Windräder rücken weiter von der Stadt weg

Hermeskeil · Der Hermeskeiler Stadtrat hat dem klaren Votum der Einwohnerumfrage vom 25. Mai Rechnung getragen und am Dienstagabend seine bisherigen Windkraftplanungen mit der 1000-Meter-Abstandsregelung geändert. Beim Bau neuer Räder müssen größere Entfernungen zu Wohnhäusern eingehalten werden, so dass nur noch vier statt zehn Anlagen auf städtischem Gebiet möglich sind. Beim Standort eines Rads wird aber eine Ausnahme gemacht.

Hermeskeil. Die Windkraft und dabei speziell die Frage, wie weit Räder von Wohnhäusern weg stehen müssen, war in Hermeskeil das beherrschende Thema im Kommunalwahlkampf.
Es gab am 25. Mai sogar eine amtliche, für den Stadtrat aber nicht bindende Einwohnerumfrage. Deren Ergebnis war deutlich: Nur 588 abstimmende Bürger unterstützten den bis dato festgelegten Mindestabstand von 1000 Metern.
1688 Hermeskeiler (knapp 73 Prozent) sprachen sich hingegen dafür aus, dass beim Bau von Rädern die zehnfache Nabenhöhe einer Anlage eingehalten wird. Diese Formel entspricht praktisch einer Distanz von 1400 Metern. Seit Dienstagabend steht nun fest: Die Stadt wird ihre bisherigen Planungen unter Berücksichtigung des Einwohnervotums verändern. Das bedeutet größere Abstände zu Wohnhäusern und weniger Anlagen.
Der Rat hat das bei vier Gegenstimmen - je zwei von der FWG- und der BFB-Fraktion - beschlossen. "Wir haben einen guten Kompromiss gefunden, um in der Sache weiterzukommen. Wir wollen Windkraft in Hermeskeil, aber in maßvoller Reduktion", betonte Stadtbürgermeister Mathias Queck (CDU). Ray Zawalski stellte als Vertreter der Investorenfirma Gaia die Änderungen vor, "in denen wir die Wünsche der Bevölkerung eingearbeitet haben".

Anzahl der Anlagen: Ursprünglich wollte Gaia auf städtischem Gebiet zehn Räder errichten. Acht im Windpark Süd Richtung Nonnweiler, zwei im Windpark Hochwald nahe des Lascheiderhofs. Wegen der schärferen Abstandsregel fallen sechs Räder weg. Es sind nur noch Standorte für vier Anlagen im Windpark Süd vorgesehen. Sie befinden sich östlich der L 151 im Wald. Es liegen aber nur drei Räder hinter der 1400-Meter-Grenze.

Der Sonderfall: Eine Anlage steht exakt 1139 Meter von Wohnhäusern entfernt, die es im etwas außerhalb der Stadt gelegenen Gewerbegebiet Im Adrian (Felke-Siedlung) gibt. Ute Eiden (BFB) kritisierte das: "Das entspricht doch nicht dem Bürgerwillen. Es gibt also Leute, die keinen 1400-Meter-Abstand haben." Queck entgegnete dem, dass auch die Interessen der Investoren gesehen werden müssen, "die ihre Räder möglichst nahe beieinanderhalten wollen. Unter Abwägung aller Gesichtspunkte sind vier Anlagen vertretbar." Friedbert Knop von der VG-Verwaltung wies zudem darauf hin, dass der Adrian als Gewerbe- und nicht als Wohngebiet ausgewiesen ist und dort ein anderer "rechtlicher Schutzstatus" als innerhalb einer Ortslage besteht. Von Häusern im Außenbereich müssten Windräder nach den gültigen Vorgaben nur 500 Meter entfernt sein.

Umspannwerk: Gaia plant neben den Anlagen auf Hermeskeiler Gebiet auch drei Anlagen in der angrenzenden saarländischen Gemeinde Nonnweiler. Um den Strom dieser Räder ins Netz einspeisen zu können, wird ein Umspannwerk gebaut. Dessen vorgesehener Standort befindet sich auf einem Flurstück in der Nähe der Biogasanlage am Hermeskeiler Stadtrand. Dort verläuft schon eine Trasse mit Hochspannungsleitungen. Man habe einen Standort "mit geringster Sichtbarkeit gewählt", so Zawalski dazu, dass das Umspannwerk später versteckt hinter einem kleinen Wäldchen liege.

