Zwischen Kunst und Schmiererei

Saarburg/Konz · Jeder kennt sie: teilweise kunstvolle Werke in grellen Farben, die legal oder illegal Hauswände, Brückenpfeiler und Unterführungen zieren. Das Entfernen von Graffiti kostet viel. Im Raum Konz-Saarburg geht die Zahl der Anzeigen jedoch deutlich zurück.

Legale Graffiti können Kunst sein. Illegale Graffiti sind meist Sachbeschädigung. Und der Schaden ist oft groß, denn die Entfernung der Sprühfarbe ist kompliziert. Sechs Sprayer, zwischen 17 und 20 Jahren alt, hatten innerhalb von zwei Jahren im Raum Konz-Saarburg Schäden angerichtet, deren Behebung einen fünfstelligen Betrag kostete. Das war zwischen 2007 und 2008.
Im Dezember 2011 hat das Amtsgericht Trier die sechs zu 30 bis 90 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt. Sie müssen auch die Beseitigung der Schmiererei bezahlen, und vier von ihnen müssen die Kosten für das teure Gerichtsverfahren tragen.
Damit sind sie gut weggekommen: Die Straftat kann in schweren Fällen mit bis zu zwei Jahren Gefängnis geahndet werden. Nur weil sich die Sprayer aus der Szene verabschiedet hatten und die Taten drei Jahre zurücklagen, fiel das Urteil so milde aus. "Zivilrechtlich kann die Schadensforderung 30 Jahre lang vollstreckt werden", sagt der stellvertretende Leiter der Polizeiinspektion in Saarburg, Armin Wacht.
Das heißt: Auch nach 30 Jahren können Sprayer noch zur Kasse gebeten werden. Dass die Forderung noch so spät erfolgen kann, liegt an den hohen Kosten. Manchmal kostet es Tausende Euro, die Schmierereien zu entfernen. Bei einem Fall in Hermeskeil auf dem Parkdeck der Hochwaldhalle zahlte die Verbandsgemeinde dafür 2500 Euro. Ein mutmaßlicher Täter wurde zwar ermittelt, bestreitet aber alles. Bis heute blieb die Kommune auf den Kosten sitzen. "Wenn Lösungsmittel für die Entfernung eingesetzt werden, ist das eine Substanzschädigung", erklärt der stellvertretende Leiter der Polizeiinspektion Hermeskeil, Franz Petry, die hohen Kosten.
Der Beamte macht deutlich: "Wir haben Fachleute im Präsidium, die am Malstil und der Signatur den Täter erkennen." Für Zeugen, deren Aussagen zur Ergreifung der Täter führen, gebe es 1000 Euro Belohnung.
Workshop mit Haus der Jugend


Im Raum Konz-Saarburg registriert Wacht eine positive Entwicklung: "Seit Jahren ist der Trend bei Graffiti-Aktionen rückläufig." Die Zahl der Anzeigen fiel von 67 im Jahr 2007 auf zehn im vergangenen Jahr, und zwar für Saarburg und Konz zusammen.
Doch weiter sind gerade breite Straßenpfeiler scheinbar aufregende Anziehungspunkte für die nachtaktiven Sprayer. Im Stadtbild von Saarburg findet man sie, etwa unter Brücken, am neuen Kreisverkehr (Toom) oder am Bahnhof Taben. In Saarburg gab es jüngst ein legales Graffiti-Projekt an der Skaterbahn in Beurig. Doch schräg gegenüber prangt das geschmierte Gegenstück. In Konz sind an vielen Stellen in der Stadt kunstvolle Graffiti und deren Gegenstücke zu finden - besonders beliebt sind die Bahnunterführungen, in denen legale Graffitikunst auf illegale Schmierereien trifft. In der Domänenstraße hat ein Privatmann seine Mauer Sprayern zum Verschönern freigegeben. Die Verbandsgemeinde hatte auch schon einen Workshop mit dem Haus der Jugend geplant. Dort blieben aber die Teilnehmer aus.
Leo Lauer, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Saarburg, will Sprayern ebenfalls Flächen zur Verfügung stellen: "Für solche Projekte sind wir offen." Illegale Aktionen würden aber auf jeden Fall angezeigt.
Entstehen an weiterführenden Schulen Schmierereien, ist der Landkreis als Träger zuständig. "Das wird von uns zügig entfernt, um Nachahmer abzuhalten", sagt Kreis-Pressesprecher Thomas Müller. Am Schulzentrum Konz - an der Realschule plus und den Bushaltestellen - sind jedoch noch etliche Graffiti zu sehen.Extra

Graffiti sind eine jahrtausende alte Art, sich mitzuteilen. Sie waren meist in Felsen, Mauern oder Wände geritzt. Bereits Menschen in der Antike haben die ersten Graffiti an Wänden und in öffentlichen Toiletten hinterlassen. In den USA erschienen Graffiti in den Siebzigerjahren als Ausdruck politischen Protests. Sie wurden farbig auch auf Busse und Bahnen gesprüht. Diese Ausdrucksform gewann später auch in Europa an Bedeutung. In den 1980er Jahren entstand in New York Graffiti-Art als anerkannte Kunstform. Quelle: Brockhaus Das Wort Graffiti (Einzahl Graffito) ist italienisch. Das Wort stammt aber vom griechischen graphein ab, das schreiben bedeutet. So ist ein Sprüher in der Szenesprache auch ein Writer, der sich mit anderen zu einer Crew zusammenschließen kann. Ein Sprühkopf auf der Dose (Can) heißt Cap. Das gesamte Kunstwerk ist ein Piece, die Umrahmung Outline, ausgefüllte Flächen sind Fill-Ins, und der Skizzenblock des Künstlers ist das Blackbook. Schlusspunkt ist die Signatur - der Tag (gesprochen Täg). Ein Battle ist ein Wettkampf zwischen Writern oder Crews. Der Sieger erntet Fame (Ruhm) und gilt anschließend allgemein als der bessere Writer. thie/doth

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