Zu Besuch bei einem Astrofotografen

Oberbillig · Boris Ruth aus Oberbillig hat eine Leidenschaft: Er fotografiert den Nachthimmel. Dazu hat er sich eine private Sternwarte aufgebaut. So ist er gerüstet für die vermutlich sternschnuppenreichste Nacht in diesem Jahr, die von Dienstag auf Mittwoch, 12. und 13. August, erwartet wird.

 Boris Ruth steht in seiner Sternwarte, die er in einem Gartenhaus aufgebaut hat (links).

Boris Ruth steht in seiner Sternwarte, die er in einem Gartenhaus aufgebaut hat (links).

Foto: Christian Kremer

Oberbillig. Kurz vor der Morgendämmerung am nächsten Mittwoch erwarten die Experten ein Himmelsschauspiel. Die Perseiden erreichen ihren Höhepunkt. Der Meteorstrom, der alljährlich zwischen dem 17. Juli und dem 24. August auftritt, ist nach dem Sternbild Perseus benannt. Am 13. August ab 2 Uhr nachts sind wahrscheinlich bis zu 100 Sternschnuppen pro Stunde zu sehen (siehe Extra). Einer, der dann sicher seine Kamera zur Hand nimmt, ist Boris Ruth. Er ist leidenschaftlicher Hobby-Astronom.
Der Oberbilliger hat sich 2013 sogar eine kleine Sternwarte aufgebaut. Dort frönt der 43-Jährige seinem Spezialgebiet: der Astrofotografie. Angefangen hat er vor 20 Jahren mit einem Fernrohr als Sternbeobachter in lauen Sommernächten, inzwischen hat er eine professionelle Ausrüstung. Damit kann er die Sonne, Monde, Kometen, Planeten oder Galaxien fotografieren. Das Gartenhaus hat er mit einem Rolldach versehen, damit er den Blick in den Himmel freimachen kann. In der Mitte des kleinen Raums steht, angebracht auf einer in einem Kanalrohr in den Gartenboden gegossenen Betonsäule, das Herzstück des Observatoriums: die Kamera mit Filterring, einem Teleskop als Objektiv sowie ein Fernrohr als Sucher. Das Wichtigste ist die computergesteuerte Kamerahalterung. In einem Chip sind Zehntausende Beobachtungsobjekte programmiert, die Ruth per Fernbedienung anpeilen kann.
Besonders wichtig ist die automatische Nachführung der Halterung. Bei Belichtungszeiten von bis zu 30 Minuten ist sie unverzichtbar. "Die große Kunst besteht darin, das Teleskop mit höchster Präzision auf einen Himmelskörper gerichtet zu lassen", führt Ruth aus. Die Kamerabewegung ist exakt an die Erdumdrehung angepasst. In Ruths Sternwarte funktioniert das alles computergesteuert.
Die Ausrüstung hat der 43-Jährige selbst zusammengestellt und aufeinander abgestimmt. Dabei kommt ihm sein Beruf zugute. Als IT-Architekt ist er verantwortlich für den IT-Bereich eines luxemburgischen Telekommunikationsunternehmens. "Die Technikaffinität zahlt sich aus", meint Ruth. Seine Begeisterung für Astronomie hat der zweifache Vater, der seit zwölf Jahren in der Region wohnt, schon früh entdeckt. "In der Grundschule konnte ich alle gängigen Sternbilder und die Hauptsterne auswendig", sagt er. Später habe er sich von seinem ersten selbst verdienten Geld ein Teleskop gekauft. Dann fing er an, Naturphänomene zu fotografieren. Heute ist er Astrofotograf und damit für manch ambitionierten Sternebeobachter eine "Lichtschleuder". Als er das sagt, zeigt Ruth auf den flimmernden Bildschirm. Fotografiert er außerhalb der Sternwarte stört das Licht des Monitors andere Sternenbeobachter. Deren Augen können sich dann nicht so schnell an die Dunkelheit anpassen.Aufwendige Nachbearbeitung


Mehr Zeit als in der Sternwarte verbringt Ruth mit der Nachbereitung der Fotos am Computer. Dann legt er etliche Bilder einzelner Objekte übereinander, damit er am Ende stimmige, scharfe Fotos ohne störende Einflüsse wie vorbeifliegende Satelliten hat. "Da gab es Dutzende Bilder, bei denen das schiefgegangen ist."
Um in der Nacht auf Mittwoch die Sternschnuppenschauer zu sehen, brauchen die Himmelsgucker keine komplizierten Anlagen. Zum Genießen des Naturereignisses reicht ein Liegestuhl im Garten. Voraussetzung ist ein klarer Himmel.
Viele seiner Fotos und eine Dokumentation über den Bau seiner Sternwarte hat Boris Ruth auf den Internetseiten sternwarte.familieruth.de und familieruth.de veröffentlicht.Extra

 Aufnahmen von Astrofotograf Boris Ruth dort aufgenommen. Der Lagunennebel nach der Nachbearbeitung

Aufnahmen von Astrofotograf Boris Ruth dort aufgenommen. Der Lagunennebel nach der Nachbearbeitung

Foto: Boris Ruth
 Der Andromeda-Nebel, Aufnahme von Boris Ruth

Der Andromeda-Nebel, Aufnahme von Boris Ruth

Foto: Boris Ruth

Blicken Beobachter auf den Nachthimmel, scheint der Ursprung des Meteorstroms der Perseiden im Sternbild des Perseus zu liegen. Erstmals wurde das Phänomen vor 2000 Jahren in Ostasien beobachtet. Das Sternbild ist von der fünfmal verlängerten Hinterachse des Großen Wagens über den Polarstern bis zum "Himmels-W" Kassiopeia und dann im rechten Winkel nach rechts gelegen. Doch die Perseiden kommen nicht aus dem Sternbild, sondern bestehen aus den Auflösungsprodukten des Kometen 109P/Swift-Tuttle, der an dieser Stelle vorbeirauscht. Die Erde kreuzt die Staubspur des Kometens immer Mitte August. Die Staubteilchen des Himmelskörpers treffen dabei mit hoher Geschwindigkeit auf die Atmosphäre und bringen die Luftmoleküle zum Leuchten. Je näher die Erde an den Kometen kommt, desto mehr Sternschnuppen sind zu sehen. 1993 wurden zum Beispiel 350 Sternschnuppen pro Stunde über Europa beobachtet. cmk

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