Wincheringer sorgen sich um ihren Dorfladen

Wincheringen/Nittel · Der Wincheringer Gemeinderat stellt sich gegen den Bau eines 1200 Quadratmeter großen Supermarkts in Nittel. Das Gremium begründet die Entscheidung damit, dass die Auswirkungen auf den Einzelhandel im eigenen Ort nicht genug untersucht worden seien. Die Mitglieder haben Angst um ihren Dorfladen.

 Kämpferisch: Der Wincheringer Ladeninhaber Matthias Pinnel ist davon überzeugt, dass ihm Konkurrenz in Nittel keine Kunden kosten würde. TV-Foto: Alexander Schumitz

Kämpferisch: Der Wincheringer Ladeninhaber Matthias Pinnel ist davon überzeugt, dass ihm Konkurrenz in Nittel keine Kunden kosten würde. TV-Foto: Alexander Schumitz

Wincheringen/Nittel. Nittel hätte gerne einen 1200 Quadratmeter großen Frischemarkt. Der Nachbarort Wincheringen fühlt sich dadurch bedroht. Der Gemeinderat hat in nichtöffentlicher Sitzung abgelehnt, dass die im Raumordnungsplan erlaubten 800 Quadratmeter Verkaufsfläche in Nittel überschritten werden. So lässt sich die Situation an der Obermosel darstellen.
Dass Nittel zusammen mit dem Investor Beda Regiebau und dem Betreiber Edeka einen Supermarkt samt Seniorenheim bauen will, ist bekannt. Dass das Projekt in Nittel stockt, weil der Betreiber des Seniorenheims im gleichen Komplex abgesprungen ist, hat der TV kürzlich berichtet ("Warten auf den Supermarkt in Nittel, 10. Januar). Der Nitteler Ortschef Peter Leo Hein hat auch klargemacht, dass er in Absprache mit Wincheringen eine größere Verkaufsfläche realisieren möchte. Der Nachbarort muss zustimmen, denn Nittel und Wincheringen gelten in der Landesplanung als kooperierendes Grundzentrum und müssen zusammenarbeiten.Gemeinsames Konzept fehlt


Die Position der Wincheringer war noch nicht klar. Nach der Sitzung zum Supermarkt-Thema im Gemeinderat gab es nur eine kurze Stellungnahme von Jürgen Dixius, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Saarburg: Es fehle noch die Grundlage, den Nitteler Anträgen zuzustimmen. Zudem gebe auch kein Konzept zur im Raumordnungsplan geforderten Kooperation der Gemeinden.
Jetzt äußert sich der Wincheringer Ortschef Elmar Schömann etwas ausführlicher. Einen 800 Quadratmeter großen Markt könne der Investor jederzeit in Nittel bauen, betont er. Der Ansiedlung eines größeren Markts stimme der Wincheringer Rat aus mehreren Gründen nicht zu: "In einem vorliegenden Gutachten sind die Auswirkungen auf den in der Ortsgemeinde Wincheringen bestehenden Einzelhandel nicht hinreichend untersucht worden." Der Ortschef führt weiter aus, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass ein großer Frischemarkt in Nittel den Bestand in Wincheringen gefährde.
Mit Bestand meint Schömann den 300 Quadratmeter großen Laden in Wincheringen. Im Gegensatz zu den Nitteler Nachbarn, die nur noch mit einem mobilen Bäckereifahrzeug versorgt sind, gewährleistet das Geschäft die Grundversorgung im Ort.
Die Auffassung des Rats teilt Matthias Pinnel, dem das Geschäft Am Markt gehört. Pinnel sitzt für die Grünen im Wincheringer Gemeinderat und im VG-Rat. "Unsere Familie ist seit mehreren Jahrzehnten Mitglied in der Edeka-Genossenschaft", sagt er. Der Laden biete drei Vollzeitarbeitsplätze. Angst, dass seine Kunden künftig in Nittel einkaufen würden, wenn dort ein 1200-Quadratmeter-Laden gebaut würde, hat er keine. Seine Kunden kämen vorwiegend aus Wincheringen. Pinnel hat auch grundsätzliche Bedenken: "Ein Supermarkt rechnet sich erst ab 5000 Einwohnern im Ort. Das Problem löse ich, weil ich eine Gemischtkalkulation aufmachen kann." Neben dem Laden ist Pinnel Inhaber einer Bäckerei in dem Ort an der Obermosel. Außerdem ist er an einem Nudelhersteller beteiligt und Vertriebspartner der luxemburgischen Sektkellerei Poll-Fabaire in Deutschland.
Anders als Pinnel hat ein Sprecher der Edeka-Gruppe in der vergangenen Woche herausgestellt, dass sich eine Neuansiedlung zwischen Perl und Konz auf jeden Fall lohne - auch mit Blick auf mögliche Kunden aus Luxemburg.
Der Nitteler Ortschef Peter Leo Hein kritisiert, dass er aus dem TV erfahren musste, dass die VG Saarburg und die Wincheringer eine Gesamtkonzeption für die Obermosel anstrebten und ihnen das vorliegende Gutachten nicht ausreiche. Weil der Antrag für die größere Verkaufsfläche und das Gutachten seit Januar 2013 in Wincheringen und Saarburg vorlägen und es gemeinsame Gespräche gegeben habe, sei er enttäuscht. Dabei sei ein größerer Markt mit Frischeangebot ein Gewinn für die Obermosel.Meinung

Alle profitieren vom Frischemarkt
Es ist nicht verständlich, dass der Wincheringer Rat sich gegen die Pläne der Nitteler stellen will. Gerade weil sich der Wincheringer Ladenbesitzer nicht durch einen großen Frischemarkt gefährdet sieht, lässt einen die Sorge des Gemeinderats um den Bestand ratlos zurück. Dabei könnten von einem Frischemarkt in Nittel alle profitieren. Die Nitteler hätten endlich eine Versorgung vor Ort. Das wäre eine gute Botschaft für die Bürger des Obermoselorts. Und mancher Wincheringer wäre froh, wenn er das, was er nicht in dem kleinen Laden vor Ort bekommt, im nahe gelegenen Nachbarort einkaufen kann. c.kremer@volksfreund.de Der erste Anlauf, aus den beiden Gemeinden an der Obermosel ein koopierendes Grundzentrum zu formen, musste schiefgehen. Und dass, weil die Nitteler nur auf ihre Dorfentwicklung geschaut haben, statt mit den Nachbarn gemeinsam eine Strategie für den Einzelhandel zu entwickeln. Bei dieser Frage geht es nicht darum, wie einzelne vor Konkurrenz geschützt werden. Vielmehr geht es darum, Konzepte zu entwickeln, die beiden Gemeinden Raum für Entwicklung lassen. Deshalb ist das ablehnende Votum der Wincheringer zu begrüßen. Mit dem Schuss vor den Bug sollte auch den Nittelern klar sein, dass man gemeinsam weiterkommt. saarburg@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort