Windkraft bewegt nur wenige Bürger

Hermeskeil · Für die Kommunalpolitiker ist die Errichtung von neuen Windrädern in der Verbandsgemeinde (VG) Hermeskeil seit langem ein heißes Thema. Die Bürger scheint es aber ziemlich kalt zu lassen. Nur rund 80 Zuhörer wollten sich am Donnerstagabend in der Hochwaldhalle über den aktuellen Stand der Dinge informieren. Von einer Ausnahme abgesehen gab es keine offene Kritik am geplanten Bau vieler neuer Räder.

Hermeskeil. Die Stadt Hermeskeil will Windräder, Reinsfeld und Beuren sowieso, Gusenburg, Grimburg, Geisfeld und noch einige andere Orte auch. Entsprechende Verträge mit Investoren aus der Branche haben viele Gemeinden schon unter Dach und Fach. Über 60 Anlagen würden sich künftig auf dem VG-Gebiet drehen, wenn denn alle diese Pläne auch verwirklicht würden. Davon geht Bürgermeister Michael Hülpes (CDU) aber nicht aus. Bei der Infoveranstaltung am Donnerstagabend in der Hochwaldhalle sieht er sich der recht bescheidenen Kulisse von nur rund 80 Zuhörern gegenüber, wobei darunter noch viele Kommunalpolitiker sind. Einer von ihnen ist Ottmar Muno. Das Hermeskeiler Stadtratsmitglied fragt Hülpes nach der von ihm erwarteten Anzahl neuer Räder. Die Antwort des Rathaus-Chefs: "Das kann man noch überhaupt nicht sagen. Meine persönliche Einschätzung ist, dass es weniger sein werden, als in den Pachtverträgen vorgesehen." Gegenüber dem TV sagt Hülpes dann am Freitag: "Realistisch sind 30 bis 40 Anlagen."Denn auf dem Weg bis zum Bau der neuen Windräder gibt es noch viele Fragezeichen und "unklare Rahmenbedingungen", wie es Frank Böhme in der Hochwaldhalle formuliert. Der Fachmann aus Kaiserslautern bereitet mit seinem Büro die Änderung des Flächennutzungsplans (FNP) der VG Hermeskeil vor. Darin werden die Stellen festgelegt, auf denen die weißen Riesen stehen sollen (siehe Extra).Deshalb will Martina Eiden-Marx aus Rascheid wissen, wann der FNP denn vom VG-Rat verabschiedet werden kann und somit Klarheit über die künftigen Standorte herrscht. "Es müsste schon alles optimal laufen, wenn wir noch in diesem Jahr den Planungsprozess durchlaufen können", sagt Hülpes. Fest stehen einige Kriterien, die sich die VG selbst auferlegt hat. Erstens: Einzelräder sind tabu. Es kommen nur Flächen infrage, auf denen mindestens drei Anlagen errichtet werden können. Zweitens: Entlang der A 1 stehen bereits viele Räder. "Wir wollen dieses vorbelastete Landschaftsbild nutzen. Wenn dort noch einige Anlagen neu hinzukommen, ist das aus unserer Sicht akzeptabel", sagt Hülpes. Drittens: Zu Wohnhäusern wird ein Mindestabstand von 1000 Metern eingehalten.Nur bei diesem Punkt regt sich offene Kritik: Monika Müller-Haupenthal aus Höfchen macht sich Sorgen, dass sie sich wegen des geplanten "Windparks Hochwald" in ihrem Wohnhaus auf Schattenwurf und eine erhöhte Lärmbelastung einstellen muss. "Ich muss mich gegen diese Dinger wehren", sagt sie später dem TV. Auch Heinz Bonerz meldet sich zu Wort und bezieht sich auf die jüngsten Berichte, wonach seltene Tiere wie die Mopsfledermaus oder der Wanderfalke die Windkraftpläne in der Region in Gefahr bringen könnten: "Ich habe das Gefühl, dass auf den Tierschutz mehr Rücksicht genommen wird, als auf die Menschen. Das gibt mir zu denken", sagt der Grimburger. Der Beurener Revierförster Jürgen Jacoby bekennt sich als klarer Windkraft-Befürworter. "Jedes Rad hilft uns, von der Atomenergie wegzukommen. Wir haben doch Cattenom vor der Haustür."Dieser Aussage stimmt auch Hülpes zu. Er verhehlt aber nicht, dass es in der VG politischer Konsens ist, dass die Windkraft unter finanziellen Gesichtspunkten eine "Chance" für die Orte darstellt. "Die Unterhaltung von Bürgerhäusern oder gute Straßen sind alles Aufgaben, die bezahlt werden müssen. Wenn wir in unseren Dörfern die Lebensqualität erhalten und etwas gegen die Abwanderung tun wollen, brauchen wir Geld", so der Rathaus-Chef. Bei der Aufstellung der Windräder wolle man aber "maßvoll vorgehen. Wir wollen in unserem Landschaftbild auch Ecken haben, wo wir nicht auf Windräder schauen. Deshalb konzentrieren wir uns auf die A1 und lassen beispielsweise die Waldgebiete am Rösterkopf und an der Hohen Wurzel frei". Meinung

