Zaungäste auf der Fensterbank

TRIER. (red) Über verschiedene Erlebnisse in der Zeit des Wirtschaftswunders berichtet Heinz Pötzsch aus Trier – unter anderem über eine Radtour mit ungewöhnlichem Ende.

Fast jeder, der seinerzeit das Finale Deutschland gegen Ungarn am Fernseher verfolgte, kann sich daran erinnern. Im Vordergrund steht natürlich der 54er-WM-Titel, der für uns in einer Zeit des Entbehrens verbunden mit harter Arbeit doch so viel bedeutete. Und zwar so viel, dass der Kreis von damals heute immer noch davon spricht und sogar bei Folgegenerationen Gehör findet. Dann kommt die Erinnerung, wo er das Jahrhundertspiel erlebte. Das liegt wohl daran, dass es kaum Privatfernseher gab und so ein Fernseher doch etwas besonderes war. Ich erinnere mich sehr genau, dass ich mit anderen Kumpels in Zurlauben war. Es war die am Zurlaubener Ufer, aus Richtung Kaiser-Willhelm-Brücke gelegene, erste Gaststätte, nämlich das Gasthaus "Moselland".Stolzer Besitzer eines Fotoapparates

Natürlich waren wir nicht in der Gaststätte, denn diese war überfüllt. Wir waren Zaungäste; die meisten standen draußen auf den Fensterbänken. Um einen sicheren Halt zu haben, mussten wir uns mit dem Arm jeweils an den Oberlichtern festhalten. Ich möchte neben der 54er-WM auch noch über Erinnerungen an die Moselbahn, die nach meiner Kenntnis 1968 oder 1969 leider eingestellt wurde, berichten. Als ich etwa zehn Jahre alt war, fuhr ich mit meiner Mutter nach Mehring zu einer Arbeitskollegin. Dort war Kirmes. An einer Losbude hatte ich die "Freie Auswahl" und wurde stolzer Besitzer eines Fotoapparates Marke "Reporter". Als Kind hatte ich viel Freude damit. Anlässlich unseres Schulentlassungsausflugs hatte ich den Fotoapparat in der Moselbahn vergessen. Vom Pfarrheim aus telefonierte jemand für mich mit der Bahnstation Leiwen, die dann die Ermittlungen einleitete und ich bekam das gute Stück, das ich heute noch besitze und mit dem ich zuletzt im Jahr 2000 noch Fotos machte, an der so genannten "Wellblechbude", das war das Fahrkartenhäuschen am Trierer Bahnhofsvorplatz, zurück. Noch kurz die Erzählung meines Schulfreundes Harald, der als Teilnehmer einer Radtour nach Bingen auf dem Rückweg in Cochem einen Platten bekam und kein Flickzeug dabei hatte. Er sprach dann einen Landwirt an, ob er ihm das Fahrrad mit der Bahn nach Trier schicken könne und gab ihm drei Mark für die Beförderung. Harald hatte Glück und wurde als Anhalter von einem Autofahrer mitgenommen und war so viel schneller in Trier als seine Kumpels, die hart in die Pedale treten mussten. Das Fahrrad kam ein oder zwei Tage später in Trier an.

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