Wie Saarburg vom Hochwasser befreit wurde

Saarburg · Bis vor 30 Jahren überflutete die Saar zwei Mal jährlich die Stadt Saarburg. Ein Riesenproblem. 1987 war damit Schluss. Hochwasserschutzmauern und ein Damm waren im Rahmen der Saarkanalisierung entstanden. Klaus Wagner, ehemaliger Leiter der Bauabteilung der Saarburger Verbandsgemeindeverwaltung, schildert in einer Broschüre mit vielen Bildern, wie das "Jahrtausendbauwerk" zustande kam.

Saarburg. "Ein Jahrhundertwerk ist vollendet." So lautete die Schlagzeile im Saarburger Kreisblatt zur Einweihung der Schifffahrtsstraße Saar im Oktober 1987. Für die Stadt Saarburg beginnt mit diesem Datum eine neue Ära - weniger wegen der Schifffahrt, als vielmehr wegen des gleichzeitig errichteten Hochwasserschutzes.Bürgermeister Jürgen Dixius nennt diesen gar ein "Jahrtausendbauwerk". Seine Entstehungsgeschichte hat Klaus Wagner, bis vor sieben Jahren Leiter der Bauabteilung der VG-Verwaltung, in einer Broschüre mit Bildern zusammengefasst. Das Büchlein haben die beiden zusammen mit Verleger Hans-Peter Merten nun vorgestellt. Wagner sagt: "Ohne den Hochwasserschutz wäre die Altstadt heute eine Ruinenstadt. Die Leute wären von dort weggegangen, sie hätten nichts mehr renoviert."Dixius erinnert sich: "Das jährlich wiederkehrende Hochwasser hat die Unterstadt geprägt. Zwei Mal pro Jahr musste alles hochgeräumt werden." Die Feuerwehr habe zusammen mit den städtischen Arbeitern Notstege aufgebaut, die mittels heute noch existierender Haken an den Häusern befestigt worden seien. Boote seien durch die Straßen gefahren. Dixius: "Vor allem für den Staden war das Hochwasser ein Riesenproblem." Wagner betont, dass sich der frühere Stadt- und Verbandsbürgermeister Hans Houy für den höchstmöglichen Hochwasserschutz starkgemacht habe. Houy hatte dabei die Bevölkerung hinter sich. Die betroffenen Bürger forderten einen Schutz vor einem 200-jährlichen Ereignis, wie er auch für die saarländischen Orte vorgesehen war. Dafür mussten die Schutzvorrichtungen im Vergleich zur ursprünglichen Planung um zwölf Zentimeter erhöht werden. Das wiederum rief die Denkmalpflege auf den Plan. Sie hielt die Auswirkungen einer solchen Erhöhung auf das Stadtbild für "unvertretbar". Schließlich wurde ein Kompromiss gefunden: Die landeinwärts versetzten Mauern durften erhöht werden. Für die senkrechte Uferwand wurde ein mobiler Hochwasserschutz vorgeschlagen, dem die Bürger zunächst misstrauten. Ein Unternehmen aus Pirmasens hat ihn schließlich eigens entwickelt. Er besteht aus Aluminium-Dammbalken mit Gummidichtungen. Neben Uferwand und Mauern schützt ein Damm die Saarburger vor einem möglichen Hochwasser und zwar im Stadtteil Niederleuken.Bürgermeister Houy ist laut Wagner auch aktiv geworden, als 1980 ein Baustopp für die Saarkanalisierung drohte, weil dem Bundesverkehrsministerium schlicht das Geld ausgegangen war. Es vergab deshalb den Streckenausbau Saarburg-Serrig zunächst nicht. Nach einer Resolution von VG-Rat und Kreistag gab es im August 1982 Entwarnung. Das Geld floss wieder.Kritische Stimmen überregional

Für einen Autor der Zeitschrift Stern war die Saarkanalisierung allerdings "ein Musterbeispiel dafür, wie anderweitig dringend benötigte Steuermillionen den Bach runtergehen." Auch solche Kritik thematisiert Wagner in seiner Broschüre. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung zitiert er mit den Worten: "Das einst malerische Ortsbild der Stadt Saarburg hat durch die Kanalisierung der Saar viel an Reiz verloren." Klaus Wagner sagt dazu: "Die Kritik kam nicht aus der Bevölkerung, sie kam eher von außen." Drei Jahre habe die Baumaßnahme gedauert, nicht jeder sei mehr an sein Haus rangekommen, aber es habe im Gegensatz zu anderen Baustellen keinen Widerstand gegeben. Wagner: "Die Leute haben die Einschränkungen hingenommen. Als eine Firma die letzte Mauerlücke beim Hochwasser an Weihnachten vorübergehend zugeschüttet hat, waren die Leute am Staden begeistert und haben für die Bauarbeiter gesammelt."In der 48 Seiten dicken Broschüre beschreibt Wagner aber auch, dass ein Stadenanwohner das Planungspersonal in "unflätigerweise Weise" beleidigt habe, weil er es nicht hinnehmen wollte, dass ihm die Aussicht auf die Saar verbaut wurde. Die Broschüre "Hochwasserschutz in Saarburg" gibt es für 12,90 Euro im Amüseum, in der Buchhandlung Volk und beim Verlag Mertenmedia in Kastel-Staadt.Extra

Der ehemalige Feuerwehrmann Martin Esser, der heute in Trassem lebt, erinnert sich an die kuriosen Seiten des Hochwassers: "Die Gastwirte haben mit dem Räumen immer bis zur letzten Minute gewartet. So stand das Wasser 80 Zentimeter hoch in der Gaststätte Maximini. Wir Feuerwehrleute haben auf den Hockern gestanden und die letzten Biere getrunken." Bis nachts zwei, drei Uhr sei die Feuerwehr mit dem Boot kontrollieren gefahren, von Gaststätte zu Gaststätte. Sie habe geschaut, ob die Pumpen dort funktionierten. Damit die Fensterscheiben nicht durch den Wasserdruck zerstört wurden, seien sie mit verkeilten Brettern, geschützt worden. Einmal sei bei Maximini doch eine Scheibe zu Bruch gegangen. Das Wasser sei von hinten in die Gaststätte hineingeschossen und vorne wieder raus. Esser: "Das Leergut wurde rausgespült." Zwei Bierfässer seien hinter der Theke geschwommen und hätten noch an den Leitungen gehangen. Der Wirt habe weiter gezapft. mai Liebe Leserinnen, liebe Leser, kennen auch Sie Anekdoten aus der Zeit des Hochwassers? Dann melden Sie sich beim TV per Telefon unter 0651/7199435 oder per E-Mail: m.maier@volksfreund.de

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