Wider das Vergessen

KONZ. "Jüdische Zeugnisse im Raum Konz" lautete der Titel der ersten öffentlichen Veranstaltung des Fördervereins Synagoge Könen e.V. Dort fanden sich nicht nur geladene Gäste oder Vereinsmitglieder ein, sondern auch Interessierte aus Konz, Könen und anderen Orten.

Der in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule Konz verantaltete Vortrag entwarf ein umfassendes Bild jüdischen Lebens in der Konzer Region von seinen Anfängen bis heute. Den Schwerpunkt legte Referent Willi Körtels auf die Zeit des Nationalsozialismus, der jüdischem Gemeindeleben und jüdischer Kultur ein Ende setzte.Ausdruck kulturellen Selbstbewusstseins

Jüdisches Leben war - bis 1933 - schon seit langem ein Teil der Dorfgemeinschaften gewesen. So ist in Wawern und Filzen spätestens seit 1711 eine jüdische Familie nachweisbar, in Oberemmel sogar seit 1695. Gegen Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts wurden in zahlreichen Gemeinden Friedhöfe angelegt und Synagogen errichtet. Dies war einerseits auf die wachsende Anzahl von Menschen jüdischen Glaubens zurückzuführen, aber auch Ausdruck eines neu entstandenen kulturellen Selbstbewussteins und Entfaltung jüdischer Kultur. Laut Zeitzeugenberichten, so Körtels, seien die jüdischen Mitbürger in die Dorfgemeinschaft integriert gewesen. So hätten auch Christen an jüdischen Begräbnisfeiern teilgenommen oder am Shabbath, dem Tag der Arbeitsruhe, in jüdischen Haushalten ausgeholfen. Allerdings "gab es aber immer auch das andere, so etwas fand sich auch in Trier und Umgebung", fügte Marianne Bühler hinzu. In kirchennahen Zeitungen ist um 1900 ein spürbarer Antisemitismus nachzuweisen. Spätestens mit der Pogromnacht am 9. November 1938 fand die Integration der Juden ins Gemeindeleben ein abruptes Ende. Synagogen wurden in Brand gesteckt, die Friedhöfe wurden geschändet, so auch der Könener Friedhof. Ab 1939 wurden jüdische Dorfbewohner in Zwangsunterkünften in Trier oder Köln, so genannten Judenhäusern, untergebracht. Ab 1941 wurden sie in die Konzentrationslager deportiert, so auch die jüdischen Bürger aus Konz und Umgebung: vorwiegend nach Theresienstadt, Litzmannstadt (Lodz) und Auschwitz. Der 2002 gegründete Förderverein hat sich weitere Ziele gesetzt als die chronologische Aufarbeitung der Ereignisse; so konnte Willi Körtels erfolgreich Kontakte zu den wenigen Überlebenden des Holocausts herstellen. Die Spuren führten ihn bis nach Südfrankreich, Florida oder Kalifornien. Die Gedenkstätten- und Gedächtnisarbeit des Vereins soll noch weiter gehen. "Es geht immer auch um das Öffnen von Herzen", so Robert Reichert, der Vorsitzende des Vereins. Ihm sei sehr an der Einbeziehung der ortsansässigen Bevölkerung in Projekte des Vereins gelegen, denn nur so sei ein ehrliches Gedenken und Aufarbeiten der Geschichte möglich. In Wawern wurde die Synagoge beispielsweise restauriert und ist heute ein Ort der Kommunikation und Kultur. Am europäischen Tag des jüdischen Denkmals, 5. September, wurde eine Führung auf dem jüdischen Friedhof Könen angeboten.Briefe mit Beschimpfungen

Dieses Engagement ruft allerdings auch Kritiker auf den Plan. So hätten Vereinsmitglieder E-Mails und Briefe mit antisemitischem Inhalt erhalten und seien darin beschimpft worden. Gerade deswegen sei die Tätigkeit des Vereins wichtig, erläuterte Reichert, es gehe um Toleranz und Akzeptanz anderer Glaubensvorstellungen, um Anerkennung der Andersartigkeit. Die Synagoge Könen ist seit 1955 in Privatbesitz, damals von der jüdischen Gemeinde Trier erworben. Könen sei für den Verein besonders deswegen wichtig, weil es sich um einen geschichtsträchtigen Ort handele. Man könne durch die unterschiedliche Nutzung der Synagoge Könen die Geschichte sozusagen an ihr und in ihr ablesen, sagte Reichert.

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