Wie das Militär vor 80 Jahren nach Saarburg kam

Saarburg · 1937 haben die Nazis im Stadtteil Beurig eine Kaserne gebaut. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren darin erst Amerikaner und dann Franzosen stationiert. Inzwischen wird das Gelände friedlich genutzt.

 Antreten der französischen Soldaten auf dem Apellplatz der Kaserne.

Antreten der französischen Soldaten auf dem Apellplatz der Kaserne.

Foto: Alexander Schumitz (itz) ("TV-Upload Schumitz"
 Fahnenapell der französischen Soldaten 1960.

Fahnenapell der französischen Soldaten 1960.

Foto: Alexander Schumitz (itz) ("TV-Upload Schumitz"

Viel ist nicht mehr übrig von der ehemaligen Kaserne in Saarburg: Inzwischen sind viele der Wohnblocks Einfamilienhäusern gewichen. In den kommenden Monaten werden auch große Teile des Kasernenareals in Wohnraum umgewandelt. Der Truppenübungsplatz ist mittlerweile Nationales Naturerbe und im Eigentum der Nabu-Stiftung. Nur noch wenige Bauten an die 73-jährige Geschichte des Militärstandorts Saarburg, die vor 80 Jahren mit dem Bau der Kaserne begonnen hat:

Die Mitglieder der französischen Nationalversammlung in Paris ratifizieren am 27. Februar 1936 den französisch-sowjetischen Beistandsvertrag. Der NS-Staat reagiert darauf mit der Besetzung des Rheinlandes. Auf Befehl Adolf Hitlers bereitet der Reichskriegsminister Werner von Blomberg daraufhin ab dem 2. März 1936 den Einmarsch dorthin vor. Fünf Tage später rücken drei Bataillone der Wehrmacht in das Rheinland ein. Sie errichten zunächst Garnisonen in Aachen, Saarbrücken und Trier. Eine militärische Antwort Frankreichs auf diese völkerrechtswidrige Militarisierung des Rheinlands bleibt aus, weil der Generalstab des Nachbarlands keinen Krieg mit dem Deutschen Reich riskieren will; zumal die Briten sich weigern, ihre französischen Bündnispartner zu unterstützen. Hinzu kommt, dass der Völkerbund sich mehr mit einem afrikanischen Konflikt beschäftigt: Das faschistische Italien führte seit Oktober 1935 mit dem ostafrikanischen Kaiserreich Abessinien (dem heutigen Äthiopien) Krieg.

Diese Entwicklungen sind die Voraussetzung dafür, dass Saarburg im Oktober 1937 zur Garnisonsstadt wird. Am Rande des Kammerforsts werden auf einer neuneinhalb Hektar großen Ackerfläche - das entspricht der Größe von 15 Sportplätzen - zunächst neun Kasernengebäude errichtet. In Richtung Irsch wird zudem ein Teil des Kammerforsts für einen Truppenübungsplatz gerodet.

Valentin Eibes, seinerzeit NSDAP-Kreisleiter und Bürgermeister der Stadt Saarburg sowie ein enger Freund des Gauleiters Gustav Simon, betont in einer Ansprache vor Bauarbeitern, dass mit dem Bau der Kaserne in Beurig das "Vaterland wehrbar gemacht" werde. Bernd Gehlen beschreibt im Beuriger Lese- und Bilderbuch die Arbeiten zum Bau der Kaserne ausführlich. Zunächst sei der Kammerforst bis zum Hasar (dem Bereich der heutigen Cité Sud) abgeholzt worden. Die geschlagenen Buchen seien noch vor Ort zu Eisenbahnschwellen behauen worden. Und weiter: "Die Wurzelstöcke konnten von den Beuriger Familien ausgegraben und als Brennholz verwandt werden. Mit dem anfallenden Aushub wurden teilweise die Kiesgruben zwischen Serriger Straße und Waldesruh aufgefüllt." Tag und Nacht - so Gehlen - sei an den Bauten gearbeitet worden, "so dass die Kaserne im Mai 1938 fertiggestellt und bezogen war". Doch mit der Kaserne ist der Ausbau des Militärstandorts Saarburg-Beurig noch nicht abgeschlossen. Nahtlos wird damit begonnen, die Westwall-Anlagen zu errichten.

Die Trierer Nationalzeitung schreibt im Winter 1939 über Beurig: "Es wimmelt auf allen Wegen und Straßen von Lastwagen, ein Schutzmann regelt den Verkehr. Die Baustellen liegen voll Material, darunter Zementsäcke, Moniereisen, Stacheldraht. An einem Panzerwerk angekommen, sehen wir zunächst innerhalb des Gewirrs der Drahtverhaue einige Stahlbuckel und Panzertürme. Weit vor uns zieht sich das Band der Höckerhindernisse. Gärtner sind damit beschäftigt, den Riesenbuckel mit Gras zu säen (wegen der Tarnung). Dazwischen immer wieder Menschen, die keinen Augenblick zu rasten scheinen, auch sie wurden zu Hunderten aus allen Städten mobilisiert." Gehlen berichtet weiter, dass auf den Wiesen der Gerberei Keller ein Arbeitsdienstlager eingerichtet war. Zudem hätten sich viele Landwirte mit ihren Fuhrwerken verdingt, um das für den Bau der Anlagen notwendige Material zu transportieren. Nach der Besetzung Frankreichs im Mai 1940 dürfte es auf der Westwallbaustelle für einige Jahre ruhiger geworden sein. Doch nach der Invasion der Alliierten in der Normandie im Sommer 1944 gehen auch die Arbeiten an der Saarburger Westwallfestung weiter. Ende Februar 1945 ist der NS-Spuk für Saarburg schließlich vorüber. Ohne große Gegenwehr nimmt die 94. Infanteriedivision der Amerikaner um die Generäle George S. Patton und Harry J. Malony die Festung Beurig am 26. Februar 1945 ein.

Bis Juni 1945 bleiben die Amerikaner in Saarburg. Dann zieht - bereits im Juli - ein französisches Kommando in die Kaserne ein. Sechs Jahre später entstehen die lange Zeit das Bild von Beurig prägenden Wohnblocks für die Angehörigen der Soldaten. Doch nach 65 Jahren wird auch dieses Kapitel Saarburger Militärgeschichte geschlossen. Das 16. Jägerbataillon ist die letzte französische Einheit, die 2010 aus Saarburg abgezogen wird. Ein Moment, an den sich viele Saarburger bis heute mit Wehmut erinnern: Endet damit doch auch die Beziehung zu Menschen, mit denen in der Zeit der Stationierung Freundschaften entstanden sind. Oberst Franck Nicol sagt bei der Abschiedszeremonie: "Das 16. Jägerbataillon sagt nicht Adieu, sondern Auf Wiedersehen."

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