Aktuelle Prognose: Sommer-Temperaturen und dann Blutregen? So wird das Wetter an Ostern
EILMELDUNG
Aktuelle Prognose: Sommer-Temperaturen und dann Blutregen? So wird das Wetter an Ostern

"Wie die Spinne im Netz"

Sie erinnert an die Gräueltaten der Nazis und ihr perfides System der Verfolgung und Inhaftierung unschuldiger Opfer an mehreren Stätten der Unmenschlichkeit: Die Landeszentrale für politische Bildung hat gestern an der Gedenkstätte im Hochwald ihre neue, 170 Seiten starke Broschüre "Das SS-Sonderlager/KZ Hinzert und andere Orte des Verbrechens in den Lagersystemen der NS-Zeit" vorgestellt.

 Buchvorstellung vor preisgekröntem Gebäude: Volker Schneider, Uwe Bader, Beate Welter und Dieter Schiffmann (von links) werfen einen Blick in die neue Broschüre der Landeszentrale für politische Bildung über das Lager Hinzert. TV-Foto: Axel Munsteiner

Buchvorstellung vor preisgekröntem Gebäude: Volker Schneider, Uwe Bader, Beate Welter und Dieter Schiffmann (von links) werfen einen Blick in die neue Broschüre der Landeszentrale für politische Bildung über das Lager Hinzert. TV-Foto: Axel Munsteiner

Hinzert-Pölert. Vor genau 75 Jahren, am 30. Januar 1933, begann mit der Machtergreifung Adolf Hitlers und seiner nationalsozialistischen Partei das dunkelste Kapitel unserer Geschichte, das Deutschland in einen Abgrund unvorstellbarer Verbrechen und unermesslichen Leids stürzte.Die Landeszentrale für politische Bildung hat diesen Jahrestag zum Anlass genommen, eine neue Broschüre (Preis zwei Euro) mit zehn Aufsätzen zu veröffentlichen, die auf den Ergebnissen einer historischen Fachtagung in der Gedenkstätte Hinzert im März 2006 basieren. Der inhaltliche Schwerpunkt der Publikation liegt zwar auf wissenschaftlichen Beiträgen über das einstige SS-Sonderlager und KZ im Hochwald (siehe Extra), in dessen Dokumentationszentrum das 170-Seiten-Werk am Dienstag auch vorgestellt wurde. "Wir wollen in der Broschüre aber das ganze Bild des Grauens zeigen, mit dem die Nazis und ihr System der Konzentrationslager in Deutschland und den besetzten Staaten Europas den Terror allgegenwärtig machten", betont Dieter Schiffmann, Direktor der Landeszentrale.Dokumentation der Qualen soll Transparenz schaffen

Denn auch wenn heutzutage die meisten Menschen nur den Typus der Konzentrationslager und speziell den der Vernichtungslager wie Auschwitz kennen, war der Repressionsapparat der Nazis viel größer. Sie richteten von 1933 bis 1945 Arbeitserziehungslager, Polizeihaftlager, Ghettos und andere Sonderformen ein, in denen überall Menschen gefangen gehalten und gequält wurden. "In dieses krakenartige System war eigentlich jede Region in Deutschland eingebunden", sagt Uwe Bader, Leiter des NS-Dokumentationszentrums Rheinland-Pfalz. Allein das verhältnismäßig kleine KZ Hinzert war gleichsam "wie die Spinne im Netz" (Schiffmann) und hatte 29 Außenlager, die bis Fulda und Mannheim reichten. "Beispielsweise mussten viele Häftlinge, besonders nach 1942, in privaten Rüstungsbetrieben Zwangsarbeit leisten", informiert Volker Schneider, einer der Redakteure. Auch die große Bedeutung, die das Lager Hinzert im Ausland hat, vor allem in Luxemburg oder Frankreich, kommt in der Broschüre zur Sprache. Zudem sind die Bemühungen um den Aufbau eines möglichst vollständigen Häftlingsverzeichnisses ein wichtiges Thema. "Die rund 13 000 Gefangenen waren nicht nur Nummern. Wir wollen ihnen auch einen Namen geben. 5300 sind schon erfasst. Diese Aufgabe wird uns aber noch lange beschäftigen", sagt Beate Welter, die Leiterin des Hinzert-Hauses. Bei der Buchvorstellung verwies die Landeszentrale auch auf eine aus ihrer Sicht "erfreuliche Besucherstatistik" . Über 25 000 Menschen haben seit der Eröffnung im Dezember 2005 die Dauerausstellung im Dokuzentrum in Augenschein genommen. Außerdem erhielt das 3,2 Millionen Euro teure Gebäude, das vom Architekten-Team "Wandel, Hoefer, Lorch und Hirsch" entworfen wurde, vor einigen Tagen den "Preis für Architektur in Deutschland 2007" des Deutschen Architekturmuseums. "Auch diese Anerkennung ist wichtig. Denn neben dem historischem Inhalt trägt auch die Attraktivität des Gebäudes dazu bei, dass sich der Name Hinzert eingeprägt hat", so Schiffmann.EXTRA SS-Sonderlager/ KZ Hinzert: Das Lager Hinzert wurde 1939 als Polizeihaftlager für "straffällige" Westwallarbeiter errichtet. Ab Juli 1940 diente es vor allem als "Durchgangslager" für luxemburgische, belgische, niederländische und französische Häftlinge, die später in die Konzentrationslager Buchenwald oder Dachau deportiert wurden. Viele von ihnen waren Widerstandskämpfer. Am 16. März 1945 wurde es von der US-Armee befreit. In den sechs Jahren seines Bestehens litten rund 13 000 Männer aus 20 Ländern im Lager Hinzert. Mindestens 321 Menschen wurden dort ermordet oder starben an Krankheit, Entkräftung oder Hunger.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort