Kultur Klezmer in der Synagoge Wawern: Einander zuhören – nicht nur bei der Musik

Wawern · Helmut Eisel und JEM spielen abwechslungsreiche Klezmer-Musik in der proppenvollen Synagoge Wawern.

 Helmut Eisel (Mitte) und seine musikalischen Brüder im Geiste, Bassist Stefan Engelmann (links) und Michael Marx (rechts), spielen jüdische Musik in der Synagoge Wawern. Foto: Jürgen Boie

Helmut Eisel (Mitte) und seine musikalischen Brüder im Geiste, Bassist Stefan Engelmann (links) und Michael Marx (rechts), spielen jüdische Musik in der Synagoge Wawern. Foto: Jürgen Boie

Foto: Jürgen Boie/Jürgen Boie

Der Klarinettist Helmut Eisel spielte zusammen mit seinen langjährigen musikalischen Partnern Michael Marx (Gitarre, Stimme) und Stefan Engelmann (Kontrabass) zum wiederholten Mal in der Synagoge Wawern. Gastgeber war der Verein „Gedenken und Gestalten“, der sich mit der Situation der jüdischen Bevölkerung in der Region in den letzten Jahrhunderten beschäftigt, wobei die Verfolgung und Vernichtung jüdischen Lebens durch die Nationalsozialisten einen Schwerpunkt bei der Erinnerungsarbeit einnimmt.

Die Synagoge Wawern – einen passenderen Veranstaltungsort hätte sich Pascale Eberhard nicht aussuchen können. Die Vorsitzende des Vereins „Gedenken und Gestalten“ erforscht seit vielen Jahren das jüdische Leben in der Region Trier und in Luxemburg. Heute ist die Synagoge ein außergewöhnlicher Veranstaltungsort in der kleinen Gemeinde an der Saar. Als Gebetshaus und Treffpunkt der jüdischen Bevölkerung Wawerns wird sie nicht mehr genutzt, seit die Nationalsozialisten die letzten Juden aus Wawern deportierten.

Doch dass das Gedenken an die Brutalität und Menschenverachtung der Nationalsozialisten nicht „beendet“ werden kann, wie es seit einigen Jahren vonseiten rechter Kreise gefordert wird, dafür stehen neben dem Verein „Gedenken und Gestalten“ auch die Musiker Helmut Eisel und JEM.

Hinter dem Kürzel JEM verbergen sich Michael Marx und Stefan Engelmann. Das Trio ist auf die Musik mit jüdischer Tradition spezialisiert, entwickelt diese aber weiter. Denn die Musik, die Eisel und seine Kollegen auf die Bühne bringen, beruht zwar auf vom Klezmer geprägten Melodien und Rhythmen der Juden Europas, wird aber durch Eigenkompositionen und die Verschmelzung mit Jazz und Klassik zu einem neuen Klangerlebnis erweitert.

Handwerklich sind die drei Musiker über jeden Zweifel erhaben. Wenn die Rhythmusgitarre und der Kontrabass im typischen Tanzrhythmus loslegen, verklärt sich das Gesicht des Gitarristen Michael Marx zu einem glückseligen Strahlen. Dazu die wunderbare Klarinette von Eisel – das Publikum ist gefesselt und begeistert zugleich.

Gegenüber früheren Konzerten sind Eisel und JEM gradliniger geworden, weniger Verzierungen und Abschweifungen durch hübsche Effekte, die auf Eisels Klarinette so meisterhaft hervorgebracht werden können. So wie die Zeiten ist auch die Musik „härter“ geworden.

Möglicherweise liegt es aber auch an dem Material, auf dem dieses Konzert mit dem Titel KlezFiesta basiert. Eisel und JEM haben sich mit den musikalischen Wurzeln der sephardischen Juden auseinandergesetzt. Das sind die Juden, die von der Iberischen Halbinsel stammen und von dort aus in den letzten Jahren des 15. Jahrhunderts vertrieben wurden, und deren Nachfahren heute im Mittelmeerraum verstreut leben.

Ihre Melodien sind weniger am mittel- und osteuropäischen Liedgut der aschkenasischen (im deutschsprachigen Raum lebenden) Juden ausgerichtet.

So hatte das Konzert jede Menge spannungsreiche Elemente, mitreißende Passagen, Nachdenkliches und Berührendes.

Das Publikum erklatschte sich nach knapp zwei Stunden Konzert noch zwei weitere Zugaben. Die proppenvolle Wawerner Synagoge leerte sich nur langsam – es gab viele Gründe für Gespräche und Gedankenaustausch.

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