Windkraft: Einzelräder künftig tabu

Trier · Nach Auswertung von fast 1000 Wünschen von Kommunen und Verbänden hat die Landesregierung nun die zweite Anhörung zum Landesentwicklungskonzept "erneuerbare Energien" gestartet. Fazit aus Kreissicht: Besser als vorher, aber noch längst nicht gut.

Trier. Die Kommunen in Rheinland-Pfalz warten sehnsüchtig auf die Fortschreibung des Landesentwicklungskonzepts (LEP) IV. Darin gibt die Landesregierung die Rahmenbedingungen vor, wo Windkraftstandorte prinzipiell erlaubt sind, wo sie unter gewissen Bedingungen erlaubt sind und wo überhaupt nichts geht (siehe Extra).
Derzeit sind die Kommunen und Verbände zum zweiten Mal aufgefordert, zum LEP Stellung zu beziehen. Bei der ersten Anhörung waren 1000 Anregungen und Bedenken nach Mainz geschickt worden, im April auch vom Kreistag (der TV berichtete). Damals lautete der Tenor, die Vorgaben der Landesregierung seien zu schwammig, die Planer (Gemeinden, Verbandsgemeinden) hätten wenig Rechtssicherheit und viel Klärungsbedarf durch Gutachten, was aufwendig und teuer sei.
Landrat: Nur nach Gefühl


Als der Kreisausschuss gestern die Stellungnahme zum überarbeiteten LEP-IV-Entwurf bei einer Enthaltung absegnete, änderte sich an der Grundkritik wenig. "Nach Auffassungen des Landkreises sind die Anforderungen an einen geeigneten Ausbau der Windenergie durch die Regionalplanung nicht erfüllbar", heißt es in einer Passage. Die planenden Gemeinden würden noch nicht einmal auf Sicht fahren, bemühte Landrat Günther Schartz ein Bild aus dem Straßenverkehr, "sie fahren auf Gefühl". Das LEP beiße sich mit Naturparkverordnung und Vogelschutz. Für jedes Windrad müssten die Verbandsgemeinden eine Befreiung im Flächennutzungsplan nachweisen. Beispiel Mopsfledermaus: Tauchen Wochenstubenquartiere der streng geschützten Art auf, wie jetzt im Hochwald (der TV berichtete), dann gilt ein Radius von fünf Kilometern als Tabuzone für Windräder - es sei denn, man weist nach, dass die Nachtjäger nur in eine Himmelsrichtung ausschwärmen und anderswo nicht durch Rotorblätter beeinträchtigt werden. Und das gilt für jeden Einzelfall, denn eine übergreifende Untersuchung des Bestandes gibt es nicht. "Der Auslegungsspielraum ist zu groß, das wird zu Klagen führen", meinte Bernd Henter (CDU). Ingeborg Sahler-Fesel (SPD) hält das LEP für verbesserungswürdig, sie räumt aber auch ein, dass "der Spagat zwischen Naturschutz und Energiegewinnung sowie Dollarzeichen und Windrädern schwierig ist". Die oft jahrelang brachliegenden Vorranggebiete für Rohstoffe sollten als Windkraftfläche stärker genutzt werden, meinte Heide von Schütz (Grüne). Und Hugo Kohl (FWG) warf Umweltministerin Eveline Lemke Klientelpolitik zugunsten von Umweltgruppen vor.Meinung

Alptraum Windkraft
Der Traum vom schnell verdienten Geld aus der Windkraft wird wohl bei vielen Kommunen ein Traum bleiben. Im Hochwald könnten die Mopsfledermaus oder der Wanderfalke dafür sorgen, im Saarburger Raum der Schwarzstorch - und wer weiß, was sonst noch alles für Getier auftaucht. Aber der Vogelschutz ist nicht das einzige K.o.-Kriterium. Als Hürden könnten sich auch die Naturparks erweisen. Alleine der Naturpark Saar-Hunsrück erstreckt sich über knapp die Hälfte des Kreisgebiets. Die Krux für planende Kommunen ist, dass die Naturparkverordnungen, die das Landschaftsbild schützen sollen, nicht auf das Landesentwicklungskonzept abgestimmt sind, ja ihm sogar zuwiderlaufen können. Wer Windräder möchte, muss sich erst einmal durch einen dicken Dschungel mit vielen Fallstricken kämpfen. a.follmann@volksfreund.deExtra

Ausgeschlossen werden Windenergieanlagen in Naturschutzgebieten, Kernzonen von Biosphärenreservaten, im Unesco-Weltkulturerbe Oberes Mittelrheintal und am Obergermanisch-Raetischen Limes. Neu: In Kernzonen des Naturparks Pfälzerwald und historischen Kulturlandschaften (etwa die Moselregion), wobei diese Gebiete von den regionalen Planungsgemeinschaften abzugrenzen sind. Neu ist auch, dass Einzelanlagen nur dann erlaubt sein sollen, wenn am Standort planungsrechtlich weitere Anlagen im räumlichen Verbund gebaut werden können. Die "Windhöffigkeit" wird nun definiert (mindestens 5,8 bis 6 Meter pro Sekunde auf 100 Meter Höhe). Das Ziel, zwei Prozent der Landesfläche und davon zwei Prozent als Waldfläche bereitzustellen, wurde zum Grundsatz abgestuft: Diese Vorgaben können planerisch abgewogen werden. Alte Laubholzbestände sollen frei von Windrädern bleiben. alf

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