Energie Das Geheimnis der Staustufe Serrig

Serrig · Nur wenige wissen vom Wasserkraftwerk in 25 Metern Tiefe. Ein Blick hinter die Kulissen des Rekordbauwerks.

 Margot und Manfred Rumpf lassen sich vom stellvertretenden Kraftwerksgruppenleiter Harald Kolz (rechts) die Details der Staustufe Serrig erklären.

Margot und Manfred Rumpf lassen sich vom stellvertretenden Kraftwerksgruppenleiter Harald Kolz (rechts) die Details der Staustufe Serrig erklären.

Foto: Marlene Bucher

Der Einstieg zum Kraftwerk der Staustufe Serrig wirkt unscheinbar. „Bis ganz nach unten?“, fragt Margot Rumpf. Gemeinsam mit ihrem Mann nimmt sie an diesem Tag an der Führung durch das Wasserkraftwerk am Grund des Bauwerks teil. Es ist mit einer Fallhöhe von 14,5 Metern die höchste Staustufe Deutschlands an einem natürlichen Flusslauf. „Bis ganz nach unten“, bestätigt Harald Kolz. Der stellvertretende Kraftwerksgruppenleiter zeigt Besuchern mehrmals im Jahr, was unter der Serriger Staustufe verborgen ist. Was kaum jemand weiß: Unter der Wasseroberfläche wird elektrische Energie für rund 14 000 Privathaushalte erzeugt.

Der Boden im Eingangsbereich liegt auf einer Höhe von 158 Metern über dem Meeresspiegel. Während die Gäste die unzähligen Treppenstufen in das Kraftwerk hinuntersteigen, legen sie 25 Höhenmeter zurück. Unten angekommen ist der Beweis in großen Lettern an der Wand zu lesen: 133,1 Meter. Es fühlt sich an, als befinde sich hier eine andere Welt, verborgen vor der oberhalb der Wasseroberfläche.

„Man hat ja keine Ahnung, ob es draußen gerade regnet, ob es dunkel ist oder die Sonne scheint“, kommentiert Margot Rumpf, als sie die Sprache wiedergefunden hat. „Ist das nicht manchmal komisch?“ Harald Kolz kann darüber nur schmunzeln. „Für mich ist das völlig normal. Aber es stimmt, manchmal ist man hier unten ein bisschen abgeschirmt von der Außenwelt.“

Ein kleiner Zwischenstopp im unterirdischen Büro des Kraftwerks. Von den mächtigen Turbinen ist ein Brummen zu hören. „Von hier aus kontrollieren wir die Wasserstände und achten darauf, dass sie konstant bleiben“, erklärt Kolz. „In der Zentralwarte in Fankel sitzt außerdem ein Mitarbeiter, der immer die verschiedenen Pegelstände überwacht.“

Mit den Gästen geht es danach in die sogenannte Maschinenhalle, in der allerdings keinerlei Maschinen stehen, sie ist so gut wie leer. Das hat einen Grund: Der Boden, der die Halle von dem Generator darunter trennt, lässt sich fast komplett aufklappen. So kann ein Kran bei Bedarf große Teile aus der Tiefe ans Tageslicht heben. Zwei Leitern führen von der Halle hinunter zum Generator, der die Fließkraft des Wassers in Energie umwandelt. „Durch eine Turbine laufen 55 Kubikmeter Wasser pro Sekunde. Beide zusammen schaffen also 110 Kubikmeter pro Sekunde“, erklärt Kolz. Vor der Tür zum Turbinenraum heißt es: „Ohrenstöpsel rein, jetzt wird‘s laut.“

Was dann kommt, beeindruckt die Besucher sichtlich. Langsam unterqueren sie die riesigen Rohrleitungen, in denen die mächtigen Wasserräder rotieren. Spätestens jetzt entsteht eine Vorstellung, wie über den eigenen Köpfen gerade Tausende Liter Wasser mit einer unglaublichen Geschwindigkeit durch die Rohre schießen. Pro Sekunde entspricht die Menge ungefähr dem Inhalt von 666 Badewannen. Was wäre, wenn sich jetzt eine der tellergroßen Schrauben lösen würde? Solche Gedanken werden schnell verdrängt. Und bevor Panikgefühle entstehen, geht es wieder zurück in Richtung der Treppen. Weiche Knie? „Für den Rückweg nehmen wir den Aufzug“, beruhigt Kolz.

 Der Blick in das Treppenhaus.

Der Blick in das Treppenhaus.

Foto: Marlene Bucher
 Die beiden Transformatoren des Wasserkraftwerks.

Die beiden Transformatoren des Wasserkraftwerks.

Foto: Marlene Bucher
 Ganz unten angekommen: Die genaue Höhe des Kraftwerks steht am untersten Treppenabsatz an der Wand.

Ganz unten angekommen: Die genaue Höhe des Kraftwerks steht am untersten Treppenabsatz an der Wand.

Foto: Marlene Bucher
 Die Leiter, die herunter zum Generator führt.

Die Leiter, die herunter zum Generator führt.

Foto: Marlene Bucher

Oben angekommen – 25 Meter höher – genießen die Besucher wieder das Sonnenlicht. Das lässt sich nach so einem Ausflug in die Tiefe wieder etwas mehr schätzen, auch wenn er beeindruckend und lehrreich war.

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