwickelt. Ihnen geht es darum, Leuchtturmkommunen in Sachen Seniorenfreundlichkeit zu schaffen. Konkret sollen ältere Menschen besser an allen Bereichen des öffentlichen Lebens beteiligt werden, egal ob es Kultur, Bildung, Sport oder Freizeit ist. Der Gewinner des Wettbewerbs wird über eine Online-Abstimmung über die eingereichten Konzepte ermittelt. Er bekommt acht Fitnessgeräte im Wert von 25 000 Euro. Alle Teilnehmer werden in der Internet-Datenbank unter www.vitalindeutschland.de als seniorenfreundliche Kommunen aufgenommen. So können sie ihre Angebote deutschlandweit bekanntmachen. cmk

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