"Wir sind keine Sündenböcke"

Die Ärzte in der Verbandsgemeinde (VG) Hermeskeil sehen sich in Kell zu Unrecht in der Kritik: Sie stellen klar, dass Patienten aus diesem Gebiet während der Notdienstzeiten nicht nur die Bereitschaftszentrale in Saarburg aufsuchen können, sondern auch in der diensthabenden Praxis in Hermeskeil behandelt werden. Hausbesuche machen sie mittwochsnachmittags und an den Wochenenden im Raum Kell jedoch nicht.

Hermeskeil/Kell am See. Zu einem ungewöhnlichen Schritt haben sich die notdienstleistenden Ärzte in der VG Hermeskeil entschlossen. In einer gemeinsamen Stellungnahme haben sie erklärt, dass sie nicht die "Sündenböcke" dafür seien, dass in der VG Kell der Notdienst neu organisiert wurde und dies dort bei Patienten Unmut hervorgerufen habe. Hintergrund: Hatten zuvor die Ärzte aus Kell und Zerf mittwochsnachmittags und an den Wochenenden diese Versorgung unter sich geregelt, so ist seit Oktober 2008 die Bereitschaftszentrale im Saarburger Krankenhaus für die Bevölkerung der gesamten VG zuständig (der TV berichtete).

Ein Umstand, der insbesondere in Kell und den Nachbarorten Mandern, Waldweiler, Heddert und Schillingen auf Widerstand stößt. Dort hätten es Ärzte und viele Patienten nämlich lieber gesehen, wenn diese fünf Orte beim Notdienst dem näher gelegenen Hermeskeil zugeordnet worden wären. Diesem Wunsch sollte eine von sechs Frauen initiierte Liste Nachdruck verleihen, die von circa 1000 Menschen unterschrieben wurde.

Keine Hausbesuche in Kell und Umgebung

Als Reaktion darauf stellen die Hermeskeiler Ärzte ausdrücklich klar: "Um Versorgungsmissstände zu vermeiden, sind wir gerne bereit, während der organisierten Notfallzeiten die Notfallpatienten der VG Kell in unseren Praxen zu behandeln". Sie machen zugleich aber eine Einschränkung: Weil die Behandlung der Patienten des eigenen Notfallgebiets nicht durch die neue Keller Notdienstregelung leiden dürfe, ist aus Sicht der Hermeskeiler Mediziner eine Ausweitung des Fahrdienstes über die bisherigen Grenzen ihres Zuständigkeitsbereichs "nicht zu verantworten". Sprich: Im Keller Raum, so der dezidierte Hinweis der Hermeskeiler Ärzte, "müssen Hausbesuche weiterhin durch die Notdienstzentrale in Saarburg geleistet werden", wo ein Mediziner extra für diese Aufgabe abgestellt ist.

"Wir haben aktuell sicher keine zufriedenstellende Lösung", sagt Melanie Schäfer, Referentin des Ressorts "Bereitschaftsdienst" bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Rheinland-Pfalz. Die KV bemühe sich deshalb weiter darum, dass die von ihr ursprünglich angedachte Zuordnung der fünf Orte im östlichen Teil der VG Kell zum Hermeskeiler Notdienst doch noch umgesetzt wird, während der Bereich Zerf bei Saarburg verbleiben soll. Das würden auch Dr. Reinhard Brausch, Arzt in Kell, und Dr. Frank Wiß, Leiter der Saarburger Bereitschaftszentrale, ausdrücklich begrüßen. "Allein schon wegen der räumlichen Entfernung wäre das naheliegend", sagt letzterer dem TV. Aktuell müssten er und seine Kollegen bei ihrem Notdienst pro Tag im Schnitt einen Patienten aus dem Keller Raum zu Hause besuchen. Ob der Bereich Kell Hermeskeil zugeordnet wird, ist aber noch offen: "Diesbezüglich laufen zwar derzeit Gespräche. Eine Einigung mit den Hermeskeiler Ärzten hat es bislang aber noch nicht gegeben", so Schäfer. Erklärtes Ziel der KV bleibe es zudem, auch im Hermeskeiler Krankenhaus eine Bereitschaftszentrale einzurichten. Die Hermeskeiler Ärzte stehen diesen Plänen nach TV-Informationen jedoch weiter skeptisch gegenüber, wenngleich sie dazu offiziell keine Aussage machen wollen: "Der vorliegenden Stellungnahme ist nichts mehr hinzuzufügen", lässt deren Obfrau Dr. Doris Becker-Scheid auf TV-Anfrage ausrichten.

Meinung

Von Axel Munsteiner

Mehr Klarheit!

Eins steht fest: Keiner kann den Hermeskeiler Ärzten den Vorwurf machen, dass sie beim Notdienst Keller Patienten nicht mehr behandeln. Die Mediziner haben sich deshalb zu Recht dagegen gewehrt, dass mit der Unterschriften-Aktion dieser Eindruck entstanden sein könnte. Mit ihrer Stellungnahme haben sie vielen verunsicherten Patienten die aktuelle Situation deutlich gemacht. Richtig ist aber auch, dass das Notdienst-Kuddelmuddel für die auch beim Arztbesuch stark nach Hermeskeil orientierte Bevölkerung im östlichen Teil der VG Kell unbefriedigend ist. Wer am Wochenende nach Hermeskeil kommt, wird in den dortigen Praxen behandelt, wer aber ans Bett gefesselt ist und trotzdem einen Arzt braucht, muss sich nach Saarburg wenden. Das ist auf Dauer keine Lösung und auf lange Sicht für die Patienten eine Zumutung. Deshalb müssen KV und die Ärzte aus beiden Bereichen an einen Tisch und glasklare Regelungen und Zuordnungen her. a.munsteiner@volksfreund.de

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