Das Tälchen wird zur Mini-Provence

Konz · Wo keine Reben mehr wachsen, könnte es doch mit Lavendel funktionieren: Mit einem EU-geförderten Projekt wird seit dem vergangenen September im Konzer Tälchen getestet, ob brachliegende Weinhänge in der Region für den Kräuteranbau geeignet sind. Und das erste Zwischenfazit ist vorsichtig positiv.

Konz. Ein lila-blaues Blütenmeer neben dem Weinbergskapellchen in Niedermennig, warum nicht? Noch ist das eine Zukunftsvision, einen Hauch provenzalisches Lavendel-Flair strahlen die Hänge jedoch jetzt schon aus. Die meisten Pflanzen auf den Versuchsfeldern in Niedermennig, Oberemmel und Nittel haben den ersten Winter überstanden. Die Blüte hat begonnen, und Volker Klein und Lisa Hering von der Lebenshilfe haben mit Sicheln auch schon die ersten Pflanzen geerntet.
Diplom-Geograf Ralph Arens prüft gerade die Wachstumsfortschritte. Auf einem Klemmbrett ist ein Verzeichnis befestigt: Die Geschichte jeder einzelnen Pflanze ist darin dokumentiert. Insgesamt sind im vergangenen September in Niedermennig, Nittel und Oberemmel 965 Lavendelpflanzen gesetzt worden.
Ab und zu hockt Arens sich hin und schaut die Pflanzen genauer an. Sieht er Unkraut im direkten Umfeld, rupft er es. "Die Pflanzen sind noch in der Anwuchsphase", sagt er. Disteln und ähnliche Gewächse in direkter Nähe zum Lavendel müssen entfernt werden, damit sie kleineren Pflanzen nicht das Licht wegnehmen. Entfernen bedeutet zurzeit Rupfen oder Mähen. "Das ist alles Bio im Moment", sagt Arens.
Der Projektleiter ist guter Hoffnung, dass seine Versuchsanpflanzung erfolgreich verläuft. "Mit einer Anwuchsrate von knapp 91 Prozent sind wir supergut dabei", sagt er. Dabei sei es egal, ob die Pflanzen auf Muschelkalk (Obermosel) oder auf Schiefer (Tälchen) stehen. Eigentlich sei ein 20-prozentiger Ausfall bei Neuanpflanzungen normal. Arens bleibt aber vorsichtig: "Es wäre falsch, daraus zu schließen, dass es am Ende ein voller Erfolg wird." Dann komme es auf die Qualität des Öles an, das aus dem Lavendel produziert werden könne. "In etwa einem Jahr wissen wir, ob sich der Anbau lohnt", meint Arens.
Die bisherige Statistik deutet schon darauf hin, welche der fünf getesteten Lavendelarten am besten für den Anbau im Saar-Mosel-Bereich geeignet sein könnten. Die Ergebnisse beim Lavandin grosso, einer Hybridform, sowie den Lavendelarten Folgate und Officinalis sind besonders gut. Die beiden anderen (Speik und Maillette) fallen bisher ein wenig ab. Die Arten unterscheiden sich nicht nur durch ihre Blütenform, sondern auch durch den möglichen Ertrag voneinander (siehe Extra).
Ausfälle auf den Feldern gebe es zum Beispiel wegen Wühlmäusen, erklärt Arens. Ein paar Pflanzen seien vermutlich gestohlen worden - zumindest seien sie komplett ausgegraben worden. Wild hingegen meide den Lavendel. "Rehen und Wildschweinen schmeckt das nicht", sagt Arens.
Der Konzer Wissenschaftler betrachtet das Projekt vor dem Hintergrund der globalen Erwärmung. Er geht davon aus, dass die Temperaturen in Rheinland-Pfalz bis 2060 um drei bis vier Grad Celsius steigen. Deshalb erforscht er die Wachstumsbedingungen im Konzer Tälchen.
Der Lavendel könnte zum Beispiel als Alternativ-Pflanze auf brachliegenden Weinhängen angebaut und vermarktet werden. Für die Besitzer der Flächen könnte das zum Geschäftsmodell werden.Extra

Kosten: Insgesamt fließen 154 000 Euro in das Lavendel-Projekt, das die EU, die Bundesregierung, die Stiftung Zukunft Trier-Saarburg und die Verbandsgemeinde Konz gemeinsam finanzieren. Kosten pro Hektar: Projektleiter Ralph Arens geht davon aus, dass bis zu 15 000 Lavendelpflanzen pro Hektar angebaut werden können. Eine Pflanze kostet beim Kauf großer Mengen etwa einen Euro. Unklar ist zurzeit, wie groß der Arbeitsaufwand ist, um einen guten Ertrag zu erzielen. Produktionsziel: Ziel ist es, aus den Pflanzen möglichst hochwertige Lavendelöle zu destillieren und diese zum Beispiel an Kosmetik-Konzerne zu verkaufen. Öle aus Hybridpflanzen bringen etwa 17 Euro pro Kilo ein, für die des reinrassigen Lavendels gibt es bis zu 38 Euro oder mehr. Allerdings muss Arens noch ermitteln, wie der geerntete Lavendel optimal zu Öl verarbeitet werden kann. Die provenzalischen Lavendel-Bauern hegen ihre Ölproduktion zum Beispiel wie ein Staatsgeheimnis. Laut Arens, der schon mehrfach in der Provence war, sprechen sie nicht über Details des Destillationsprozesses. Lavendel-Wirtschaft: Frankreich - lange Zeit unangetasteter Weltmarktführer - hat Federn gelassen. In der Provence sind Teile der Anbauflächen einem Bakterium zum Opfer gefallen, das durch Zikaden übertragen worden ist. Bulgarien, das etwa 45 Tonnen Lavendelöl jährlich exportiert, ist inzwischen an Frankreich vorbeigezogen. China und die Ukraine üben ebenfalls Druck auf Frankreich aus - laut einem Artikel der Zeitung Die Welt sind es dort inzwischen jeweils 15 Tonnen pro Jahr, Tendenz steigend. cmk

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