Benefizprojekt Warum Marius aus Oberbillig nach seinem Tod noch immer bewegt

Oberbillig/Trier · Im November ist Marius Betz (22) aus Oberbillig an Muskeldystrophie gestorben. Sein Vater organisiert seit 2004 Sternfahrten, um Geld für die Forschung zur Krankheit zu sammeln. Auch im kommenden Jahr gibt es wieder eine Sternfahrt – Marius bleibt auf besondere Weise ein Teil davon.

 Marius Betz freut sich 2014 mit seinem Vater Markus auf die sechste DGM-Sternfahrt. 

Marius Betz freut sich 2014 mit seinem Vater Markus auf die sechste DGM-Sternfahrt. 

Foto: Christian Kremer

Im Weihnachtszirkus waren sie Anfang der Woche schon. Auch die roten Kugeln werden in diesem Jahr wieder am Baum hängen. Ein paar Dinge bleiben gleich bei Familie Betz. Aber etwas ganz Großes hat sich geändert, seit Marius nicht mehr da ist. „Unser Alltag hat sich um 360 Grad gedreht. Er war der Mittelpunkt unserer Familie“, sagt Vater Markus Betz.

Sein Sohn Marius litt an der sogenannten Muskeldystrophie vom Typ Duchenne (siehe Info). Nach und nach verkümmerte seine Muskulatur. Am 16. November schließlich starb er, mit 22 Jahren (der TV berichtete).

Das Ende einer langen Reise, die vor 20 Jahren in der Mainzer Uniklinik begann. Erst dort fanden Ärzte die richtige Diagnose. Selbst habe sie anfangs gar nicht wahrhaben wollen, dass mit Marius etwas nicht stimmt, sagt Mutter Dorothe. Bis Freunde und Familie sie auf etwas aufmerksam machten. Der kleine Marius krabbelte nicht wie andere Babys, er rollte über den Boden. Auch das Laufen lernte er spät.

 Der Besuch im Weihnachtscircus gehörte für Marius Betz (mit Vater Markus) zum Advent dazu. Seine Familie hält auch nach seinem Tod an der Tradition fest.

Der Besuch im Weihnachtscircus gehörte für Marius Betz (mit Vater Markus) zum Advent dazu. Seine Familie hält auch nach seinem Tod an der Tradition fest.

Foto: Markus Betz

„Aber sogar der Kinderarzt hat das anfangs abgetan“, sagt Dorothe Betz. Er habe lediglich Krankengymnastik verordnet. Im Trierer Mutterhaus lieferte schließlich eine Blutprobe erste Hinweise, in der Mainzer Uniklinik fiel das erste Mal das Wort Muskeldystrophie. Da war Marius zwei Jahre alt. „Und dann sitzt da so ein Professor hinter seinem Schreibtisch, erzählt dir was von Muskelschwund und drückt dir ein Kärtchen der Deutschen Gesellschaft für Muskelerkrankungen in die Hand. Das war’s dann.“ Vollkommen emotionslos sei das gewesen, erinnert sich Markus Betz.

War der Arzt auch offenbar wenig feinfühlig, mit dem Kärtchen gab er einen wichtigen Hinweis. Die Deutsche Gesellschaft für Muskelerkrankte (DGM) ist nach eigenen Angaben die größte Selbsthilfeorganisation für Muskelerkrankte in Deutschland.

Hier fand Familie Betz Anschluss nach der Diagnose. Insbesondere die Familienseminare, die die DGM regelmäßig anbietet, seien eine große Hilfe gewesen, sagt Dorothe Betz. „Da werden Freundschaften geschlossen.“ Daneben gebe es Beratung zu Fördermöglichkeiten oder zu rechtlichen Fragen rund um die Pflege. Die Seminare gaben nicht nur den Eltern Halt – auch Marius selbst schloss hier enge Freundschaften. Es half ihm auch dabei, die Krankheit anzunehmen. Zum Beispiel, als er seinen ersten Rollstuhl bekam. Da war er in der Grundschule. Für ihn offenbar kein Problem. „Er hatte das ja bei seinen Freunden schon gesehen und hat mich immer gefragt: ‚Wann kriege ich endlich auch so einen?‘“, sagt Dorothe Betz.

Ohnehin, sagen seine Eltern, sei er trotz seiner Einschränkungen ein positiver Mensch gewesen. Grundehrlich außerdem: „Die reinste Seele, die man sich vorstellen kann“, sagt sein Vater. Gläubig war Marius und ein ausgeprägter Familienmensch. „Er hat darauf bestanden, dass wir mindestens sonntags alle zusammen essen“, erzählt seine Mutter. „Wir waren ein gutes Team“, sagt seine Schwester Annika. So viele Dinge fallen den dreien zu Marius ein, die mit der Diagnose gar nichts zu tun haben. Die roten Weihnachtskugeln, der jährliche Besuch im Weihnachtszirkus: „Er mochte die Tiere und die Clowns. Das war seine Welt.“ Marius hatte Ziele, das Disneyland Paris zu besuchen, zum Beispiel.

Dreimal hat er das geschafft. Seit dem Schulabschluss hatte er in den Werkstätten für Behinderte (WfB) der Lebenshilfe Konz mitgearbeitet. Vier Stunden pro Tag war er da. „Ein Wahnsinnsteam da, die haben wirklich alles für ihn gemacht“, sagt Markus Betz.

Und die Sternfahrten liebte Marius. Die organisiert sein Vater seit 2004. Alle zwei Jahre kommen Motorradfahrer aus ganz Deutschland nach Oberbillig, machen eine gemeinsame Tour, dazu gibt es jede Menge Live-Musik.

So sammelt Betz Geld für die DGM. Fast 100 000 Euro kamen seit 2004 zusammen. „Oberbillig soll beben“, hat Marius vor der Sternfahrt 2016 gesagt. Und Oberbillig wird auch 2018 wieder beben. Denn auch nach seinem Tod geht es mit den Sternfahrten weiter. Die Motorradfahrer kommen wieder, die Leiendecker Bloas hat ihren Auftritt schon fest zugesagt. Und Marius wird auf seine Weise auch wieder dabei sein. Immer habe er geglaubt, wenn er im Himmel ist, dann ist er gesund. Frei von allen Schmerzen und allen Einschränkungen: „Er wird im Himmel tanzen, wenn viele zur Sternfahrt kommen“, sagt sein Vater.

Die Sternfahrt führt am 8. und 9. September 2018 nach Oberbillig.

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