"Wir waren auf einem guten Weg"

RALINGEN. Eigentlich müsste Pfarrer Stephan Gerber Veränderungen ja gewohnt sein: In den vergangenen sieben Jahren bekleidete er als Seelsorger in den Pfarreien an der Sauer sieben verschiedene Stellen. Dennoch ist die Veränderung, die nun vor ihm liegt, eine besondere: Gerber wird als Pfarrer in seine saarländische Heimat zurückkehren.

Er scheide aus dem Sauertal "mit einem lachenden und einen weinenden Auge", schrieb Gerber in seinem letzten Artikel für das Pfarrgemeindeblatt. Schließlich bedeutet die neue Aufgabe, die der Seelsorger am ersten Advent offiziell übernehmen wird, eine Art Heimkehr: Die drei Stadtteilpfarreien von Neunkirchen, die er fortan leiten wird, liegen nur wenige Kilometer von seinem Heimatort Merchweiler entfernt.Rückkehr zu den Wurzeln

Doch Gerber spricht nicht von Heimkehr. Der 43-Jährige nennt es eine "Rückkehr unter anderen Gegebenheiten": Zu seiner Kinder- und Jugendzeit habe es in Neunkirchen noch das Hüttenwerk gegeben, heute gebe es in der Stadt eine Arbeitslosenquote von 20 Prozent. Zudem sei auch in Neunkirchen die allgemeine Tendenz zu beobachten, dass "der Glaube eine immer unbedeutendere Rolle im öffentlichen Leben und im Leben des Einzelnen" spiele. So sei die Sorge um die Neunkirchener Pfarreien samt ihrer katholischen Schule und der Fatima-Wallfahrt Grund für die Anfrage des Bistums gewesen, ob er die Aufgabe übernehmen wolle, sagt Gerber. Er werde an seiner neuen Wirkungsstätte bereits freudig erwartet. "Ich weiß, wo es hingeht", sagt Gerber. Und das sei auch der Unterschied zu den Gemeinden im Sauertal, die er zurücklasse: Die wüssten noch nicht, wer seine Nachfolge antrete. Deshalb stimme ihn der Abschied "doch auch traurig". Zumal er den Eindruck habe, dass "wir auf einem guten Weg waren". Ein Weg, der kein einfacher gewesen sei für die Katholiken an der Sauer. Nicht weniger als sechs Mal änderte sich in den vergangenen sieben Jahren der Aufgabenbereich des Seelsorgers: Einmal war Gerber Pfarrer von Edingen-Ralingen-Wintersdorf, dann von Igel-Liersberg-Langsur-Mesenich, später Dechant im Dekanat Welschbillig - bis jenes im April diesen Jahres im Dekanat Schweich-Welschbillig aufging. Hintergrund der häufigen Wechsel waren neue Pfarrgemeinschaften und Veränderungen der Dekanatsstruktur, die einerseits mit dem latenten Priestermangel in der katholischen Kirche, andererseits mit der zurückgehenden Zahl der Gottesdienstbesucher einher gingen. Es sei absehbar, dass die Pfarreien in Zukunft noch enger kooperieren müssten, sagt Gerber. Doch er beeilt sich hinzuzufügen, dass im Moment keine weiteren Veränderungen an der Sauer geplant seien. Angesichts der "schwierigen Zeiten" sei er allen Ehrenamtlichen dankbar, die "durchgehalten haben", sagt Gerber. Dankbar sei er auch für die "Glaubenszeugnisse", die ihm viele Menschen gegeben hätten. Gerade die Gebäude von Kirchen und Kapellen seien an der Sauer "noch Zeichen einer identität", für deren Erhalt sich die Menschen einsetzten. Diese starke Identifikation mit dem sprichwörtlich eigenen Kirchturm mache aber gleichzeitig die Zusammenarbeit der Gemeinden schwierig."Da ist man ja nicht einfach Funktionär"

Der ständige Kontakt zu den Menschen, gerade bei einschneidenden Ereignissen wie Taufe, Hochzeit oder Beerdigung habe starke Bindungen geschaffen, deren Verlust er bedauere, sagt Gerber: "Das verbindet ja, da ist man als Pfarrer ja nicht einfach Funktionär." Zumal er an der Sauer von Anfang an offen aufgenommen worden sei. Da habe auch seine saarländische Herkunft - sonst in Rheinland-Pfalz gerne Anlass zu Spötteleien - nicht geschadet. "Ich bin auch niemand, der bei einem Saarländer-Witz in Tränen ausbricht", sagt Gerber und muss lachen. Das glaubt man ihm aufs Wort, denn sein gesamtes Äußeres strahlt eine gewisse Lebensfreude aus, die er auch in seine Gottesdienste trug. Da konnte eine Predigt an Karneval auch schon einmal zur Büttenrede werden. Etwas weniger lustig fiel seine Predigt am Sonntag aus , als Gerber in Ralingen von der letzten seiner sieben Gemeinden Abschied nahm. Doch auch eine traurige Veranstaltung wurde es nicht. Sondern eher eine, die beides verband: das lachende und das weinende Auge.

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