Pachteinnahmen: Queck erinnerte im Stadtrat noch einmal daran, dass im Kommunalwahlkampf das Argument vorgebracht wurde, dass die Investoren Ansprüche auf Schadensersatz stellen würden, wenn Anlagen wegen geänderter Abstandsregel gestrichen werden müssen. Das sei aber keineswegs der Fall. Die Verhandlungen mit Gaia gingen so aus, "dass es bei den ursprünglich veranschlagten Pachteinnahmen bleibt", betonte auch Zawalski. Konkrete Summen wurden in der Sitzung nicht genannt. Wie im TV schon früher berichtet, wurden aber Einnahmen von 65 000 Euro pro Rad und Jahr ausgehandelt. Bei einer Vertragslaufzeit von 20 Jahren bedeuten die sechs wegfallenden Anlagen, dass die Stadt in diesem Zeitraum 7,8 Millionen Euro weniger an Einnahmen erhält. Mit dem "ökonomischen Schaden für die Stadt" hatte Thomas Museler auch die Ablehnung der FWG begründet.Meinung

Folgerichtig, aber nicht konsequent
Die aktuelle Entscheidung des Stadtrats war keine Überraschung, weil sie schon seit dem 25. Mai feststand. Es war klar, dass sich die meisten Hermeskeiler Politiker dem eindeutigen Votum ihrer Bürger anschließen und nicht auf dem alten 1000-Meter-Abstand beharren würden. Die nun beschlossene Änderung der Windkraftplanung war insofern folgerichtig. Allerdings kann es der neue Bürgermeister Mathias Queck durchaus als Erfolg verbuchen, dass er einvernehmliche Verhandlungsergebnisse mit den Investoren erzielen konnte und bei diesem brisanten Thema zumindest auf städtischem Gebiet recht schnell Klarheit geschaffen wurde. Ganz konsequent ist der neue Windkraftkurs der Stadt aber nicht. Denn dass auch ein Rad zugelassen wird, dass weniger als 1400 Meter von den Wohnhäusern in der Felke-Siedlung entfernt ist, hat zweierlei Folgen. Zum einen wird damit ein kleiner Teil der Hermeskeiler Bürger in der Tat anders behandelt als der große Rest. Zum anderen haben die Stadtpolitiker in den nun anstehenden Debatten auf VG-Ebenen einen argumentativen Nachteil. Denn es wird ihnen nun schwerer fallen, die Vertreter der Nachbarorte wie Gusenburg, Rascheid oder Geisfeld davon zu überzeugen, dass diese auf ihrem Gebiet keine Räder bauen sollten, die weniger als 1400 Meter von den Hermeskeiler Stadtteilen Höfchen oder Abtei entfernt wären. a.munsteiner@volksfreund.deExtra

Die Forderung nach größeren Abständen von Windrädern zu Wohnhäusern wurde vor allem von der Interessengemeinschaft (IG) Rettet den Hochwald wiederholt erhoben. Sie hatte auch die Formel "Zehnfache Nabenhöhe einer Anlage" in die Diskussion gebracht. Deren Sprecher, der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Karl Diller, sagt zum Ergebnis der Stadtratssitzung: "Es ist ein sehr erfreulicher Beschluss, der allerdings einen Wermutstropfen hat. Unsere Forderung wurde nicht hundertprozentig erfüllt. Es wäre uns lieber gewesen, wenn man auch Rücksicht auf die Bewohner der Felke-Siedlung genommen hätte." Alfons Keil lebt in diesem Gewerbegebiet. Ein wenig fühlt er er sich schon als "Bürger zweiter Klasse. Ich muss aber mit diesem Beschluss leben", sagt er im TV-Gespräch. Insgesamt bewertet Keil aber die geänderte Windkraftplanung der Stadt "schon als Verbesserung". ax

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