Zwei Dörfer suchen einen Begleiter

Neuhütten/Züsch · Das Projekt ist im Kreis bislang einmalig: Die Ortsgemeinden Neuhütten und Züsch suchen gemeinsam per Stellenanzeige einen Dorfbegleiter. Dieser soll sie für 450 Euro im Monat bei Verwaltungsaufgaben unterstützen und Ideen der Bürger zur Dorfentwicklung umsetzen. Die Ortsbürgermeister versprechen sich davon eine spürbare Entlastung. Bei Erfolg könnten andere dem Beispiel folgen.

 Wer wird Dorfbegleiter der beiden Ortsgemeinden Neuhütten und Züsch? Interessenten können sich bei der Verbandsgemeindeverwaltung in Hermeskeil bewerben. TV-Grafik: Johannes Schramm

Wer wird Dorfbegleiter der beiden Ortsgemeinden Neuhütten und Züsch? Interessenten können sich bei der Verbandsgemeindeverwaltung in Hermeskeil bewerben. TV-Grafik: Johannes Schramm

Foto: ALLVISIONN (iStockphoto)

Neuhütten und Züsch sind nicht nur geografisch eng verbunden. Die Nachbargemeinden machen häufig gemeinsame Sache, ob beim Fußball oder beim Kindergarten. Jetzt haben die beiden Dörfer ein neues Projekt gestartet, das im Kreis Trier-Saarburg bislang einzigartig ist: Per Stellenanzeige suchen sie gemeinsam einen Dorfbegleiter auf 450-Euro-Basis.

Der Bewerber, männlich oder weiblich, soll bei der Vorbereitung kultureller Angebote helfen und die Ortsbürgermeister bei Verwaltungsaufgaben unterstützen. Außerdem soll er oder sie anpacken, wenn es darum geht, Ideen zur Dorfentwicklung umzusetzen. Auch die Organisation von Fahrdiensten für Dorfveranstaltungen und die Betreuung der Internetseite sind Teil des Jobprofils.
Ideen für attraktives Dorfleben


Mit der Anzeige wollen die beiden Orte einen bereits begonnenen Prozess fortsetzen. In Züsch läuft seit 2015 eine zweijährige Dorfmoderation. In diesem Programm, gefördert vom Land, erarbeitet eine externe Betreuerin gemeinsam mit Bürgern Ideen für ein schöneres Dorfumfeld, eine Stärkung der Gemeinschaft und den Aufbau von Angeboten, die das Leben im Ort attraktiv halten. Die Neuhüttener haben schon eine Moderation hinter sich, die sie 2009 beim Wettbewerb "Lebendige Dörfer" gewonnen hatten. Daraus hervorgegangen sind Projekte wie die Dorfzeitung und die Gruppe "Mach mit", die Aktivitäten im Ort organisiert. Jetzt macht sich das Dorf erneut für zwei Jahre auf den Weg, das Leben in Neuhütten zu bereichern (siehe Extra). "Es gibt die Projekte von damals noch", sagt Ortsbürgermeister Peter Kretz. "Aber wenn der Ortsbürgermeister nicht permanent mit der Fahne vorangeht, dann schläft die Sache ein."

Weil er dabei in seinem Ehrenamt jedoch an Grenzen stoße, habe er nach einer "Institution" gesucht, die man ihm zur Seite stellen könnte. Fündig wurde Kretz bei der Kreisverwaltung Trier-Saarburg. Dort verfolge man schon länger die Idee, die Ortsgemeinden mit einem Begleiter vor Ort zu unterstützen. Im Hochwald wolle man das Ganze nun erstmals ausprobieren. "Voraussetzung war aber, dass Dörfer dabei zusammenarbeiten", sagt Kretz.

