Zäher Vogel

MEHRING. (dis) Der neue Schützenkönig der Sebastianus Schützenbruderschaft Mehring ist eine Frau: Andrea Lames-Grau schoss beim 238. Schuss den Vogel ab. Sie wird am 6. August während eines feierlichen Hochamtes in der Pfarrkirche St. Medardus gekrönt.

"So etwas hat es noch nie gegeben." Die älteren Schützen sind sich nach dem Jubel über den neuen Schützenkönig einig: Einen solch zähen Vogel, auf den so oft geschossen werden musste, hatten sie noch nie erlebt. "Normal fällt er jedes Jahr mit rund 150 Schuss", sagt der Erste Brudermeister Norbert Dixius. Mit Andrea Lames-Grau hatten 18 Schützen gegen 14 Uhr das Schießen begonnen. Zum "harten Kern" zählten am Schluss nur noch acht Wettkämpfer, unter ihnen Pastor Matthias Struth. "Wenn der Herr es will, werde ich Schützenkönig", sagte er vor einer Schuss-Serie mit einem Blick nach oben. Brudermeister Dixius sagte: "Dass ein Pastor so lange mitschießt und Schützenkönig werden könnte, ist schon eine Besonderheit." In den vergangenen Jahrzehnten hatten die Kirchenmänner und die Ortsbürgermeister jeweils nur einen Ehrenschuss abgegeben. Pastor Struht machte Ernst und schoss, dass die Fetzen von dem 50 Meter weit entfernten Vogel flogen. Beiläufig fragt er: "Ist das sehr teuer, wenn man Schützenkönig wird?" Bei den Jungschützen, sie schießen mit dem Luftgewehr direkt neben den Erwachsenen, fällt der Vogel nach 404 Schuss. Simon Welter darf sich jetzt Prinz nennen. Seine Junker sind Nico Busert und Markus Schmitt. Junker Schmitt wird am gleichen Tag übrigens auch Jugendprinz. Bei den Erwachsenen steigt indessen die Spannung. Herbert Lames und Monika Schmitt werden erster und zweiter Ritter. Sie haben mit 121 beziehungsweise mit 192 Schuss den linken und rechten Flügel des Vogels abgeschossen. Die Zeit ist fortgeschritten. Dem amtierenden Schützenkönig, Winfried Schmitt, obliegt die Schießleitung. Er gibt dem nächsten Schützen Regine Melza drei Patronen für das Kleinkalibergewehr. Sie schießt, der Vogel dreht sich zur Seite, hängt noch an einigen Holzfasern und liegt auf der Drahtseilanlage auf. Entsetzen steht in den Gesichtern. "Wie soll man den jetzt waagerecht liegenden Vogel noch treffen", fragt auch Ortsbürgermeister Helmut Reis. Schießleiter Winfried Schmitt weiß Rat: "Es hilft nichts, jetzt muss jedes Geschoss im Pfosten sitzen und ihn zersplittern." Es dauert ewig. Doch dann, nach mehr als sechs Stunden und 238 Schuss, schießt Andrea Lames-Grau unter dem Jubel der begeisterten Zuschauer den Vogel ab und ist Schützenkönig.

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