Jubiläum Zwischen Händel und der Prosa des Lebens
Schweich · Die Akustik der Bürgerhalle Schweich ist furchtbar, der Rest ist schön. Wären da nicht diese grundsätzlichen Probleme. Die Kreismusikschule Trier-Saarburg feiert ihren 50. Geburtstag.
„Trocken“, „dumpf“, „muffig“, solche Adjektive benutzen die Musiker, wenn sie sich über die Akustik unterhalten. „Als würde man in einen Sack reinblasen“, sagt ein Trompeter. Sie sind sich einig. Die Bürgerhalle Schweich ist nicht für Konzerte ausgelegt. Doch der Kreis habe der Musikschule ein super Angebot gemacht, erklärt Judith Waibel, die Leiterin der Musikschule, im Gespräch mit dem TV. Das kommt dem ewig schmalen Geldbeutel der Kreismusikschule natürlich zugute.
Das Kreisjugendorchester eröffnet mit der Ouvertüre der Feuerwerksmusik von Georg Friedrich Händel. Wikipedia titelt: „Es ist eine Gelegenheitsmusik von gigantischem Ausmaß.“ Die Stimmung: Dur – auf der Bühne und im Publikum. Der Barockkomponist zieht sich wie ein roter Faden durch den Abend. Mit den Händel’schen Insignien, Pomp und Bombast, wird die Feier dem Anlass gerecht: dem 50. Geburtstag der Kreismusikschule.
Insgesamt 47 Lehrkräfte unterrichten heute 1300 Schüler. Arnold Schmitt, erster Kreisbeigeordneter, betont in seinem Grußwort, wie wichtig die Arbeit der Musikschule sei, aus kulturellen und pädagogischen Gründen, bevor man sich wieder den schönen Künsten zuwendet.
Dann intoniert Svetislav Stojanovic, mit gewohntem Schmelz im Timbre, die berühmten Arien „Lascia ch’io pianga“ von Händel und Consuelo Velasquez’ „Besame Mucho“. Händels Stück ist die Verlautbarung von Herzschmerz, „Besame Mucho“ ein ebenso anrührendes Liebeslied. „Besame Mucho“ bedeutet „Küss mich leidenschaftlich“. Velasquez hatte das Stück mit 19 Jahren komponiert und zu diesem Zeitpunkt noch keine Frau geküsst. Philipp Schönweiß liefert die Begleitung am Cembalo und am Keyboard. Bei den Ausführenden sitzen jeder Ton und jede Rührung.
So, wie auch bei den folgenden zwölf Musikern. Sie spielen ein Konzert für die Posaune und ein Streichorchester von Johann Georg Albrechtsberger. Der Solist, Thomas Leyendecker, erhielt in der Kreismusikschule seinen ersten Musikunterricht. Heute gehört er zur Besetzung der Berliner Philharmoniker. Glasklar spielt die Posaune, und ein präzise akzentuierter Bass legt das Fundament, das harmonische Gerüst.
Doch so erhaben und schön, wie es das Fest suggeriert, sieht es in der Realität von Musikschulen in der Regel nicht aus. Lediglich 17 der 47 Musiklehrer sind fest angestellt. Die Honorare zu gering. „Der Berufsstand wird als unsicher empfunden“, sagt Christoph Utz (Vorsitzender des Landesverbandes der Musikschulen in Rheinland-Pfalz). Daher gebe es ein generelles Nachwuchsproblem. Für die Finanzierung der Musikschulen fordert Utz in seinem Grußwort ein Kulturförderungsgesetz, das die Länder verpflichtet, sich stärker an der Finanzierung der Musikschulen zu beteiligen. Derzeit sind es lediglich sieben Prozent, die das Land im Mittel beisteuert. Der Rest müsse von Eltern und Kommunen getragen werden. Eine Unterrichtseinheit variiert zwischen 57 und 106 Euro. Die eigentlichen Kosten betragen allerdings das Doppelte. Deswegen erhält die Musikschule etwa 350 000 Euro jährlich vom Kreis. Die Finanzierungsschwierigkeiten sind allerdings sehr fern während der Konzerte. Mit Leichtigkeit und Charme überzeugt das Kreisjugendorchester von der Arbeit der Musikschule.
Dirigent und Musiklehrer Gerhard Piroth hat verstanden, worauf es ankommt. Wenn er mit Schülern arbeitet, spielen sie vor allem Stücke, mit denen die Schüler auch etwas anfangen können. „Baba Yetu“ beispielsweise ist ein Stück, das aus dem Computerspiel „Civilisation IV“ kommt. „Ich kannte das anfangs nicht, aber die Schüler wussten direkt etwas damit anzufangen.“ Auch mit der Musik aus „Harry Potter und der Feuerkelch“ konnten die Schüler etwas anfangen. Unter der Leitung von Annelie Kopp wird man da etwa ins Trimagische Turnier entführt. Die Schüler spielen noch das „Adagio“ von Mozart. Jana Philipps ist erst 15 Jahre alt, und als Solistin macht sie die Musik nahbar und zugänglich. Dieses Jahr ist es auch das Debüt für die Symbiose zwischen Streich- und Blechensemble. Gerhard Pieroth ist sehr zufrieden mit der Aufführung. „Das ist das erste Mal, dass die Streicher und die Blechbläser zusammen spielen.“ Mit sechs weiteren Stücken beenden sie nach gut zwei Stunden die Festkonzerte.
Was hängenbleibt, sind Utz’ Worte: „Bildung darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen.“