Morgens beim ZDF, abends in der Konzer Stadtbibliothek

Konz · Der in Neustadt/Weinstraße geborene und in Konz aufgewachsene Journalist und Leiter des ZDF-Studios in Rio de Janeiro, Andreas Wunn, hat vor mehr als 100 Zuhörern aus seinem zweiten Buch "Brasilien für Insider" gelesen. Das Wort Heimspiel fiel an diesem Abend oft, nicht nur wegen der bevorstehenden Fußball-WM in Brasilien.

 Heute nicht im Fernsehen, sondern in der Stadtbibliothek Konz: Südamerika-Korrespondent Andreas Wunn. TV-Foto: Jasmin Wagner

Heute nicht im Fernsehen, sondern in der Stadtbibliothek Konz: Südamerika-Korrespondent Andreas Wunn. TV-Foto: Jasmin Wagner

Konz. Auf die Minute genau trifft Andreas Wunn zur verabredeten Uhrzeit zum TV-Gespräch in der Konzer Stadtbibliothek ein. In Deutschland eine selbstverständliche Tugend. In Brasilien hingegen würde man denken: "Dieser Gringo ist so pünktlich, das ist mir schon fast unheimlich. Wie macht er das nur ...?" Als Gringo bezeichnen die Brasilianer nämlich einen anderssprachigen, meist hellhäutigen Ausländer.Reisen durch Südamerika


In seinem ersten Buch "In Brasilien geht's auch ohne Textilien" beschreibt Wunn eben solche Erfahrungen als Gringo in Brasilien. Seit 2010 lebt er in Brasilien und reist als Korrespondent für das ZDF durch ganz Südamerika.
Nun befindet er sich auf Lesereise in Deutschland mit seinem zweiten Buch "Brasilien für Insider". Die erste Station macht er an diesem Tag beim ZDF-Morgenmagazin in Berlin. Unmittelbar danach ist er zu Gast in der Konzer Stadtbibliothek. Über die Einladung hat sich der in Konz aufgewachsene Journalist ganz besonders gefreut: "Vor 20 Jahren habe ich hier Abitur gemacht. Meine Eltern und ein paar Freunde wohnen noch hier. Für mich bedeutet Konz Heimat. Umso mehr freue ich mich, heute mein neues Buch vor einigen bekannten Gesichtern vorstellen zu dürfen."
Für Wunn ist die Lesung tatsächlich ein Heimspiel. Viele Freunde, sein Bruder und seine Mutter - sogar sein ehemaliger Tennislehrer sind unter den Gästen. Es mussten einige Regale verschoben werden, damit alle Platz finden konnten. "So voll war die Bibliothek selten", staunt Heinz-Günter Reichardt, zweiter Beigeordneter der Stadt Konz. Seine Lesung beginnt der Fernsehjournalist zunächst kurzweilig über den brasilianischen Fußball und die FC-Bayern-Legende Giovane Élber, um dann etwas ernster, über die Sozialproteste zu berichten. Zum Schluss liest er eine Art Liebeserklärung an das gefühlsbetonte brasilianische Volk vor. Die Sehnsucht sei in der Gefühlswelt der Brasilianer besonders fest verankert. Nun haben auch die in Konz Anwesenden Sehnsucht nach dem "Land der Gegensätze und Superlative" bekommen. Im Gespräch mit dem Brasilien-Insider Wunn löchern sie ihn mit Fragen: Über die bevorstehende WM, die Beliebtheit der brasilianischen Präsidentin und das wirtschaftliche Engagement deutscher Firmen in Brasilien.Sehnsucht nach der Heimat


Die Veranstaltung ist ein voller Erfolg: "Er hat eine tolle und unterhaltsame Art zu lesen", freut sich Bibliotheksleiterin Karin Storf-Becker. Sogar eine gebürtige Carioca, eine Einwohnerin von Rio, meldet sich zu Wort: "Danke, dass sie so schön über mein Land berichten." Manchmal packt auch ihn das Gefühl der Sehnsucht, verrät Andreas Wunn im TV-Gespräch. Neben der Familie und den Freunden vermisst er besonders die Mosel mit ihren Weinen: "In Brasilien gibt es kaum Weinkultur. Man trinkt Bier oder Caipirinha." Nicht nur kulinarisch, auch landschaftlich schätzt Wunn seine Heimat. Er mag einfach "Orte mit Ausblick". In Konz ist das der Blick vom Panoramaweg aus: "Hier hat man eine herrliche Aussicht auf Konz und das Moseltal. Bei guten Wetter sogar bis nach Luxemburg." jwaExtra

"Brasilien für Insider" ist Andreas Wunns zweites Buch. Jenseits von Klischees und Touristenerfahrungen möchte Wunn einen intensiven Blick auf Brasilien werfen. Dafür steht auch der Untertitel "Nahaufnahme eines Sehnsuchtslandes". Dabei schreibt er über verschiedenste Themen, wie Fußball, Musik, sozialen Protest und Strandkultur. Er hebt besonders die Gegensätze und Vielfalt in Brasilien hervor: Einerseits boomende Wirtschaft, Fußball-WM und Olympiade, Traumreiseziel und Karneval. Andererseits schlechte Infrastruktur, mangelhaftes Gesundheits- und Bildungssystem, Korruption und Kriminalität. jwa

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