Der Züscher Ortschef Hermann Bernardy teilt die Erfahrungen seines Kollegen, als Bürgermeister immer an vorderster Front zu stehen: "Die Dörfer sind immer stärker gezwungen, Dinge in Eigenleistung zu machen. Aber einer muss das Rad drehen, sonst bleibt es stehen." Durch die Dorfmoderation habe man in Züsch zwar "eine Menge Leute motiviert, sich im Dorfleben einzubringen". Aber das Ganze müsse koordiniert werden, weiß Bernardy. "Es wäre schön, wenn uns dabei jemand helfen würde, der auch die Verbindung zu den aktiven Gruppen der Dorfmoderation hält." Hilfreich fände es Bernardy auch, wenn der Dorfbegleiter über aktuelle Förderprogramme Bescheid wüsste. Peter Kretz hält auch Fahrdienste für ältere Dorfbewohner für eine "klassische Aufgabe".

Die Kreis-Stiftung "Zukunft in Trier-Saarburg" bezuschusst die Stelle mit monatlich 300 Euro für eine Dauer von zwei Jahren. Die restlichen 150 Euro teilen sich die beiden Ortsgemeinden. Das Anforderungsprofil für ihre Anzeige haben sie gemeinsam mit Beate Stoff entworfen, die in beiden Orten die Dorfmoderation begleitet: "Wir haben das Profil bewusst breit aufgestellt und keine konkreten Qualifikationen genannt", sagt Stoff. Man müsse gemeinsam mit den Bewerbern schauen, "was realistisch umsetzbar ist". Wichtig sei, dass der Dorfbegleiter "nichts machen soll, was jetzt schon von den Vereinen ehrenamtlich geleistet wird". Es gehe um Aufgaben für das gesamte Dorf. Für Stoff kommen Anwärter aus dem Bereich Soziologie oder Pädagogik ebenso infrage wie "Rentner mit Verwaltungserfahrung oder Berufsrückkehrer".

Die Bewerbungsfrist läuft bis Sonntag, 25. September. "Aber wir geben sicher noch eine Woche drauf", sagt Kretz. Alle Beteiligten hoffen auf reges Interesse. "Wenn sich jemand findet, könnten wir theoretisch im Oktober loslegen", sagt Stoff.Meinung

Es ist einen Versuch wert
Dorfmoderationen gibt es zurzeit in einigen Ortsgemeinden im Kreis. Im Laufe der zwei Jahre werden zwar viele Ideen entwickelt und Projekte umgesetzt. Sie aber dauerhaft am Laufen zu halten, ist oft schwierig - wenn dann irgendwann die Koordination und Motivation durch den Dorfmoderator fehlt. Den Ortsbürgermeistern, die mit ihrem Ehrenamt ohnehin schon mehr als ausgelastet sind, sollte man diese Aufgabe nicht auch noch aufbürden. Ihnen zusätzlich zum Gemeindearbeiter einen festen Begleiter zur Seite zu stellen, ist absolut den Versuch wert - zumal der finanzielle Aufwand dank der Dörfer-Kooperation und dank des Beitrags der Kreisstiftung überschaubar bleibt. Der Nutzen könnte groß sein, sofern er gelingt, für die durchaus anspruchsvollen Aufgaben auf Minijob-Basis einen geeigneten Kandidaten zu finden. Damit steht und fällt das Projekt. Bei Erfolg könnte es aber durchaus zum Vorreiter für andere Gemeinden werden, die ebenfalls unter der Last ihrer vielfältigen Aufgaben stöhnen. c.weber@volksfreund.deExtra

Wer sich für die Aufgabe als Dorfbegleiter der beiden Ortsgemeinden Neuhütten und Züsch interessiert, kann seine Bewerbung bei der Verbandsgemeinde Hermeskeil, Langer Markt 17, in 54411 Hermeskeil einreichen. Fragen zu der Stellenausschreibung beantwortet Büroleiter Werner Haubrich unter Telefon 06503/809-161. cwebExtra

Neuhütten startet in die nächste Phase der gerade begonnenen Dorfmoderation: Moderatorin Beate Stoff und die Ortsgemeinde laden interessierte Bürger für Donnerstag, 22. September, zum Dorfgespräch ins Neuhüttener Bürgerhaus ein. In der Versammlung soll geklärt werden, welche Projekte und Initiativen im Ort bis 2018 angepackt und umgesetzt werden sollen und an welcher Stelle sich die Bürger dabei aktiv einbringen können. cweb

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