Wo gefährdete Jugendliche Hilfe finden

Konz · Die meisten Fälle von Erziehungshilfe des Jugendamts im Kreis Trier-Saarburg entfallen auf die Verbandsgemeinde Konz. Jetzt startet mit einem Beschluss des Kreisausschusses ein Pilotprojekt: Ein Jugendhilfezentrum vor Ort soll aufgebaut werden. So will das Jugendamt in Problemfällen effektiver helfen.

Konz. Aggressionen, Wutausbrüche, Streit. Wenn das zum Familienalltag gehört, läuft etwas nicht richtig. Kinder werden vernachlässigt oder sind auf sich alleine gestellt. Eltern haben keine Zeit für sie - sei es wegen der Überstunden im Job oder wegen Alkohol- und Drogenproblemen. Sobald das Kind unter der Vernachlässigung leidet, wird es ein Fall für das Jugendamt.
Bisher hat das Kreisjugendamt von Trier aus zentral gearbeitet. Bei Problemfällen hat es Spezialisten von Trägern wie dem Caritasverband Region Trier eingeschaltet, die sich um solche Fälle kümmern. Jetzt will das Amt die Expertise in der Stadt Konz bündeln und dort ein Sozialraumzentrum schaffen, in dem die Jugendhilfe für die Verbandsgemeinde (VG) Konz zusammengefasst wird. Das ist ein Pilotprojekt im Kreis Trier-Saarburg.
"Ziel ist es, mit dem gleichen Mitteleinsatz mehr zu erreichen", erklärt Jugendamtsleiter Andreas Beiling. Dass die VG Konz dafür ausgewählt wurde, liegt unter anderem an der Erziehungshilfestatistik. Immerhin stammen 187 der 683 Fälle von Erziehungshilfe (siehe Extra), die 2010 beim Kreisjugendamt registriert wurden, aus der VG Konz.
Um solche Fälle zu vermeiden, stellt der Kreis für den neuen Ansatz jährlich 520 000 Euro bereit. Mit dem Budget werden unter anderem neun bis zwölf Stellen vor Ort geschaffen. Diese Stellen teilen sich drei Träger, die der Kreisausschuss in seiner jüngsten Sitzung mit dem Projekt in Konz beauftragt hat: der Caritasverband für die Region Trier, die Kinder-, Jugend- und Familienhilfe Palais aus Trier und das Sozialwerk Saar-Mosel aus Merzig.
Träger bringen Erfahrung mit


Jeder der drei Träger bekommt das Geld für 1,8 Stellen, vom Kreisjugendamt sind drei weitere Leute eingeplant. Der Kreis habe sich für diese Träger entschieden, weil sie große Erfahrung in der Jugendhilfe mitbrächten, sagt Beiling. Außerdem habe das Jugendamt schon erfolgreich mit ihnen zusammengearbeitet.
"Vernetzung ist der zentrale Bestandteil unseres Konzepts", sagt Beiling. Deshalb wolle der Kreis örtliche Institutionen wie Vereine, Schulen oder das Jugendnetzwerk Konz mit in das Projekt einbeziehen. Auch Elternkurse seien geplant.
Durch solche präventive Maßnahmen will der Kreis verhindern, dass Kinder und Jugendliche stationär behandelt werden müssen. 2010 hat er allein für die Heimunterbringung 6,7 Millionen Euro ausgegeben. Das könnte künftig weniger werden, weil sich das Team frühzeitig einschaltet.
Die Vorbereitung zusammen mit den Trägern laufen seit Anfang August. Das bisherige Vorgehen hat zum Teil dazu geführt, dass sich unterschiedliche Sachbearbeiter um den gleichen Fall gekümmert haben. Jetzt werden die drei festen Institutionen unter einem Dach vereint. Mitarbeiter der Träger sind als feste Ansprechpartner permanent vor Ort.
Wo die Büros sein werden, steht noch nicht fest. Zurzeit stehen die Träger in Kontakt mit Maklern und der VG-Verwaltung in Konz, um passende Räume für das Sozialraumzentrum zu finden. Bisher diene ein Raum beim Caritasverband in der Konstantinstraße in Konz als Besprechungszimmer.
Der Kreis Trier-Saarburg hat 2010 insgesamt 8,5 Millionen Euro für Erziehungshilfen ausgegeben. Laut Kinder und Jugendhilfegesetz besteht ein Anspruch auf Erziehungshilfe, "wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist". Die Hilfsmechanismen reichen von der Erziehungsberatung über sozialpädagogische Familienhilfe bis hin zur kostenintensiven Einzelbetreuung und Heimerziehung. cmk

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