Zeit freischaufeln für wichtigere Dinge

Leiwen · Selbst in extremen Steillagen können Winzer mittlerweile moderne Technik einsetzen. Zeit und Geld sparen durch Rationalisierung - das ist eines der großen Themen beim Weinbautag im Eurostrand in Leiwen.

 In der Bewirtschaftung der Steillage hat sich das Raupenmechanisierungssystem (RMS) bewährt. Bei der Ausstellung am Rande des Weinbautags in Leiwen informiert sich unter anderem Weinbauverbands-Vizepräsident Walter Clüsserath (vorne links) über die Einsatzmöglichkeiten. TV-Foto: Albert Follmann

In der Bewirtschaftung der Steillage hat sich das Raupenmechanisierungssystem (RMS) bewährt. Bei der Ausstellung am Rande des Weinbautags in Leiwen informiert sich unter anderem Weinbauverbands-Vizepräsident Walter Clüsserath (vorne links) über die Einsatzmöglichkeiten. TV-Foto: Albert Follmann

"Wir müssen nicht mehr alles selber im Weinberg erledigen, wir können uns Zeit freischaufeln für die Vermarktung oder andere wichtige Aufgaben." Matthias Porten vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) wirbt beim Weinbautag im Leiwener Ferienpark Eurostrand eindringlich für Neuerungen in der Steillagenbewirtschaftung. Man kann es schon als revolutionär bezeichnen, was etwa das Raupenmechanisierungssystem (RMS) selbst in extremen Steillagen leisten kann: Laub schneiden, Bodenpflege, Vorschnitt, Pflanzenschutz - demnächst wird sogar ein Vollernter auf RMS-Basis vorgestellt. Ab zwölf Hektar Betriebsgröße lohne sich die Anschaffung der rund 140 000 Euro teuren Maschine, kleinere Betriebe könnten sie bei Lohnunternehmern oder dem Maschinenring ordern, so Porten. Der Einsatz sei ökonomisch, denn man schone Familien-Arbeitskräfte. "Die können dann gezielter für den Kunden da sein und mit einer Ausweitung der Direktvermarktung höhere Erlöse für die Weingüter erreichen."

Lohnunternehmer übernimmt Pflanzenschutz



"Die Lohnkosten rennen uns davon, der Raupe gehört die Zukunft", sagt Klaus Ludwig (Weingut Gebrüder Ludwig) aus Thörnich. Er ist froh, dass in der Steilstlage Thörnicher Ritsch die Flurbereinigung anläuft. Die Arrondierung und der Wechsel von der Einzelpfahlerziehung auf den Drahtrahmen werden dort künftig den Maschineneinsatz möglich machen.

In diesem Jahr auf RSM umstellen möchte Winzer Bernhard Weich aus Riol. Ihm geht es insbesondere um einen effektiveren Pflanzenschutz: "Die Mittel wirken besser als beim Hubschrauber." Weich will einen Lohnunternehmer beauftragen ("Das ist billiger, als jemanden einzustellen") und die gewonnene Zeit für die Vermarktung, die Feriengäste und die Straußwirtschaft nutzen.

Andreas Barth vom Weingut von Othegraven (Kanzem) hat RMS nicht auf der Agenda: "Von einer Vollmechanisierung sind wir noch weit weg, dafür sind einige Rebflächen zu wertvoll." Teilweise werde im Altenberg im Direktzug mit kleiner Raupe gearbeitet, aber man setze aus Qualitätsgründen weiterhin auf Handarbeit.

Carl von Schubert (Weingut Maximin Grünhaus, Mertesdorf) bewirtschaftet seine 20 Hektar Steillagen mit klassischen Raupenschleppern. Er habe aber auch den Vorteil, dass die Flächen arrondiert seien, günstig lägen und er keine öffentlichen Straßen mit den Metallketten befahren müsse. Um längerfristig die für Mosel, Saar und Ruwer so charakteristische Kulturlandschaft mit ihren hervorragenden Weinen erhalten zu können, muss laut von Schubert das Weinpreisniveau steigen. Dazu gehöre auch, dem Kunden den hohen Aufwand im Steilhang stärker als bisher bewusst zu machen. Schließlich seien es die Steilhänge, die die heimischen Rieslingweine unverwechselbar machten.

Am heutigen zweiten Weinbautag geht es unter anderem um folgende Themen: Steillagenweinbau (Vortrag, 9.15 Uhr), Nachhaltiger Weinbau (11.15 Uhr), Weinqualität bis in die Flasche (13 Uhr), Schwefel im Wein (13.40 Uhr), Schraubverschluss (14.20 Uhr). In einer Ausstellung präsentieren Hersteller und Dienstleister Interessantes aus der Weinbranche; zum Ausklang (ab 15.30 Uhr) ist eine Weinprobe.

Meinung

Die Winzer schauen vorwärts

Keine Frage: Der Beruf des Winzers ist hart, besonders an der Mosel mit ihren Steillagen. Doch hilft es keinem, über Wettbewerbsnachteile zu lamentieren. Das haben die Winzer inzwischen gelernt; sie schauen vorwärts. Und haben mit dem DLR (mit neuem Steillagenzentrum), dem Maschinenring und dem Weinbauverband hochkarätige Hilfe an ihrer Seite. Diese gilt es zu nutzen, denn das Ziel ist ein hehres: der Erhalt unserer Kulturlandschaft. a.follmann@volksfreund.deExtraZahlen und Fakten Weinbaugebiet Mosel: Das Weinbaugebiet Mosel umfasst drei Flüsse: Mosel, Saar und Ruwer. Rebflächen insgesamt: etwa 8800 Hektar. Betriebe: rund 5000 inklusive Nebenerwerbsbetriebe, durchschnittliche Betriebsgröße: 1,8 Hektar. Steillagen (über 30 Prozent Steigung): 43 Prozent der gesamten Rebfläche. Weinproduktion: 2009: 800 000 Hektoliter. 2008: 900 000 Hektoliter. 2007: 970 000 Hektoliter. 2006: 840 000 Hektoliter. Vermarktung: 65 bis 70 Prozent im Inland, davon 47 Prozent im Lebensmittel-Einzelhandel einschließlich Discounter, 53 Prozent andere Einkaufsstätten wie Winzerhof, Straußwirtschaft, Versand, Spedition, Fachhandel, Gastronomie. Export: 30 bis 35 Prozent der gesamten Produktion. Wichtigste Exportmärkte für Moselwein: Vereinigte Staaten, Niederlande, Großbritannien, Norwegen, Japan, Belgien, Schweden, Russland. (red/cmk)

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