Windkraftgegner pochen auf Artenschutz

Hermeskeil · Die Interessengemeinschaft Rettet den Hochwald bemängelt weiterhin die Windkraftplanung der Verbandsgemeinde Hermeskeil. Auch der im März geänderte Entwurf ignoriere Brutplätze geschützter Vögel, sagen die Kritiker. Sie haben nun Nachweise für zwei Rotmilan-Horste vorgelegt. Der zuständigen Naturschutzbehörde beim Kreis reichen diese Belege aber offenbar nicht aus.

Hermeskeil. Hat die Verbandsgemeinde (VG) Hermeskeil bei ihrer Windkraftplanung den Artenschutz genug beachtet? Darüber streiten VG-Vertreter und die Interessengemeinschaft (IG) Rettet den Hochwald seit längerem. Ausgangslage: Im März hatten die Windkraftgegner die Verwaltung aufgefordert, gezielt nach Brutplätzen des streng geschützten Rotmilans zu suchen. Rund um diese Horste verlangte die IG, im Entwurf des neuen Flächennutzungplans Schutzzonen auszuweisen, in denen kein Windrad gebaut werden darf. Das wies der VG-Rat jedoch zurück. Er verlangte konkrete Nachweise für die Horste und beschloss, den Planentwurf nach notwendigen Änderungen wegen des Landschaftsbilds (der TV berichtete) erneut der Öffentlichkeit vorzulegen. Bürger, Behörden und Institutionen können den Plan noch bis zum 15. Juni einsehen. Neue Erkenntnisse der Windkraftkritiker: Die Interessengemeinschaft hat ihre Bedenken bereits in Form von Mustereinsprüchen formuliert, die sie Bürgern zur Verfügung stellt. Sie kritisiert weiterhin, dass neben den in der Planung berücksichtigten Rotmilan-Horsten noch weitere existierten, die nicht beachtet würden - und kann dafür laut IG-Sprecher Karl Diller inzwischen Beweise liefern.Am Lascheider Hof in Hermeskeil habe man im Juni 2015 Rotmilan-Jungvögel fotografiert und in diesem Frühjahr die Rückkehr der Vögel "dokumentiert", sagt Diller. Im Gebiet des dort geplanten Windparks Hochwald habe man zudem ein Paar des seltenen Greifvogels Kornweihe fotografiert. Um dessen Nest sei ein 1000-Meter-Schutzradius einzuhalten. Auch das Brutgebiet eines Neuntöters sei wieder besetzt. Ein weiterer Rotmilan-Horst bei Hinzert-Pölert sei auch dem Forst bekannt - was Bernhard Buss, Leiter des Forstamts Hochwald, dem TV bestätigt. Geforderte Konsequenzen: Alle diese Hinweise habe man an die VG und an die untere Naturschutzbehörde beim Kreis Trier-Saarburg geschickt. Laut Diller würde die Ausweisung entsprechender Schutzabstände um die benannten Brutplätze eine weitere Verringerung der Windkraftflächen bedeuten. Tabuzone Mopsfledermaus: Auch bei der Frage nach dem Schutzabstand zu Wochenstuben der Mopsfledermaus sieht Diller inzwischen eine klare Linie. Im Saarland gelte mittlerweile eine Tabuzone für Windräder von einem Kilometer. Im Dezember sei der Antrag eines Investors für vier Räder bei Sitzerath daran gescheitert. Im nahen Grimburg hätten Investoren ihre Pachtverträge mit der Ortsgemeinde wegen der Mopsfledermaus gekündigt. Die VG Hermeskeil müsse diese Tabuzone nun ebenfalls anerkennen und ans Saarland angrenzende Flächen aus ihrem Plan streichen. Das sagt der VG-Chef: Laut Bürgermeister Michael Hülpes werden alle Einwände am 6. Juli im VG-Rat abgewogen. Er halte die vorgelegten Artenschutz-Gutachten nach wie vor für "gut" und "tragfähig", sagt Hülpes. Sie berücksichtigten auch Rotmilan und Mopsfledermaus. Die Schutzabstände seien nur "Empfehlungen", die durch gezielte Untersuchungen zum Verhalten der Tiere, sogenannte Aktionsraumanalysen, reduziert werden könnten: "Wir werden unsere Planung jetzt konsequent zu Ende bringen." Das sagt die Kreisverwaltung: Der unteren Naturschutzbehörde reichen die von der IG erbrachten Nachweise für Horste und Brutgebiete offenbar nicht aus. Für die Flächennutzungsplanung seien "nur Nachweise von aktuell besetzten Horsten, die von einem anerkannten Vogelgutachter bestätigt werden", aussagekräftig, heißt es auf TV-Anfrage. Meldungen von unbesetzten Horsten oder Flugsichtungen ohne konkrete Bestätigung eines Horstes hätten "auf Ebene des Flächennutzungsplanes keine Planungsrelevanz". Diese Informationen würden erst im späteren Genehmigungsverfahren für die Windkraftanlagen umfassend untersucht. Man habe die Hinweise aber an die Planer der VG weitergeleitet mit der Bitte, dass deren Vogelgutachter "planungsrelevante Auswirkungen" auf vorgesehene Windkraftflächen bewerten sollen. Sollten die Gutachter einen besetzten Horst bestätigen, sei "auf jeden Fall" im nachgeordneten Genehmigungsverfahren eine "Raumnutzungsanalyse" für den Rotmilan erforderlich. Damit könne man dann die Schutzabstände zu den Horsten konkret beurteilen. Reaktion der IG: Die IG fordere die Verbandsgemeinde auf, die Rotmilan-Horste bei Hinzert und am Lascheider Hof "sofort durch Vogelkundler beurteilen" zu lassen, teilt Diller mit. "Wir sind sicher, dass beide bestätigt werden." Damit seien "im Planentwurf die Flächen für Windräder zu verringern".Meinung

Schwer nachvollziehbarDie Verbandsgemeinde Hermeskeil hat sich bei ihrer Flächennutzungsplanung für Windenergie ein zähes Ringen mit der Kreisverwaltung und der unteren Naturschutzbehörde geliefert. Im März wurde nach jahrelangem Hin und Her ein Kompromiss gefunden. Daran soll nun offenbar nicht mehr gerüttelt werden. Das ist verständlich aus Sicht der VG und der Ortsgemeinden, die sich endlich am Ziel wähnen und nicht mehr länger auf die ersehnten Pachterlöse warten wollen. Nachvollziehbar ist das Ganze aber nicht. Sicher, im März waren die Hinweise der Interessengemeinschaft auf möglicherweise besetzte Rotmilan-Horste noch vage. Inzwischen sind sie aber dokumentiert. Für die Naturschutzbehörde ist das erst "planungsrelevant", wenn ein anerkannter Vogelgutachter besetzte Horste bestätigt. Für diesen Fall weist die Behörde allerdings nicht auf dann notwendige Eingriffe in die Flächennutzungsplanung hin. Stattdessen erklärt sie, dass später auf jeden Fall weitere Analysen zur Festlegung konkreter Schutzabstände nötig sind - aber erst im Genehmigungsverfahren für die Windräder. Für Außenstehende ist das nur schwer verständlich. Und es erweckt schon ein wenig den Eindruck, als wolle man die Planung jetzt ungeachtet der neuen Hinweise abschließen - und alles Weitere auf später verschieben. c.weber@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort