"Wir leiden mit, wenn andere Fehler machen"

Fisch-Rehlingerhof · Timo Bömmels führt einen Ferkelaufzuchtsbetrieb mit 90 Zuchtsauen. Jedes Jahr kommen auf seinem Hof über 2200 Ferkel zur Welt, die der Landwirt an Schweinemäster weiterverkauft. Das Geschäft mit den Ferkeln läuft gut, doch immer wieder drücken Skandale oder Seuchen den Ferkelpreis nach unten.

Fisch-Rehlingerhof. Es ist ruhig und stickig warm, ein beißender Geruch nach Schwein macht das Atmen schwer. Im Halbdunkel zeichnen sich die Umrisse von dicken Sauen ab, die regungslos in schmalen Einzelboxen auf der Seite liegen, die Beine von sich gestreckt, zwei Reihen praller Zitzen offenbarend.
Jenseits der Gitterstäbe hängt neben jeder Muttersau eine Heizlampe von der Decke, unter deren rotem Licht sich ein Dutzend winziger Ferkelchen zusammendrängen. "Wenn die Mutter nicht eingesperrt wäre, bestünde die Gefahr, dass sie versehentlich ihre Jungen zerquetscht", erklärt Timo Bömmels aus Fisch-Rehlingerhof.
Bömmels ist Ferkelerzeuger. In seinem Betrieb hält er 90 Sauen der Deutschen Landrasse, eine Schweineart mit guten Muttereigenschaften, und zwei Eber für die Besamung. Jährlich kommen über 2200 Ferkel in seinem Betrieb zur Welt. Diese bleiben nur so lange auf dem Hof, bis sie 30 Kilo wiegen. Dann werden sie an einen Schweinemastbetrieb im Saarland verkauft, wo sie auf ihr Schlachtgewicht von 120 Kilo gemästet werden. "Ich selbst hätte dafür weder den Platz noch die Arbeitskraft", sagt der 37-Jährige, der seinen Betrieb allein bewirtschaftet. Damit die Ferkel für den späteren Verzehr überhaupt taugen, muss Bömmels alle männlichen Tiere kastrieren. "Die männlichen Hormone würden dem Fleisch einen ungenießbaren Geschmack geben", sagt Bömmels, "bis auf die Verarbeitung in der Salami wäre es unbrauchbar."
Innerhalb der ersten Woche nach der Geburt dürfen Ferkel ohne Betäubung kastriert werden, danach müsste der Tierarzt kommen, was zusätzliche Kosten bedeuten würde. So hängt Bömmels seine wenige Tage alten Ferkel in eine Haltevorrichtung und kneift ihnen mit einer Zange die Hoden ab. Am Anfang sei ihm das nicht leichtgefallen, sagt er.
Bömmels Betrieb besteht bereits seit 1935, als die Großeltern ihn als Mischbetrieb mit ein paar Kühen, Schweinen und Hühnern gründeten. Es war der Enkel, der dem Familienbetrieb mit der Ferkelerzeugung Anfang der 90er Jahre eine ganz neue Richtung gab.
Seitdem läuft es gut, der Hof ist auf Wachstumskurs. Vor zwei Jahren erweiterte Bömmels seine Stallungen. Für das nächste Jahr plant er, seine Stückzahl auf 130 Sauen zu erhöhen. "Wenn Kinder für die Hofnachfolge da wären, könnte man den Betrieb sogar auf 250 Sauen vergrößern", sagt er.
Im Schnitt verdient Bömmels zwischen zehn und 15 Euro an jedem Ferkel, doch immer wieder machen Skandale oder Seuchen den Preis kaputt. Vor zehn Jahren brach die Schweinepest im nahe gelegenen Beuren aus, damals durfte Bömmels eine zeitlang gar keine Ferkel verkaufen. Zuletzt drückte der Dioxinskandal im Frühjahr den Ferkelpreis um fast ein Viertel nach unten. Bömmels ärgert sich über die raffgierigen Futterpanscher, die dafür verantwortlich waren: "Wir leiden immer mit, wenn andere Fehler machen."
Extra

In Rheinland-Pfalz werden aktuell 246 000 Schweine (davon 19 600 Sauen) gehalten - das sind so wenige, wie nie zuvor: Allein gegenüber dem Vorjahr hat die Anzahl der Schweine in Rheinland-Pfalz um 1,6 Prozent abgenommen. Auch die Anzahl der Schweinebetriebe (Zuchtsauen- und Mastschweinehalter) verzeichnet seit Jahren einen drastischen Rückgang: Während es 1999 noch 4250 Schweinehalter in Rheinland-Pfalz gab, waren es 2009 bereits weniger als 1500. Derzeit gibt es noch etwa 400 Schweinehalter in Rheinland-Pfalz. beke

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