Zittern um den Eiswein geht weiter

Trier · Erst hat der Eiswein Champagnerlaune verbreitet. Doch nach der späten und unverhofften Ernte auch in der Region Trier bangen die Winzer um die offizielle Anerkennung des wertvollen Produkts durch das Weinbauamt.

Trier. Als vor einigen Wochen auch in einigen Lagen der Stadt Trier noch Eiswein geerntet werden konnte, war die Freude bei den betreffenden Winzern zunächst groß (der TV berichtete). Allerdings ist über die Qualität des Geernteten teilweise eine gewisse Ernüchterung eingekehrt.
"Der Eiswein stellte sich als äußert problematisch dar", sagt etwa Christoph Tyrell vom Trierer Weingut Karthäuserhof. Zwar hätten die Temperaturen zur Lesezeit definitiv im für Eiswein geforderten Bereich von mindestens sieben Grad unter null gelegen, und das Ergebnis hatte auch die geforderte Mindestsüße von 120 Grad Oechsle. "Aber der Wein hat doch sehr wenig Säure - und gerade der Eiswein zeichnet sich durch eine hohe Konzentration aus."
Bis Januar milder Winter


Tyrell hat daher beschlossen, den Jahrgang 2011 nicht mit einem Eiswein zu krönen. Die Entscheidung habe er aber schon frühzeitig und völlig unabhängig von den Ankündigung des rheinland-pfälzischen Weinbauministeriums getroffen. Auch in Mainz zweifelt man nämlich an der Qualität des Eisweins und hat daher Nachkontrollen in betreffenden Betrieben angekündigt.
Laut Ministerium haben in den vergangenen Wochen landesweit rund 150 Winzerbetriebe insgesamt rund 408 000 Liter Eiswein angemeldet. Rund 90 Prozent der Ernte stammten allerdings aus Rheinhessen, wo der Eiswein fast flächendeckend mit großen Vollerntern gelesen wird. "Ich spreche also hier vor allem von unserer Einschätzung für diesen Raum", sagt Walter Reineck, Referent für Weinbauüberwachung im Ministerium.
Blick nach Rheinhessen


Er verweist darauf, dass zumindest in Rheinhessen die Temperaturaufzeichnungen eindeutig zeigten, dass an den Erntetagen die Temperaturen bald nach Sonnenaufgang sogar in den Plusbereich geklettert seien. Dass die Gefriergrade eingehalten wurden, die laut Gesetz die Eisweintrauben nicht nur bei der Ernte, sondern auch bei der Verarbeitung aufweisen müssten, sei also genauso zweifelhaft wie einiges andere. "Wir hatten von November bis Januar einen sehr milden Winter. Das hat dazu geführt, dass die Trauben in einem sehr mitgenommenen Zustand gewonnen wurden", stellt Reineck fest.
Spitze der Pyramide


Zwar gelinge es den Weinbauern zweifellos, dass das Endergebnis "dennoch durchaus trinkbar" sei: "Aber die Anforderungen sind doch eigentlich andere. Eiswein soll fruchtig-frisch sein, süß, mit markanter Säure. Und, anders als Trockenbeerenauslese und Beerenauslese, ohne Edelfäule. Der Eiswein sollte an der Spitze der Qualitätspyramide stehen."
Dass sein kürzlich geernteter Eiswein einen erdigen Geschmack aufweisen würde, wie man ihn sonst nicht kennt, das hat der Trier-Olewiger Winzer Peter Terges schon am Tag der Ernte betont - und findet das bis heute wenig überraschend: "Der Jahrgang hat ja generell wenig Säure. Das wird dann beim Eiswein natürlich nicht mehr."
Letztlich sehe er die ganze Problematik aber gelassen. Terges hatte an seinem Jesuitenwingert und am Deutschherrenberg extra 1100 Rebstöcke unter Folie verpackt, um den Eiswein ernten zu können.
Herabstufung droht


Wenn einem Wein zwar das "Eis"-Prädikat verweigert wird, er aber als generell verkehrsfähig eingestuft wird, kann er immer noch als Auslese oder Beerenauslese verkauft werden - wobei er allerdings nur einen vielfach geringeren Preis erzielen wird. Der Eiswein eines renommierten Weinguts kann schnell über 100 Euro die Flasche kosten. "Was ich dann machen würde, weiß ich noch nicht", sagt Terges.
Sollte die amtliche Qualitätsweinprüfung in der Landwirtschaftskammer zwar das Prädikat Eiswein verleihen, das Weinbauamt dem aber widersprechen, könnte es sogar zu einem Rechtsstreit kommen.

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