Keine Anzeichen für GegenwindEs ist schon erstaunlich: Während es beispielsweise im Soonwald erbitterte Proteste gegen weißen Riesen gibt und erst kürzlich im direkt benachbarten Nonnweiler die Interessengemeinschaft "Windwahn" gegründet wurde, bleibt die Bevölkerung der Verbandsgemeinde Hermeskeil von den weitreichenden Plänen in ihrer Heimat scheinbar unberührt. Dass nur so wenige Bürger zum aktuellen Infoabend gekommen sind, kann man entweder als Indiz dafür betrachten, dass den Leuten das Thema gleichgültig ist. Oder es ist so, dass die Hermeskeiler VG-Bürger den Windkraftwunsch der Gemeinden akzeptieren, weil ihnen der damit verbundene Geldsegen bewusst ist und sie damit einverstanden sind, dass der Hochwald bei der Erzeugung von erneuerbaren Energien eine Schlüsselrolle spielen will. Fakt ist jedenfalls: Es gibt in der ganzen VG nur eine belastbare Zahl, wie die Bürger über die Windkraft denken. Dabei handelt es sich um die Umfrage in Gusenburg, bei der sich Ende 2011 rund 85 Prozent der Abstimmenden hinter die Windkraftpläne ihrer Gemeinde gestellt haben. Es ist reine Spekulation, ob es in den anderen Orten genauso große Rückendeckung gibt. Fest steht aber: Anzeichen für aufkommenden Gegenwind bei der Errichtung neuer Anlagen gibt es rund um Hermeskeil bis heute nicht. a.munsteiner@volksfreund.deExtra

Mit dem Infoabend hat die VG der gesetzlich vorgeschriebenen Bürgerbeteiligung bei der Änderung des Flächennutzungsplans (FNP) Rechnung getragen. Im weiteren Prozess müssen nun im Frühjahr die übergeordneten Behörden gehört werden. Dabei liegen noch einige Klippen vor den Hermeskeilern. So sind zum Beispiel die Vorgaben aus Mainz noch offen, weil das neue Landesentwicklungsprogramm (LEP IV) in Sachen Windkraft nicht vorliegt. Unklar ist zudem, was beispielsweise die Kreisverwaltung Trier-Saarburg - die letztlich den Bau von Windrädern genehmigt - beispielsweise zu den Auswirkungen der geplanten Windräder auf das Landschaftsbild sagt. Denn fast alle von Hermeskeiler Seite vorgeschlagenen Standorte liegen im Naturpark Saar-Hunsrück. Ein weiterer Problempunkt ist der Schutz seltener Arten. Weil möglicherweise die neuen Windräder den Lebensraum von Wanderfalke, Mopsfledermaus und Co. berühren, fordert die Kreisverwaltung die VG zur Erstellung eines tierökologischen Gutachtens auf. Nicht geklärt ist derzeit aber, ob diese Untersuchung für das gesamte VG-Gebiet oder nur für die ausgewählten Standorte - sie umfassen etwa zwölf Prozent der VG-Gesamtfläche - vorgelegt werden muss. Außerdem fordert die VG, dass sie bei dem tierökologischen Gutachten auf die Ergebnisse zurückgreifen darf, die die Investoren der Windräder selbst schon in Auftrag gegeben haben. ax

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