"Wir brauchen den langen Atem der Eltern"

SAARBURG. Unterschiedliche Erfahrungen machen die Haupt- und die Realschule Saarburg mit ihrem Ganztags-Angebot. Seit einem halben Jahr werden Schüler auf freiwilliger Basis auch nachmittags betreut.

Seit Herbst 2001 beschäftigt sich sowohl die Haupt- als auch die Realschule intensiv mit der Umsetzung des Themas Ganztagsschule. Realschul-Konrektor Norbert Jungblut ist sich sicher: "Gesellschaftspolitisch ist das Thema wichtig. Wenn wir ein solches Angebot in Kindergärten und Grundschulen fordern, muss es auch konsequent fortgeführt werden." Darum bemühen sich die beiden Schulen seit September vergangenen Jahres. Vorausgegangen ist eine Umfrage bei den Eltern, nach der an der Realschule nach Auskunft Jungbluts etwa 30 Prozent für die Ganztagsschule auf freiwilliger Basis gewesen seien. Der Schuleltern-Beirat habe der Idee zunächst distanziert gegenüber gestanden und keinen dringenden Bedarf gesehen. An der Hauptschule habe es laut Rektor Manfred Wischnewski "sehr gute Resonanz" gegeben. 60 Prozent der Eltern und auch der Schulelternbeirat seien von Anfang an dafür gewesen. Dabei betrifft das zusätzliche Angebot an der Realschule die Klassen fünf bis acht, an der Hauptschule die Stufen fünf bis neun. Mit 105 von insgesamt 320 Jungen und Mädchen fragen die Hauptschüler das Novum stärker nach als die Realschüler. Dort waren ab September 88 von 880 Schülern auch nachmittags in der Schule. Inzwischen sind es nur noch 70. Ein wichtiges Element der Betreuung ist das Mittagessen in der Schul-Aula. Dafür ist neues Mobiliar angeschafft, eine provisorische Küche eingerichtet worden. Das weitgehend fertige Komponenten-Essen muss vor Ort nur noch gewärmt werden. "Das gemeinsame Essen ist für unsere Kinder ganz wesentlich, da sich viele ansonsten sehr unregelmäßig ernähren. Zudem erleben sie auf diese Weise Gemeinschaft neu", erläutert Rektor Wischnewski. Anschließend stehen an beiden Schulen Hausaufgaben-Betreuung und verschiedene Arbeitsgemeinschaften zu Komplexen wie Informatik, Fußball, Selbstverteidigung, Theater, Fotografieren und anderem auf dem Stundenplan. Wünsche der Jungen und Mädchen nach bestimmten Angeboten versucht Nicolas Sieger, als Lehrer der Realschule mit der Organisation des Stundenplans betraut, so gut es geht zu berücksichtigen. Allerdings gilt: Das Nachmittags-Programm ist ebenso verpflichtend wie die Anwesenheit zu den übrigen Schulstunden. Nach den ersten sechs Monaten kristallisieren sich an beiden Schulen unterschiedliche Schwerpunkte heraus. So wittert Manfred Wischnewski vor allem die Chance, "die Sozialkompetenz zu fördern und die Gemeinschaft zu vertiefen". Überdies zeige die Hausaufgabenbetreuung vereinzelt erste Erfolge. An der Realschule seien vor allem die Hausaufgaben-Betreuung sowie das "Freizeit"-Angebot die wichtigsten Kriterien. Allerdings bilanziert Jungblut nach dem ersten Halbjahr: "Einige sind körperlich und geistig überfordert, haben aufgegeben." Die Schule hat reagiert und räumt der Hausaufgabenbetreuung mehr Zeit ein. Einig sind sich beide Schulvertreter darüber, dass das Angebot sehr positive Perspektiven zwischen Schülern und Lehrern eröffnet. "Man bekommt eine ganz andere Beziehung zum Kind, führt viel mehr Einzelgespräche. Und auch die Schüler gehen mit ihren Lehrern anders um, öffnen sich viel mehr als bisher." Als "gefährlich" sehen beide an, dass die Nicht-Ganztagsschüler die Ganztagsschüler "runterziehen". "So lange das Angebot freiwillig ist, laufen wir immer Gefahr, dass uns die Schüler abspringen." Josef Brittnacher, Konrektor der Hauptschule, appelliert auch an die Eltern: "Die Eltern wollen häufig den schnellen Erfolg. Wir brauchen aber auch ihren langen Atem."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort